Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
erst bestehen würde.
    Noch einmal hatte Zamorra Odysseus getroffen, als ihn das Schicksal in die Scheol, die alte Heidenhölle, verschlagen hatte. Das war nichts anderes als die klassische Unterwelt. Das Reich des Hades, wo die Seelen der verstorbenen Helden wandeln. [3]
    Das Wasser des Swimmingpools wogte und das helle Licht der Sonne ließ es flimmern. Vor den Augen Zamorras waren plötzlich in den Wellen Bilder zu erkennen. Das Wasser verlor die grünblaue Farbe und wurde schwarzgrau.
    Im Spiegel des Wassers sah Zamorra ein Schiff im Sturm mit den Wellen kämpfen. Gischt schäumte um den Bug und die Fetzen eines zerrissenen Segels flatterten am Mast. Hochauf rissen es die mächtigen Wogen, um es sofort in ein tiefes Wellental herabstürzen zu lassen. Zamorra sah, daß Männer an den Rudern mit aller Kraft versuchten, das Schiff auf einen anderen Kurs zu bringen. Wie aus dem Nebel tauchte im Hintergrund das Ungeheuer mit den sechs Schädeln auf und die himmelhoch spritzende Gischt, ließ Zamorra den Meeresstrudel der Charybdis erkennen.
    Der Parapsychologe erhob sich, ohne sich dessen bewußt zu sein. Er trat ganz nah an den Rand des Beckens und beugte sich vor, um alles ganz genau zu sehen. Und dann ließ er einen erstaunten Ausruf hören.
    Er kannte diese Bireme, die dort im tobenden Sturm schwamm. Es war der »Stern von Ithaka«, das Schiff des Odysseus. Und je mehr sich Zamorra konzentrierte, um so mehr erkannte er die Gestalt im Bug des Schiffes.
    Der sehnige, muskulöse Körper war nicht besonders groß. Das braune Haupthaar und der wilde Vollbart waren von Silberfäden durchzogen und dasWasser der Brecher, die immer wieder über Bord gingen, floß daraus.
    In den Augen spiegelte sich das Grauen vor dem Anblick von Scylla und Charybdis.
    Zamorra sah, wie Odysseus die Lippen bewegte. Je mehr er sich konzentrierte, um so mehr vernahm er die Worte des Helden von Ithaka, die ihn zu Hilfe riefen. Und er spürte, wie die Worte die er Odysseus einst gelehrt hatte, die Schranken und Dimensionen der Zeit verwischten.
    Kopfüber stürzte Professor Zamorra ins Wasser des Swimmingpool – und damit in ein neues Abenteuer…
    ***
    Die Kälte des Wassers brachte Professor Zamorra schnell wieder zu sich: Übergangslos akzeptierte der Meister des Übersinnlichen, daß er von Kräften, die sich nicht erklären lassen, in die Vergangenheit gerissen war. Er schluckte das salzige Wasser der tosenden Wellen. Einen halben Steinwurf von ihm hob und senkte sich die Bireme des Odysseus auf den Wellen.
    Professor Zamorra brüllte, so laut er konnte. Er war mitten auf dem Meer. Wenn ihn die Besatzung des Schiffes nicht entdeckte, dann war er verloren. Er war keineswegs unsterblich, wenn sich ihm ein gewaltsamer Tod näherte. Wie er durch einen Schuß oder einen Messerstich getötet werden konnte, so konnte er auch ertrinken, wenn ihn die Kräfte verließen.
    Mit kraftvollen Zügen schwamm Professor Zamorra auf das Schiff zu.
    »Odysseus!« schrie er immer wieder. »Hier bin ich! Hier!«
    Doch das Toben des Orkans schluckte seine Worte. Niemand sah von Bord zu ihm herab. Die Männer an den Rudern strengten alle ihre Kräfte an, dem Untier auf dem Felsen zu entkommen.
    »Odysseus!« schrie Zamorra. »Sieh hierher und erkenne mich. Ich bin es, den du gerufen hast!«
    Im gleichen Moment schlug eine Welle über dem Parapsychologen zusammen.
    Als er wieder auftauchte, war er über und über mit Algen und Seetang bedeckt. Im gleichen Moment sah er, wie der Mann am Ruder über die Bordwand sah.
    »Da – ein Meergeist!« hörte Zamorra die angstvolle Stimme. »Ein Bote des Meergottes Poseidon, der uns zürnt, weil wir mithalfen, Troja zu zerstören. Er ist hier und will uns hinabzerren in die Tiefe!«
    »Das wird er nicht!« erklang eine andere wütende Stimme. Und dann sah Professor Zamorra; wie das Schiff Kurs auf ihn nahm. Es gelang ihm gerade noch, zu tauchen und dadurch den wütenden Schlägen mit dem Ruder zu entgehen. Die Ruder waren aus armdicken Baumstämmen gemacht und ein Hieb damit hätte seinen Schädel gespalten.
    Als Zamorra auftauchte sah er, wie die Männer an Bord Pfeile auf die Sehnen ihrer Bogen legten. Und er wußte, daß sie im zehnjährigen Kampf um Troja zu schießen und zu treffen gelernt hatten. Er holte tief Luft und tauchte wieder unter. Direkt über ihm glitten die Pfeile ins Wasser.
    Doch sie wurden von den Wellen abgelenkt und trafen nicht.
    Zamorra wußte, daß er zu Odysseus gelangen mußte, der immer noch am
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher