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0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat

0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat

Titel: 0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat
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Mensch, Cotton —« er nahm meine beiden Hände und preßte sie krampfhaft, »Cotton, es ist meine einzige Tochter…«
    Zum ersten Male zuckte etwas in seinem steinernen Gesicht. Er ließ meine Hände los und war mit drei Schritten an der Tür.
    »Ich bin im Wagen«, stieß er rauh hervor, »falls es irgendeine Neuigkeit gibt.«
    Die Tür klappte hinter ihm ins Schloß. Ich konnte zum ersten Mal wieder richtig atmen. Die Uhr über der Tür zeigte zweiundzwanzig Minuten nach fünf. Wo blieb Steve Dillaggio? Wo, zum Teufel, blieb er?
    Das Telefon. Sein Schrillen dröhnte in meinem Kopf wider. Mr. High wehrte meine Bewegung ab und nahm selbst den Hörer.
    »High«, sagte er. Nichts weiter. Wie immer.
    Er lauschte aufmerksam. Ein paarmal sagte er »Ja«, und das war auch alles. Bis er den Hörer zurücklegte.
    »Wir sind soweit«, erklärte er.
    Ich ging zum Fenster und sah hinaus auf den gepflegten Rasen. Die Sonne stand schon tief und warf lange Schatten. Der Himmel im Westen hatte eine satte, rote Farbe angenommen. Bald würde das Rot glühen wie ein Lavastrom. Wo blieb Steve Dillaggio?
    »Das macht mich wahnsinnig«, knurrte Phil plötzlich und knallte seine Faust auf den Schreibtisch. »Das macht mich einfach wahnsinnig!«
    Der Krach erinnerte mich an etwas. Ich zog das Jackett aus und schnallte mir die Schulterhalfter ab. Für einen Augenblick wog ich die 38er in der Hand. Auf dem Lauf standen der Prägestempel des FBI und eine Nummer. Die gleiche Nummer stand auf der Rückseite des blaugoldenen Sterns. Die gleiche Nummer gab es auf meinem Dienstausweis. Auf meiner Personalakte. Auf der Liste im Hauptquartier. Auf der Gehaltskarte der Bundesbediensteten.
    Ich schob den Dienstrevolver in die Halfter und legte sie auf den Tisch. Phil sah mir zu, und sein Gesicht war wie gemeißelt. Ich schlüpfte wieder in das Jackett und knöpfte den mittleren Knopf zu. Nun hatte ich wieder das irritierende, leere Gefühl in der linken Achselhöhle. Genau wie gestern abend.
    Ambers dröhnte herein wie ein Gewitter. Ich hatte ihn noch nie so laut erlebt. Er polterte herum, als wollte er sich selbst übertönen.
    »Recht hatten Sie, Cotton! Hundertprozentig recht! Vierzehn Luxusautos im letzten halben Jahr. Und diese dummen Hühner merken nichts, quatschen miteinander darüber und merken immer noch nichts! Die Anzeigen wurden gemacht, selbstverständlich. Wahrscheinlich in vierzehn verschiedenen Orten und bei vierzehn verschiedenen Dienststellen. Das eine Auto verschwand am Wochenende und das andere am Wochenanfang. Vierzehn Wagen von was weiß ich wieviel zigtausend! Himmel, wie sollen wir denn darüber stolpern, wenn es nicht einmal den Geschädigten auffällt, daß in ihren vornehmen Kreisen etwas ganz gewaltig zum Himmel stinkt?«
    Er hatte es sich von der Seele geredet, und nun stand er doch vor mir, der große Kerl mit seinen reichlich zwei Zentnern, und er war so hilflos wie ein kleiner Junge und preßte die Lippen aufeinander und hätte es um nichts in der Welt zugegeben, wie hilflos er sich fühlte.
    Ich sah hinauf zur Uhr. 26 Minuten nach fünf. Ich konnte es nicht ändern. Ich mußte gehen.
    »Also«, sagte ich, »dann wollen wir mal.«
    Es klang falsch und gekünstelt und was weiß ich noch. Aber ich brachte es eben nicht besser heraus.
    Die Tür flog auf. Steve schoß herein, keuchend, aber mit der Schachtel in der Hand.
    »Da«, sagte er. »Da. Es ging einfach nicht schneller, Jerry.«
    Er hielt mir die Zigarettenschachtel hin. Es war eine aufgebrochene, an ei- , ner Ecke eingerissene Packung Lucky Strike, die noch alle Zigaretten enthielt. Ich nahm sie. Eine kleine, gewöhnliche Schachtel Zigaretten. Einen Augenblick lang besah ich sie mir. Dann ließ ich sie in die linke Rocktasche gleiten.
    »Okay«, sagte ich. Und jetzt klang meine Stimme endlich wieder vernünftig. Ich winkte ihnen mit der Rechten. Dem Chef. Lieutenant Ambers. Steve Dillaggio. Den anderen. Und Phil. Phil Decker.
    »Nun hau schon ab«, sagte Phil. Man konnte es kaum hören.
    Ich drehte mich um und ging hinaus.
    ***
    Am Sonnabendabend um sechs ist Harlem eine einzige Geräuschkulisse. Aus tausend Musikboxen rattert das Gelärm abgekratzter Platten. Aus tausend Fenstern plärren Radios oder Fernsehprogramme. Hier scheint zu gelten: Was du tust, das tue laut.
    Als ich aus dem Jaguar stieg, standen fünfzig Leute um mich herum.
    »Ha, Mista«, kaute ein Wuschelkopf zwischen seinen Prachtzähnen hervor. »Ist’n das für einer?«
    »Ein Jaguar«, sagte
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