Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Zamorra folgte ihm. »Zum Steuerruder!« stieß Odysseus hervor. »Ich gehe ans Steuer, um den Kurs zu bestimmen. Aber wie bemannen wir die Ruder? Denn es ist Wahnsinn, das Segel zu setzen, wenn uns die Mächte düsterer Götter rachsüchtig verfolgen. Mit dem Segel liefern wir uns ihnen auf Gedeih und Verderb aus. Es muß uns gelingen, das Schiff zu rudern!«
    »Vielleicht habe ich eine Idee, wie wir das machen können!« gab Professor Zamorra zurück. »Sieh nur zu, daß wir an der Strömung bleiben, die uns von dieser verfluchten Insel wegbringt… !«
    Odysseus nickte nur und stemmte sich mit aller Kraft gegen das Steuer.
    Hinter ihnen stiegen die Flammen aus der Schwefelsubstanz der Insel bis an die Grenzen der Wolkendecke. Dann ein Zischen und Prasseln, als die beiden Urelemente Feuer und Wasser sich ineinander verkrallten.
    Noch einmal lohte die Flamme empor. Dann verzischte sie in den aufschäumenden Fluten.
    Nur eine schwarze Wolke aus Ruß und Rauch lag wie ein Schleier über dem Ozean und wies die Stelle, wo einst die Insel der Minotauren lag…
    ***
    Professor Zamorra hatte eine einfache, aber wirkungsvolle Erfindung gemacht.
    Alle Ruder waren ausgelegt, aber gleichzeitig in den Dollen so festgebunden, daß sie nicht zufällig ins Wasser gleiten konnten. Mit den Schaften von Speeren waren die Ruder so längsseits zum Schiff verbunden, daß sich alle Ruder mitbewegten, wenn nur ein einziges Ruder in Tätigkeit war. Allerdings mußten die Ruderer auf jeder Seite des Schiffes mit ihren Kräften das gleiche leisten wie alle Ruderer der Schiffsbesatzung gleichzeitig.
    Eine verrückte Konstruktion, deren Grundidee Professor Zamorra in einem »Asterix-Heft« gesehen hatte. Aber die Ausführung war praktisch möglich – wenn man auch übermenschliche Kräfte brauchte, um so die Bireme vorwärts zu bewegen.
    Der Meister des Übersinnlichen konnte nicht sagen, ob er schon Stunden oder Tage diese unmenschliche Strapaze mit Odysseus ertragen hatte. Jeder der beiden Männer saß mittschiffs auf einer Ruderbank und bewegte gleichmäßig das Ruder, das mit den anderen Rudern verbunden war. Zwanzig Ruderblätter tauchten in die grünblaue Flut. Mit aller Kraft zog Zamorra steuerbords und Odysseus backbords das Ruder durch, ließen es schweben, brachten es wieder nach vorn, um erneut einzutauchen.
    In mäßiger Geschwindigkeit bewegte sich der »Stern von Ithaka« über das Wasser. Gelegentlich überprüfte Odysseus den Kurs, den sie mit mehr oder minder starken Ruderschlägen auf einer Seite korrigierten.
    Und dann bemerkte Professor Zamorra Land voraus.
    Ein wildzerklüftetes Eiland, dessen Felsen wie gigantische Speere in den Himmel ragten. Mit seinen scharfen Augen erkannte der Meister des Übersinnlichen in Ufernähe eine Höhle im Felsen. Der Eingang war von zackigen Felsen umsäumt, daß sie wie das gefräßige Maul eines gräßlichen Raub-Hais wirkten.
    »Wir sind da, Odysseus!« rief er erleichtert. »Dort vorn ist unser Ziel. Das Tor zur Unterwelt!«
    Im gleichen Moment fegte ein orkanartiger Windstoß übers Meer. Professor Zamorra überschlug sich, kugelte über das Ruder und ging unsanft auf den Planken nieder. Die Bireme wurde wie von der Faust eines unsichtbaren Riesen vorwärts gestoßen.
    »Schnell, Odysseus!« schrie Zamorra. »Gurte dir ein Schwert um, damit wir uns wehren können. Zu rudern brauchen wir nicht mehr. Denn die unsichtbaren Mächte, die uns halten wollten, jagen uns nun auf die Klippen!«
    »Das Schiff… !« kreischte Odysseus entsetzt.
    Im gleichen Moment wurde der »Stern von Ithaka« von einer gewaltigen Woge ergriffen, die auf ihrem Kamm die Bireme mit unheimlicher Geschwindigkeit auf die Insel zurasen ließ.
    Verzweifelt sprang Odysseus trotz des schlingernden Schiffsleibes hinüber zum Steuerruder, um das Unglück zu verhüten. Dabei raffte er einen Waffengurt mit Schwert auf, wie ihm Zamorra geraten hatte, und schlang ihn sich um den Leib. Mit aller Kraft warf sich der Fürst von Ithaka gegen die Ruderpinne.
    Vergeblich. Die Höllenfahrt des »Stern von Ithaka« war nicht mehr zu stoppen. Die urtümlichen Gewalten des Meeres ließen sich nicht durch das Ruderblatt beherrschen.
    Professor Zamorra, der ebenfalls ein Schwert gegürtet hatte, versuchte Odysseus am Ruder zu helfen. Doch hier war die Kraft der beiden Männer kaum zu spüren.
    Wie eine himmelanragende Wand ragten die Felsklippen der unheimlichen Insel vor ihnen auf. Der Schiffsschnabel bäumte sich auf, als die schroffen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher