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041 - Der Tod schleicht durch London

041 - Der Tod schleicht durch London

Titel: 041 - Der Tod schleicht durch London
Autoren: A.F.Morland
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aus seinem Mund. »K-u-g-e-l …«
    Noch nie hatte mich ein Dämon darum gebeten, ihn zu erschießen.
    »Die Antwort!« schrie ich ihm ins Gesicht.
    Seine Lippen bekamen Sprünge. Ich befürchtete, daß er bald nicht mehr sprechen konnte. Wie lange er noch lebte, war eine andere Sache, aber wenn er mir nichts mehr sagen konnte, war er wertlos für mich.
    »K-u-g-e-l…«
    »Sag mir, wie ich Fystanat helfen kann!«
    »Tornado…«
    Hatte ich mich verhört oder sprach er tatsächlich von einem Wirbelwind?
    »Tornado?« fragte ich unsicher. In welchem Zusammenhang sollte der Wirbelwind mit der Rettung meines Freundes stehen?
    »T-o-r-n-a-d-o-s… D-r-e-i …« Mehr kam nicht aus dem Mund des Dämons. Die Lippen zerfaserten, wurden zu grauen, flatternden Fransen, die sich im Gebrüll des Schwarzblütlers bewegten.
    Zu spät. Ich war doch zu spät gekommen.
    Aber doch noch rechtzeitig, um den Todeskampf des Dämons zu beenden.
    Ich hob die Waffe und drückte ab. Nach dem Schuß war es still in dem alten Waldhaus. Unheimlich still.
    ***
    Er war hart, aber gerecht, auch gegen sich selbst. Das war mit ein Grund, weshalb George Bonner bei seinen Mitmenschen so angesehen war. Vor diesem Mann mußte man einfach Achtung haben, diesem untadeligen Richter mußte man einfach Respekt zollen. Er war ein aufrechter, gottesfürchtiger Mann, dieser Judge Bonner.
    Unbeugsam. Ein Vorbild. An seinen Urteilssprüchen war niemals zu rütteln, und jene, die ihn bestechen oder unter Druck setzen wollten, saßen jetzt ebenfalls hinter schwedischen Gardinen und hatten Muße, darüber nachzudenken, ob es nicht ein Fehler gewesen war, zu glauben, alle Menschen wären gleich.
    Judge Bonner war das nämlich nicht.
    Seine Frau war früh von ihm gegangen, mußte ihn damals – einer bösen Krankheit wegen – allein lassen mit Susannah, der dreijährigen Tochter.
    Mittlerweile war Susannah zwanzig Jahre alt geworden, und Judge Bonner hatte seine liebe Not mit ihr, denn sie konnte sehr eigensinnig sein. Mit diesem Eigensinn, den sie von ihrer Mutter geerbt hatte, brachte sie ihren Vater, der für sie nur das Beste wollte, manchmal zur Verzweiflung.
    »Warum?« hatte er sie gefragt, als sie noch bei ihm gewohnt hatte.
    »Sag mir nur, warum wir uns immer streiten müssen, Kind.«
    »Wahrscheinlich ist es das?«
    »Was?« fragte Bonner irritiert.
    »Du nennst mich nicht nur Kind, ich bin in deinen Augen auch immer noch ein Kind. Das bin ich mittlerweile aber nicht mehr, Vater. Wann wirst du das endlich begreifen?«
    »Du hast recht, dein Vater ist ein alter, seniler Schwachkopf.«
    »Das habe ich nicht behauptet. Herrgott noch mal, warum drehst du einem fortwährend das Wort im Munde um? Das ist ja nicht mehr auszuhalten.«
    Viele Auseinandersetzungen endeten damit, daß Susannah sagte, es wäre nicht mehr auszuhalten, und eines Tages stellte sie ihren Vater dann vor die vollendete Tatsache, daß sie für sich ein Apartment gemietet hätte.
    Drei Monate lang sah sie ihn nicht, denn sie hatte ihn verletzt. Als sie sich dann zufällig auf der Straße begegneten, fiel ihm Susannah mit Tränen in den Augen um den Hals. Es war eine rührende Szene.
    Susannah zeigte ihrem Vater ihr Apartment, und er konnte nicht umhin, zu gestehen, daß sie es mit Geschmack eingerichtet hatte. Sie sagte ihm, er könne immer zu ihr kommen, er wäre ihr jederzeit willkommen.
    Und er machte von diesem Angebot einmal wöchentlich mit größter Regelmäßigkeit Gebrauch. Die Trennung tat ihnen beiden gut. In den Stunden, die sie zusammen verbrachten, gab es niemals Reibereien.
    Vater und Tochter waren ein Herz und eine Seele.
    Ein dreiviertel Jahr lang.
    Dann tauchten Gewitterwolken an ihrem persönlichen Horizont auf, denn George Bonner hatte erfahren, daß sich seine Tochter einen Freund zugelegt hatte, der seiner Ansicht nach ganz und gar nicht zu ihr paßte.
    Deshalb hatte er an diesem Abend seine Tochter aufgesucht. Unangemeldet war er gekommen. Vielleicht in der Hoffnung, den jungen Mann bei seiner Tochter anzutreffen.
    Aber Susannah war allein. Sie trug einen zitronengelben Kimono mit schwarzen chinesischen Schriftzeichen, als sie die Tür öffnete.
    »Vater«, sagte sie überrascht.
    »Ja, mein Kind, ich bin es. Einmal außer der Reihe. Darf ich trotzdem eintreten?«
    »Aber natürlich. Komm rein.«
    »Bist du allein?«
    »Ja. Ich höre Schallplatten. Dazu nahm ich mir schon lange nicht mehr die Zeit. Die ganz alten Dinger lege ich auf. Es ist ein wundervoller Nostalgietrip.
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