Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat

0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat

Titel: 0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat
Autoren:
Vom Netzwerk:
Bühne und sagte am Mikrophon alles, was gesagt werden mußte. Alle Sitzenbleiben, niemand verläßt die Halle, und so weiter. Als ich von der Bühne herunterkam, stieß ich auf Ann Roach in der Tracht der alten Pioniertage. Ich zog sie auf die Seite.
    »Können Sie sich schnell umziehen, Ann?« bat ich sie. »Vielleicht müssen wir zusämmen auf der Galerie oder im Park herumkriechen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir ein bißchen zur Hand gehen könnten.«
    Aus ihren seegrünen Augen traf mich ein rätselhafter Blick. Etwas wie Angst stand in ihrem Gesicht, aber ich war nicht sicher, ob es nicht vielleicht nur der Schreck war. Sie bedachte sich ein paar Sekunden. Dann endlich nickte sie.
    »Gut, Mr. Cotton. Ich bin in zwei Minuten wieder da.«
    Die Leute stürmten alle gleichzeitig auf mich ein. Jeder wollte etwas wissen, etwas fragen, etwas tun. Ich wimmelte sie ab, so gut es ging. Bis die Mordkommission mit ihren Experten hier eintraf, konnte man nicht viel mehr tun als dafür zu sorgen, daß sie alles unverändert vorfand. Bis dahin konnte sich der Mörder dreimal aus dem Staube gemacht haben. Aber um ihn daran zu hindern, hätte ich die dreißig Cops haben müssen, die ich angefordert hatte. Ich kehrte zur Mitte der Tanzfläche zurück.
    »Suchen Sie die Tänzerinnen und Tänzer wieder zusammen«, bat ich die vier bärtigen Gesellen. »Alle. Und nehmen Sie die gleiche Aufstellung wieder ein, die Sie hatten, als Lis stürzte.«
    Ich blieb allein neben dem toten Mädchen zurück. Lis Triggling, achtzehn Jahre alt. Sie war ein bildhübsches Mädchen gewesen, der großen Gesellschaft schon durch Geburt zugehörig, versehen mit allem, was sich ein junges Girl wünschen konnte. Nun lag sie in unnatürlicher Haltung auf dem blanken Parkettboden, und der Tod hatte nicht einmal Ehrfurcht vor ihrer Schönheit. Das Gesicht wirkte verzerrt, fahl und gar nicht mehr hübsch.
    Neben mir gab es eine Bewegung. Ich blickte zur Seite. Ein Mädchen mit einer Pferdeschwanzfrisur kniete neben mir. Mir fiel ein, daß Ann uns miteinander bekannt gemacht hatte. Sie hieß Musgrave oder so ähnlich. Barbara Musgrave, wenn ich mich recht erinnerte.
    »Sie sollten sich an den Tisch setzen und meinetwegen einen Kognak trinken«, sagte ich leise. »Das hier ist nichts für Sie.«
    Statt wegzugehen, beugte sie sich noch weiter vor und betrachtete das Einschußloch aus nächster Nähe.
    »Anscheinend zweiundzwanziger Kaliber«, murmelte sie.
    Ich sah sie verwundert an. Vermutlich hatte sie recht. Aber lernte man solche Dinge im Hunter College? Noch während ich sie ansah, stand sie auf.
    »Wie wär es mit dem Orchester?« fragte sie sehr leise. »Die Burschen wußten genau, wann der Lärm laut genug sein würde, daß man einen Schuß aus einem Kleinkalibergewehr nicht hören konnte. Und sie wußten auch mit der Beleuchtung Bescheid. Und sie saßen im Dunkeln.«
    Sie verschwand, bevor ich etwas erwidern konnte. Ich sah ihr nach. Sie war die einzige, die mit einer Pferdeschwanzfrisur herumlief. Auch die einzige, die etwas von Schußwaffen verstand? Barbara Musgrave, sagte ich mir in Gedanken. Ich werde mich noch sehr genau mit dir beschäftigen.
    Von dem Seitentrakt, wo das kalte Büfett aufgebaut war, rief ein Mädchen meinen Namen. Ich lief hin. Sie atmete heftig. Der etwas großzügig gehaltene Ausschnitt an ihrem Abendkleid bewegte sich im Rhythmus ihres Atems. Aus großen grauen Augen sah sie mich an.
    »Mr. Musseis ist verschwunden«, stieß sie hervor.
    »Musseis? Wer ist das?«
    »Der Musiklehrer! Er ist verschwunden! Einfach verschwunden!«
    ***
    Der Dicke mit den Fleischfalten im Genick saß noch im Vorraum. Bevor er etwas fragen konnte, sprach ich ihn an:
    »Sie lassen keinen zur Tür hinaus, verstanden? Keinen! Das bezieht sich auf alle und jeden, ausnahmslos!«
    Er sah käsig aus, und er schwitzte immer noch. Als ich zurück in die Halle wollte, kam Hartly auf mich zu. Hartly, der Verwalter.
    »Mr. Cotton, so nehmen Sie doch Vernunft an! Wenn Sie hier eine halbe Kompanie Polizisten herumhetzen, ist der Skandal fertig. Das kann das Ende des Hunter College bedeuten! Einen Mörder kann man doch auch diskret suchen!«
    Ich verzog das Gesicht, sagte aber nichts und setzte meinen Weg fort. Was hätte man darauf schon sagen sollen? Er schwänzelte neben mir her.
    »Außerdem — es ist doch noch gar nicht erwiesen, daß es sich hier wirklich um Mord handelt, Mr. Cotton!«
    »Mann«, seufzte ich, »eine Sehne kann reißen, ein Muskel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher