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0446 - Die Gangsterpest erstickt Manhattan

0446 - Die Gangsterpest erstickt Manhattan

Titel: 0446 - Die Gangsterpest erstickt Manhattan
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ihn.
    Neben dem Kran ragte ein eiserner Träger über den Gebäuderand hinaus. Dort, am äußersten Ende des Trägers, kauerte der Reporter. Er trug einen hellen Trenchcoat und hielt eine schwere Polaroidkamera schußbereit.
    Unwillkürlich stieß ich einen Pfiff aus. Mut hatte der Bursche, das mußte man ihm lassen. Der Träger war knapp fünfzehn Zentimeter breit. Es gab absolut nichts, woran man sich festhalten konnte. Und er ragte weit hinaus.
    »Wayne«, rief ich.
    Der Reporter ließ die Kamera sinken und wandte den Kopf.
    »Hallo, Cotton, fein, daß Sie da sind. Warten Sie ein paar Minuten, bis ich hier fertig bin…«
    Seine Stimme erstarb, sein Gesicht verzerrte sich. Es war, als habe der Mann einen Schlag bekommen. Die Kamera entglitt seinen Händen, dann fiel er zur Seite.
    »Wayne!« brüllte ich und machte einen Satz vorwärts. Aber es war zu spät. Ich konnte ihm nicht mehr helfen.
    Er verlor vollends das Gleichgewicht und fiel rückwärts ins Leere. Hinter mir schrie jemand gellend auf.
    Ich beugte mich vor. Da segelte er mit ausgestreckten Armen und Beinen. Der weiße Trenchcoat flatterte. Es dauerte endlos lange. Jetzt kam der Aufprall. Ich schloß die Augen.
    Dirk Wayne war tot.
    Als ich unten eintraf, waren bereits zwei Streifenwagen der Polizei und ein Rettungswagen eingetroffen. Die Leiche war zugedeckt, und die Neugierigen waren zurückgedrängt- worden. Ein Sergeant verhörte einige Augenzeugen und machte sich Notizen. Es war ein alltäglicher Fall.
    Ein Reporter hatte das Gleichgewicht verloren und war tödlich abgestürzt. Aus! Drei Zeilen in den anderen Blättern und ein ehrender Nachruf in der eigenen Zeitung. Für die Polizei war das nur Routine.
    Ein Lieutenant hatte den ersten Bericht schon über Funk durchgegeben. Ich trat auf ihn zu und zeigte ihm meinen Ausweis.
    »Veranlassen Sie, daß die Leiche in die Pathologie geschafft wird«, sagte ich.
    Er sah mich überrascht an.
    »Zweifeln Sie daran, daß es ein Unfall war, Mr. Cotton?«
    Ich hob die Schultern.
    »Warum sich den Kopf zerbrechen, wenn man Gewißheit haben kann? Nehmen wir an, jemand hätte dort auf ihn geschossen. So, wie die Leiche jetzt zugerichtet ist, würde niemand nach einer Kugel suchen. Ich war oben, als Wayne abstürzte.«
    »Und?«
    »Wayne war hundertprozentig schwindelfrei. Das konnte ich seinem Verhalten auf dem Träger entnehmen. Deshalb gibt es keinen ersichtlichen Grund für den Absturz. Also lassen Sie die Leiche in die Pathologie schaffen, dann haben wir Gewißheit.«
    »Wird gemacht, Mr. Cotton!«
    »Und dann stellen Sie die Namen sämtlicher Arbeiter fest, die zur Unglückszeit oben auf dem Dach waren. Es wird nicht viel dabei herauskommen, aber es sollte nicht versäumt werden.«
    »Geht in Ordnung.«
    »Schicken Sie mir einen Durchschlag Ihres Berichtes ins Büro«, sagte ich und ging.
    Ich war nicht sicher, ob es ein Fall war, noch viel weniger, ob es ein FBI-Fall war. Wayne hatte mich angerufen, um ein paar Enthüllungen zu machen, und war dann vor meinen Augen abgestürzt. Das konnte kein Zufall sein.
    Immer wieder stellte ich mir die Szene des Absturzes vor, den Augenblick, da er im Sprechen innehielt und sein Gesicht sich wie im Schmerz verzerrte, wie er dann erst die Kamera losließ und ganz langsam zur Seite kippte.
    Nein, das war kein Zufall. So verhält sich kein Mann, der das Gleichgewicht verliert.
    Aber wenn es kein Zufall war, dann war es Mord. Aber wo hatte der Mörder gestanden? Ich stellte mir vor, daß der Mörder mit einer Schalldämpferpistole auf ihn geschossen hatte. Wahrscheinlich vertraute er darauf, daß man an der zerschmetterten Leiche keine Schußwunde feststellen würde. Nun, wenn das so war, mußte die Obduktion uns Gewißheit verschaffen.
    Wenn Wayne aber ermordet worden war, mußte das Motiv in den Enthüllungen liegen, die mir zu machen er beabsichtigt hatte.
    Ich fuhr zum Verlagsgebäude seiner Zeitung, der »Day and Night«.
    Es war ein altertümlicher Kasten aus der Zeit, als New York gerade die griechischen Säulen entdeckt hatte. »Day and Night« war ein etwas reichlich schwachbrüstiges Blatt, das nie genau wußte, ob es nun die Hauptbetonung auf Klatschmeldungen legen sollte oder auf Politik oder auf Sport. Von allen New Yorker Zeitungen hatte es demgemäß die schwächste Auflage.
    Das wurde aber wettgemacht durch die Tatsache, daß dem Verlag zahlreiche Provinzzeitungen gehörten.
    Kein Wunder also, daß der Eigentümer des Verlages, Jack E. Whitcomb kurz Jack E.
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