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0424 - Im Zeitstrom verschollen

Titel: 0424 - Im Zeitstrom verschollen
Autoren: Unbekannt
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Man war sich nicht darüber einig, ob es abermals zu einer solchen Katastrophe kommen würde. Der größte Teil aller Touristen hatte die Inselgruppe jedoch verlassen.
    Myko wußte, daß er bald einen anderen Beruf ergreifen mußte, denn die wenigen Gäste, die jetzt noch auf Viti Levu wohnten, reichten nicht aus, seinen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Dabei wußte er aus zuverlässiger Quelle, daß die gefährliche Strahlung, die ein paar Tage das Gebiet des Mount Lemur beherrscht hatte, seit heute morgen aufgehört hatte.
    Ein schwitzender Mann mit offenem Sporthemd und Khakihose beugte sich über die Theke und bestellte einen Gin-Fizz.
    „Ist Dr. Bashra eigentlich abgereist?" erkundigte er sich bei Myko.
    „Ich habe ihn seit der Katastrophe nicht mehr gesehen."
    Myko deutete schweigend in Richtung des Mount Lemur.
    „Das wußte ich nicht", sagte der Mann betroffen. „Es tut mir leid.
    Bashra war ein netter Unterhalter."
    Myko gab etwas Zitronensaft in den Gin.
    „Dr. Bashra hat Weiko-La beleidigt. Der Berg hat sich an ihm und allen anderen gerächt."
    „Unsinn!" fuhr der Tourist auf. „Sie sind wohl übergeschnappt, Myko. Ich dachte immer, Sie würden diese Geschichten nur erzählen, um sich interessant zu machen."
    „Bisher war das auch so", gab Myko zu. „Aber jetzt glaube ich daran. Der ,Erhabene’ ist der Vater dieser Inseln. Er regiert über sie und bestimmt über Leben und Tod. Er bestimmte auch, daß Dr.
    Bashra sterben mußte."
    Der Tourist griff nach seinem Gin-Fizz und zog sich an einen Tisch zurück. Er wollte sich nicht länger mit dem Insulaner über dieses Thema unterhalten.
    „Vielleicht ist Dr. Bashra überhaupt nicht tot", sagte eine Frau an der Theke, die die Unterhaltung des Barmixers mit dem Touristen gehört hatte.
    Myko entsann sich seiner geschäftlichen Pflichten und lächelte verbindlich.
    „Es ist möglich, daß Sie recht haben, Madam."
    „Ich habe gehört, daß die Wissenschaftler, die oben auf dem Mount Lemur arbeiteten, nun auf einer Nachbarinsel leben. Sicher ist Dr. Bashra bei ihnen."
    „Durchaus möglich, Madam."
    Die Frau wandte sich wieder ihrem Begleiter zu. Myko hatte nichts zu tun. Er trat ans Fenster und blickte hinaus. Das Licht von Mond und Sternen reichte in dieser klaren Nacht aus, um ihn die Berge sehen zu lassen.
    Weiko-La hatte seine Stimme erhoben und die Fremden bestraft.
    Er würde abermals zuschlagen, wenn man nicht aufhörte, Löcher in seinen Körper zu schlagen.
    „Myko! Träumst du?"
    Der Barmixer wandte sich um.
    „Entschuldigen Sie, Sir. Was darf ich Ihnen geben?"
    „Einen Daiquiri."
    Myko griff nach den Gläsern und lächelte. Dr. Bashra hatte auch jedem Abend Daiquiri getrunken. Seltsam, wie man sich in Verbindung mit kleinen Dingen oft an einen Menschen erinnerte.
    „Ich habe gehört, diese Bar würde geschlossen!" rief jemand von den hinteren Tischen.
    „Ja, Sir!" gab Myko zurück. „Fast alle Bars werden schließen."
    Vielleicht würde Weiko-La zufrieden sein, wenn alle Menschen diese Insel verließen. Es war durchaus möglich, daß er das wollte.
    Wenn man seinen Befehlen nicht folgte, würde er weitere Opfer verlangen.
    „Wo bleibt der Daiquiri, Myko?"
    „Sofort, Sir!"
    Das leise Surren des Ventilators, das Klirren von Gläsern und das Auf- und Abschwellen trunkener Stimmen: Myko schien es, als gehörte das bereits der Vergangenheit an.
     
    ENDE
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