Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
035 - Das Wachsfigurenkabinett

035 - Das Wachsfigurenkabinett

Titel: 035 - Das Wachsfigurenkabinett
Autoren: Neal Davenport
Vom Netzwerk:
über den Boden, den Pinsel in der rechten Hand, und beschmierte alles mit schwarzer Farbe.
    Coco sah einige Zeit zu. Sie wußte, daß ihr Phillip etwas mitteilen wollte, doch sie hatte keine Ahnung, was es war. Der Hermaphrodit war so etwas wie ein lebendes Orakel.
    Coco war groß für eine Frau, über ein Meter siebzig. Ihr Haar war pechschwarz und fiel in weichen Wellen über ihre schmalen Schultern. Ihr Gesicht war attraktiv; die Backenknochen traten hervor, und die Augen schimmerten wie zwei dunkelgrüne Bergseen. Sie trug ein tief ausgeschnittenes rotes Minikleid, das sich um große, beinahe zu üppige Brüste schmiegte. Der kurze Rock ließ alles von ihren tadellos geformten Beinen sehen.
    Sie kniete neben Phillip und sah ihm ratlos zu.
    Phillip Hayward hatte eine unglaublich blasse Haut, und die vollen, sinnlichen Lippen leuchteten wie ein rotes Signal in seinem schmalen, kalkweißen Gesicht. Das blondgelockte Haar, wirr und ungekämmt, hing ihm bis auf die schmalen Schultern herunter. Sein Gesicht war glatt, ein Engelsgesicht, wie es Künstler seit Jahrhunderten darstellen. Jede seiner Bewegungen hatte etwas Feminines an sich. Er wirkte albinoid, doch seine tief in den Höhlen liegenden Augen schimmerten nicht rötlich, sondern hatten einen goldenen Glanz. Der Hermaphrodit hatte die grazilen Hände eines Künstlers. Sie waren ständig in Bewegung. Es schien, als führten sie ein eigenes Leben.
    »Was willst du mir sagen, Phillip?« drängte Coco.
    Doch der Junge antwortete nicht. Er kroch weiter auf dem Boden herum, tupfte mit dem Pinsel herum und zog schwarze Linien und Punkte.
    Coco schüttelte den Kopf. Sie konnte sich nicht erklären, was ihr der Junge mitteilen wollte.
    Er trug eine weite Hose und ein blusenartiges Hemd.
    Deutlich zeichneten sich darunter zwei kleine mädchenhafte Brüste ab.
    Plötzlich blieb der Junge sitzen und starrte Coco an. Er hatte die Augen weit aufgerissen, und sein Mund bewegte sich. Coco beugte sich vor, doch sie konnte nicht verstehen, was der Junge sagte.
     

     
    Die drei Wagen fuhren zur Baring Road. Chapman saß neben Hunter. Einige Minuten lang fuhren sie schweigend dahin.
    »Die Vampire sprachen von einem Schatten«, sagte Chapman schließlich. »Sie hatten Angst vor ihm. Sie beratschlagten gerade, wie sie den Schatten ausschalten könnten und wollten eine Catania-Beschwörung durchführen. Was ist das?«
    Hunter schüttelte den Kopf. »Vielleicht kann uns da Coco weiterhelfen. Als ehemaliges Mitglied der Schwarzen Familie weiß sie über viele Dinge Bescheid, von denen wir keine Ahnung haben.«
    »Die Vampire behaupteten weiter, daß sie die einzigen seien, die noch nicht unter dem Bann des Schattens stünden. Wer oder was ist dieser Schatten?«
    »Keine Ahnung«, sagte Dorian.
    Vor der Villa hielt er an und stieg aus. Chapman folgte ihm.
    Die Villa lag inmitten eines Parks, der verwahrlost war. In den vergangenen Tagen war zwar das Laub vom Herbst entfernt worden, doch der Garten wirkte noch immer verwildert. Die Villa selbst befand sich in einem ähnlichen Zustand. An vielen Stellen war der Verputz abgeblättert, und die roten Ziegel sahen wie Wunden darunter hervor. Früher war die Villa ein imposanter Jugendstilbau gewesen, jetzt machte sie einen trostlosen Eindruck. Sie wirkte wie ein Überbleibsel aus einer Zeit, die lange vorbei war.
    Sie traten ein, und Dorian ging gleich ins Obergeschoß. Er war sicher, daß sich Coco bei Phillip aufhalten würde. In der zweiten Etage öffnete er eine Tür nahe der Treppe.
    Coco sah auf.
    Dorian blieb überrascht stehen.
    »Was hat denn das zu bedeuten?« fragte er und trat näher.
    Verwundert sah er sich um. Das Zimmer war voller Farbkleckse.
    Das Mädchen stand auf.
    »Seit mehr als zwei Stunden macht er das nun schon«, sagte sie und zeigte auf Phillip, der reglos in der Mitte des Zimmer saß und die Augen geschlossen hatte. Nur seine Lippen bewegten sich, formten Worte, die nicht zu verstehen waren.
    »Er will uns etwas sagen. Phillip«, sagte Dorian und sah den Jungen an, doch der reagierte nicht. Dorian ging langsam im Zimmer auf und ab. Dann bückte sich der Dämonenkiller und starrte die schwarzen Linien und Punkte, die der blonde Junge hingeschmiert hatte, genauer an. Er kniff die Augen zusammen und richtete sich schließlich wieder auf. Nachdenklich strich er über den Oberlippenbart und sah Coco an.
    »Wirst du daraus klug, Dorian?« fragte das Mädchen.
    »Hm«, sagte Hunter.
    Er blieb vor der hohen Stehlampe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher