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0449 - Chirons Höllenbraut

0449 - Chirons Höllenbraut

Titel: 0449 - Chirons Höllenbraut
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Büchern.
    Nicole stürmte in diese Suite hinein, ohne anzuklopfen. Sie drang bis ins Schlafzimmer vor. Julian lag auf dem Bett, ein Buch in den Händen, das er jetzt zur Seite legte. Sekundenlang flammte Zorn in seinen Augen: Ärger darüber, daß Nicole seine Privatsphäre einfach so störte! Dabei hatte er in der Blockhütte damals eine Privatsphäre so gut wie gar nicht besessen.
    Jetzt, da er endlich einmal wirklich für sich allein sein konnte, wurde er abermals gestört!
    Nicole blieb stehen. Daß Julian las, paßte nicht zu ihrem Verdacht. Demnach hätte er schlafen müssen, um zu träumen und in seinem Traum fremde Welten und Wesen zu erschaffen.
    Er zwang sich zu einem Lächeln und beruhigte sich. »Was ist los, Nicole?«
    »Hast du geträumt, Julian?«
    Er schwang sich aus dem Bett und warf sich in einen Sessel daneben. Gleichzeitig bat er Nicole mit einer weltmännischen Geste, die so gar nicht zu seinem jugendlichen Aussehen paßte, in einem anderen Sessel Platz zu nehmen. Sie blieb aber stehen. »Hast du geträumt, Julian?« wiederholte sie ihre Frage.
    »Nicole, Menschen träumen immer, wenn sie schlafen, auch wenn sie sich nicht an jeden Traum erinnern können. Warum willst du wissen, ob ich geträumt habe?«
    »Du weißt genau, von welchen Träumen ich rede. Von deinen magischen Träumen, in denen du dir fremde Welten erschaffst! Welten wie jene, in die du Zamorra, Ombre und mich auch schon mal geholt hast, wenn das auch vielleicht nicht ganz freiwillig passierte!« [2]
    Jetzt war es Julian, der seine Frage wiederholte: »Warum willst du wissen, ob ich geträumt habe?«
    Sie sah in ihm in diesem Moment nicht den Erwachsenen, der ein Recht auf eine vernünftige Diskussionsführung hatte; sie sah in ihm das Kind, das sich ihrer Autorität als reife Frau zu beugen hatte. »Würdest du die ungeheure Freundlichkeit besitzen, meine Frage zu beantworten?« zischte sie ihm messerscharf zu.
    »Wenn’s dich glücklich macht… ja, ich habe bis vor ein paar Minuten geschlafen. Hin und wieder braucht bekanntlich auch ein Wesen wie ich Schlaf, auch wenn der sich in viel engeren Grenzen hält als bei normalen Menschen. Ist das verboten? Darf ich meine zwei Stunden Schlaf pro Tag nur noch zu festgelegten Zeiten abhalten? Wenn ja, sollte mir kleinem dummen Jungen das einer von euch erfahrenen und befehlsgewohnten Greisen mal bei Gelegenheit mitteilen, damit ich nicht hellseherische Fähigkeiten entwickeln muß.«
    »Ich habe nicht nach deinem Schlaf, sondern nach deinen Träumen gefragt!«
    »Und ich habe dir gesagt, daß Menschen immer träumen, wenn sie schlafen. Hast du ein so schlechtes Kurzzeitgedächtnis? Bitte, darf ich jetzt weiterlesen, oder wird die Inquisition noch fortgesetzt?«
    Nicole warf einen Blick auf das Buch auf dem Bett Das Tao der Physik, von Fritjof Capra. Nicht gerade das, was Nicole für die einfachste Lektüre hielt. »Du verweigerst mir also die Antwort.«
    »So, wie du sie mir verweigerst«, schlug Julian sie mit ihrer eigenen Waffe. »Ich möchte jetzt wirklich weiterlesen. Und ich wäre dir verbunden, wenn du beim nächsten Mal erst einmal anklopfen würdest.«
    Da tauchten noch zwei Besucher auf. Sie hatten auch nicht angeklopft, weil die Türen bis zum Schlafraum offenstanden.
    »Julian…«, begann Nicole gerade, als Zamorra sich neben ihr aufbaute. »Was ist denn hier passiert?« wollte der Parapsychologe wissen. »Wozu brauchst du das Amulett, Nici?«
    »Sie braucht’s vielleicht, um mich zu einer Antwort zu zwingen, die ich ihr nur geben will, wenn sie sich an die Spielregeln hält«, warf Julian lässig ein. »Was ist das hier - mein Schlafzimmer oder der Platz der Republik, auf dem sich jeder tummelt, der gerade Lust dazu hat? Raus jetzt!«
    »Etwas höflicher könntest du dich ruhig zeigen, mein Junge«, rügte Tendyke seinen Sohn.
    »Erst, wenn ihr euch höflich zeigt! Man stürmt nicht einfach ungebeten in die Zimmer anderer Leute! Oder hätte auch nur einer von euch es gern, in dieser Form aufgestört zu werden? Raus, alle! Auch du, Robert!«
    Daß er seinen Vater mit dem Vornamen anredete, war nicht Respektlosigkeit, sondern unter ihnen üblich. Sein Respekt hinderte ihn allerdings nicht daran, auch seinen Vater hinauszukomplimentieren. Aber dann stand er selbst ebenfalls auf dem Korridor, und trotzig sah er die anderen an. »Darf ich jetzt vielleicht endlich mal erfahren, was ihr von mir wollt? Weshalb soll ich geträumt haben?«
    »Weil im anderen Seitenflügel ein
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