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0410 - Blonder Köder für den G-man

0410 - Blonder Köder für den G-man

Titel: 0410 - Blonder Köder für den G-man
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»Warum sind Sie umgekehrt?«
    »Ich spürte, dass ich zu früh gekommen war«, erklärte sie. »Ich hörte eine flüsternde Stimme…«
    »Hatten Sie keine Angst? Es wird behauptet, dass Cotton ein harter Bursche war. Hätte es nicht sein können, dass er den Spieß einfach umdrehte?«
    »In diesem Fall hätte ich mich als Gast ausgegeben und einen Kaffee verlangt.«
    »Sie sind Ernies Tochter?«
    »Das fehlte mir noch!«, sagte sie, ziemlich bitter, wie mir schien.
    Das Mädchen stellte das Autoradio an. Sie fand einen Sender, der Musik des Orchesters Sammy Kaye brachte. Die etwas schmalzigen Rhythmen bildeten einen ziemlich unpassenden Hintergrund für das Geschehen, aber Blondie schien dafür keine Antenne zu haben.
    Ein Mensch war getötet worden, und Blondie hörte leichte Tanzmusik.
    Sie schnippte die kaum angerauchte Zigarette aus dem offenen Wagenfenster. »Ich muss einen Kaffee haben«, sagte sie. »Da vorn ist ein Restaurant.«
    Wir hielten vor einem Haus, das im Stil eines englischen Cottages gebaut war. Vor der Tür schaukelte ein Schild im Wind, auf dem in antiquiert anmutenden Buchstaben Old Travellers Inn stand. Blondie kurvte auf den Parkplatz und stieg aus. Ich folgte ihr. »Wollen Sie das Geld einfach so im unverschlossenen Wagen liegen lassen?«, fragte sie erstaunt.
    Ich machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Gemütsmensch!«, meinte sie und ging mit kreisenden Hüften auf den Lokaleingang zu. Ich folgte ihr.
    Das Innere des Restaurants bemühte sich redlich, wie ein Gasthaus aus der Pickwicker-Zeit auszusehen, aber da es an einem amerikanischen Highway stand, bestand die Innendekoration aus einer Unmenge von kitschigen Einfällen und groben Stilbrüchen.
    Ich machte mich darauf gefasst, für den Kaffee mindestens ebenso viel zu bezahlen wie für ein Schnellrestaurant-Menü in New York. Wir setzten uns ans Fenster.
    Es war nicht gerade leicht, durch die bunten Butzenscheiben nach draußen zu blicken, aber ich sah, dass ein weiterer Wagen auf den Parkplatz einbog und neben dem blauen Fairlane zum Stehen kam.
    Das Mädchen neben mir öffnete die Handtasche und musterte sich kurz und kritisch im Spiegel. Sie schien mit ihrem Make-up nicht einverstanden zu sein, denn sie erhob sich abrupt und erklärte, dass sie sich ein wenig frisch machen wolle. »Bestellen Sie mir einen Kaffee«, sagte sie, als sie den Tisch verließ.
    Es war das Letzte, was ich von ihr hören sollte.
    Ich bestellte bei einem Kellner zwei Tassen Kaffee und wartete.
    Der Kaffee kam, aber Blondie nicht.
    Ich trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum und lauschte in mich hinein. Ich wurde unruhig. Zehn Minuten waren bereits vergangen. Eine ziemlich lange Zeit, um ein wenig Puder aufzulegen und die Lippen nachzuziehen. Immerhin: Blondies blauer Fairlane stand noch auf dem Parkplatz, sie konnte also nicht verschwunden sein.
    Oder doch? Hatte sie plötzlich Lunte gerochen?
    War ihr auf einmal klar geworden, dass ich nicht der Killer sein konnte, der von Ernie Goddard engagiert worden war, um den G-man Jerry Cotton zu töten?
    Ich stand auf. Es war nicht gerade angenehm, einen Toilettenraum für Damen betreten zu müssen, aber in meinem Beruf gewöhnt man sich an ungewöhnliche Situationen.
    Als ich die Tür des Waschraumes öffnete, stieß ich prompt mit einer kleinen, dicken Frau zusammen.
    Ich ignorierte ihr empörtes Staunen und marschierte an ihr vorbei in den Vorraum - ein mit drei Spiegeln und Schminktischchen ausgestattetes boudoirähnliches Zimmerchen, das von einem kräftigen Parfümduft erfüllt war.
    Blondie war nicht zu sehen.
    »Was wollen Sie hier?«, fragte die dicke Frau mit asthmatischem Keuchen. Sie stand noch immer auf der Schwelle, eine Symbolgestalt verblüffter Auflehnung, die weibliche Vorrechte zu verteidigen trachtete.
    »Ich suche jemand«, informierte ich sie. »Ein junges Mädchen mit blondem Haar und giftgrünen Augen - haben Sie sie gesehen?«
    »Ich…«, begann sie, hörte aber auf weiter zu sprechen, weil sich ihr die Überzeugung aufzudrängen schien, dass es unter ihrer Würde sei, noch ein weiteres Wort mit mir zu reden.
    Ich öffnete die weiß lackierte Tür, die zur eigentlichen Toilette führte.
    Die Toilette enthielt drei Boxen, ein Waschbecken und ein Fenster.
    Das Fenster stand weit offen.
    Blondie lag genau vor mir, auf den rosafarbenen Fußbodenkacheln, mit angewinkelten Beinen, das Gesicht zur Seite gedreht, die roten Lippen leicht geöffnet. Sie stöhnte. In ihrem Körper steckte
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