0425 - Asmodis jagt den Schatten
schneller, als ich dachte. Er überraschte mich.« Hastig schilderte er die Endphase jener Jagd und ihr Scheitern.
Der Auftraggeber knurrte böse. Funken entstanden vor seinen Nasenlöchern. Es roch ein wenig nach Schwefel. Den Blauen störte das nicht. Er war Schlimmeres gewohnt. Der Schwefelgestank erinnnerte ihn an seine Heimat… Er hoffte, sie eines Tages Wiedersehen zu können und dann auch einen Namen zu besitzen, den er einst verlor.
Der Auftraggeber hörte zu. Der Blaue schöpfte Hoffnung, je länger der Auftraggeber ruhig blieb.
»Narr«, sagte er schließlich. »Du hattest ihn schon in deiner Gewalt. Du hättest in diesem Moment weiter machen sollen. Wer weiß, wann sich wieder eine solche Chance ergibt.«
»Aber, Herr, Ihr hattet befohlen…«
»Ich weiß, was ich befohlen habe. Du brauchst mich daran nicht zu erinnern«, zischte der Auftraggeber ihn an. »Aber ich hatte gehofft, du würdest ein wenig Eigeninitiative zeigen. Mitdenken. So handeln, wie ich es will. Aber du scheinst nur ein stupider Befehlsempfänger zu sein. Solche Helfer kann ich nicht gebrauchen. Wenn ich bei jeder Sache selbst zugegen sein muß, um Befehle zu erteilen, kann ich auch alles allein tun. Geh mir aus den Augen.«
»Herr«, keuchte der Blaugesichtige. »Herr, gebt Eurem unwürdigen Diener noch eine letzte Chance, Euer Wohlwollen - zu erlangen und seinen bescheidenen Namen zurückzugewinnen, der Ihr ihm versprächet…«
Der Auftraggeber starrte ihn an.
Dann deutete er mit ausgestrecktem Arm auf die Silberscheibe, die er dem Blaugesichtigen überreicht hatte. Sein Gesicht war ausdruckslos, als er sagte:
»Kreuzpeilung.«
Und verschwand.
***
Der blaugesichtige Dämon bemühte sich. Er versuchte sich zu erinnern, was der Auftraggeber ihm über die Benutzung der silbernen Scheibe gesagt hatte. Aus seinen Augen brach rötliches Leuchten hervor, durchdrang die nächtliche Dunkelheit und ließ die Scheibe ebenfalls rötlich aufschimmern. Der Dämon tastete mit seinen Krallenfingern über die seltsamen Schriftzeichen. Gern hätte er ihre Bedeutung gewußt. Aber darüber hatte der Auftraggeber ihm nichts verraten.
Der Dämon strich über die Zeichen.
Etwas geschah.
Die Silberscheibe vibrierte schwach. Sie begann in den Händen des Dämons zu zucken, versuchte ihn in eine Richtung zu ziehen. Dumpf erwachte in ihm der Eindruck, den Schatten wieder vor sich zu sehen, den Mann, den er für den Auftraggeber hatte zur Strecke bringen sollen.
Die Richtung stand fest.
Um sie nicht zu verlieren, kratzte der Dämon eine Furche in den Boden, die genau dorthin wies, wohin das Amulett ihn ziehen wollte.
Wenig später war der Auftraggeber wieder zur Stelle. Er ließ, noch während er aus dem Nichts erschien, eine ähnliche Scheibe unter seinem Hemd verschwinden. Der Blaugesichtige hatte sogar den Verdacht, daß die beiden Amulette völlig identisch waren. Aber um das behaupten zu können, hatte er jene andere Scheibe nicht lange genug sehen können.
»Das hier ist die Richtung, Herr!« versicherte der Blaue und zeigte auf den Kratzer im Boden.
Der andere nickte. Nachdenklich betrachtete er die Linien, dann kauerte er sich nieder. Seine linke Hand berührte den Boden.
Eine andere Linie entstand. Ebenfalls ein Kratzer im Asphalt. Er stand in stumpfem Winkel zur Markierung des Blauen.
Augenblicke später entstand ein ganzes Gitternetz von Linien. Die, die zuerst entstanden war, verschob sich, ohne dabei Spuren zu hinterlassen. Der Dämon spürte eine unglaublich starke Magie. Er glaubte einen Stadtplan-Ausschnitt zu erkennen. Die neuen Linien sahen aus wie ein Straßennetz. Sein Kratzer und der des Auftraggebers kreuzten sich an einer Stelle.
Der Auftraggeber, dieser breitschultrige, hochgewachsene Mann, in dessen Augen es düster nach Rache glomm, nach einer verzehrenden, wilden Wut, die ein Ventil suchte, um zu explodieren, hob die Hand. Er formte drei Finger so, daß ihre Spitzen die Eckpunkte eines Dreiecks in der Luft bildeten.
Darin entstand ein verwaschenes Bild.
Ein Haus. Alt, wenig gepflegt die Fassade. Mehrere Stockwerke. Sie verschwammen im Unsichtbaren. Parterre und Kellerfensterpartie wurden sichtbar.
»Da ist es. Aber…«
Der Auftraggeber stieß eine böse Verwünschung aus, die selbst Lucifuge Rofocale auf seinem Höllenthron hätte erschauern lassen, hätte er sie gehört. »Doppelwerte! Was bedeutet das, bei Luzifers Hörnern? Da… siehst du es? SIEHST DU ES?« Er schrie es dem Blaugesichtigen so laut zu,
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