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044 - Nach eigenen Regeln

044 - Nach eigenen Regeln

Titel: 044 - Nach eigenen Regeln
Autoren: Claudia Kern
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unterscheiden Stärke, Intelligenz, Ausdauer, Weisheit, Geschicklichkeit und Charisma. Der höchstmögliche Wert ist achtzehn, der niedrigste sieben. Diese Werte tragen sie mit goldenen und schwarzen Pins auf die Leisten ein. Goldene Pins stehen für fünf Punkte, schwarze für einen.«
    Matt sah an Rinold vorbei zum Master, der einen sechseckigen Metallwürfel unter seiner Robe hervorzog. Es klickte, als er mit dem Finger darauf drückte, dann verschoben sich die einzelnen Metallplatten, bis sie eine vieleckige Form angenommen hatten.
    Der Master nickte und begann z,u würfeln. Matt streckte sich, den aufflammenden Schmerz in seinem Bein ignorierend, konnte jedoch die Zahlen nicht erkennen. Seine Aufmerksamkeit kehrte zu Rinold zurück.
    »… in einem Duell zu steigern. Wenn Sie gewinnen, gibt der Verlierer Ihnen einen Pin, verlieren Sie, müssen Sie einen abgeben. In strittigen Fällen entscheidet der Master. Haben Sie das verstanden?«
    Matt nickte. Aruula schüttelte den Kopf.
    »Wie können Waffen darüber entscheiden, wie klug jemand ist?«, fragte sie.
    Rinold lächelte. »Nicht Waffen, Würfel.« Er zog zwei der Metallkonstruktionen aus seiner Tasche hervor und legte sie auf den Tisch. »Um ein Duell zu gewinnen, müssen Sie erstens eine Zahl würfeln, die niedriger als Ihr eigener Wert ist und gleichzeitig niedriger als die Zahl Ihres Gegners. Der Würfel folgt nur dem Zufall und ist nach unserem Glauben daher ein göttliches Werkzeug. Er ist die einzige Waffe, die Sie hier benötigen werden.«
    Aruula griff nach dem Würfel und wog ihn in der Hand. Matt konnte förmlich sehen, wie sie in Gedanken nach einer Möglichkeit suchte, ihn als Waffe einzusetzen. Er sah auf, als der Master sich räusperte.
    »Hören Sie die Entscheidung des Würfels. Aruula, Sie sind ein Mensch.«
    »Ich weiß.«
    Matt legte ihr die Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf. Der Master schwieg einen Moment, fuhr dann aber ohne einen Kommentar fort. »Damit haben Sie zwanzig Lebenspunkte. Stärke elf, Intelligenz, zwölf, Charisma zwölf, Geschicklichkeit elf, Ausdauer zehn, Weisheit elf.«
    Rinold zählte die Pins aus einem Le- derbeutel ab und reichte sie Aruula, die sich an Matt wandte.
    »Sind das gute Werte?«
    »Wenn ich das System richtig verstanden habe, sind sie okay.«
    »Matthew Drax«, sagte der Master. »Sie sind ein Mensch, zwanzig Lebenspunkte, von denen Sie neun Schadenspunkte abziehen. Stärke acht, Intelligenz sieben, Charisma acht, Geschicklichkeit acht, Ausdauer acht, Weisheit neun.«
    Na toll, dachte Matt. Ich bin doof, halb tot, schwach, und keiner kann mich leiden.
    »Moment«, sagte er. »Woher soll ich wissen, was für Zahlen Sie gewürfelt haben? Sie haben sie keinem von uns gezeigt.«
    »Weisheit acht«, korrigierte der Master ungerührt.
    »Wieso denn das?«, fragte Matt, während ein Teil von ihm darüber nachdachte, dass es reichlich schwachsinnig war, sich über die Eigenschaften einer erfundenen Figur aufzuregen. Er glaubte das Lächeln in der Stimme des Masters zu hören, als der sagte:
    »Wie ich bereits erklärte, Matthew Drax: Nur ein Narr legt sich mit mir an. Bei einer Weisheit von neun hätten Sie das erkennen müssen, daher der Abzug.«
    Matt nahm mürrisch die Pins von Rinold entgegen und versuchte sie mit der linken Hand in die Leiste einzusetzen, was ihm nicht leicht fiel.
    »Sehr gut«, kommentierte der Master seine Bemühungen. »Sie leben sich bereits in Ihre Rolle ein, das ist lobenswert.« Arschloch, dachte Matt.
    »Wieso ärgerst du dich über ein paar Zahlen?«, fragte Aruula, als die beiden Fremden den Raum verlassen hatten. »Sie haben doch keine Bedeutung.«
    »Hier schon. Sie entscheiden darüber, wie man dich behandelt. Diese Leute glauben, dass die Werte echt sind und tatsächlich festlegen, wer man ist. Und meine Werte sind so schlecht, dass es noch nicht einmal zum Abenteurer ohne besondere Fähigkeiten reicht.«
    Matt lehnte sich zurück in die weichen Daunenkissen. Er wusste, dass seine Verletzungen ihn stark einschränkten, und hatte gehofft, während des Spiels die Langeweile, die schon bald einsetzen würde, zu vergessen.
    Die Entscheidung der Menschen in diesem Tal, sich vor der Welt zu verschließen und sich gänzlich einem Spiel hinzugeben, erschien ihm nicht seltsamer als die anderer Gemeinschaften, denen er auf seinen Reisen begegnet war. Hinzu kam, dass die Spieler ihre. Konflikte auf friedliche Weise austrugen und Matt zum ersten Mal seit langem das Gefühl hatte,
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