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034 - Der Weg nach Westen

034 - Der Weg nach Westen

Titel: 034 - Der Weg nach Westen
Autoren: Jo Zybell
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Museum für Verkehr und Technik, fiel es ihm ein. Irgendwann im letzten September, kurz nach seiner Ankunft in Berlin hatte er von dem Museum gelesen. Und sich vorgenommen, es zu besuchen. Natürlich war er nie dazu gekommen. Durch so vieles, was Menschen im Herbst des vergangenen Jahres geplant hatten, hatte »Christopher-Floyd« einen Strich gemacht…
    Er gelangte in die nächste Halle. Durch knöchelhohen Dreck watete er an Automobilen aller Jahrzehnte der Autogeschichte vorbei. Eine weitere Halle schloss sich an, wesentlich größer und fast drei Mal so hoch die beiden vorangegangenen. Im Durchgang blieb Dave stehen. Er hielt den Atem an.
    »Flugzeuge…!« Seine Stimme hallte durch den riesigen Raum.
    Gleich am Eingang stand eine Junkers Ju 88
    aus dem Jahr 1939, fast fünfzehn Meter lang und mit einer Spannweite von zwanzig Metern. Ein schmutzbeladenes Aluminiumtreppchen führte zum Cockpit hinauf. Dave ging daran vorbei. Langsam schritt er durch die Halle.
    Dicht an dicht standen die alten Maschinen aus dem zweiten Weltkrieg. Trotz der Schmutzschichten konnte er jedes Modell identifizieren: die schnelle Focke-Wulf 190, die haifischartige Messerschmitt Me 262 mit ihren beiden Turbinentriebwerken, den englischen Bomber Avro Lancaster und ein ganzes Rudel japanischer Zero Kampfflugzeuge.
    Andächtig blieb er vor den kleinen Japanern stehen, die der amerikanischen Luftwaffe einst solch unerhörten Schaden zugefügt hatten.
    Bilder seiner Kindheit dämmerten herauf er sah sich mit seinem Vater auf dem Balkon über dem Hinterhof sitzen und Modellflugzeuge genau diesen Typs zusammenbauen. Er fühlte die Gänsehaut, die ihn damals, Anfang der achtziger Jahre befiel, wenn sein Dad von den Luftschlachten des zweiten Weltkriegs und von der Katastrophe erzählte, die unter dem Namen
    Pearl Harbor in die amerikanische Mi- litärgeschichte eingegangen war.
    Für Minuten trat der Albdruck der bizarren Welt, in die Dave gestolpert war, seit seine Kerkertür sich heute Morgen geöffnet hatte, in den Hintergrund. Nostalgische Gefühle strömten durch seine Brust etwas Wehmut, etwas Heimweh und auch ein wenig kindliche Freude.
    Er ging weiter. Etwas schneller jetzt, denn er hielt Ausschau nach dem Lieblingsflugzeug seiner Kindheit.
    Bald fand er die ersten amerikanischen Jäger: die kleine Bell P-39, die Curtiss P-40 mit dem am Bug aufgemalten Haifisch Gebiss, die klobige Grumman TBM Avenger, mit der die Air Force praktisch den Sieg im Pazifik errungen hatte, und schließlich die kraftstrotzende, von Japanern und Deutschen gleichermaßen gefürchtete Douglas SBD-5 Dauntless.
    In der Mitte der Halle waren Teile der Decke auf die Museumstücke gestürzt. Durch Schlingpflanzen und rostige Stahlträger hindurch sah Dave ein Stück des grauen Himmels. Einen Moment erschrak er doch die Löcher in der Decke waren zu klein, als dass die monströsen Eulenvögel hindurch gepasst hätten.
    Im Bereich der zerstörten Decke fand er in erster Linie Flugzeugtrümmer, eingesponnen in Rankengewächse und von Moos überzogen. Trümmerstücke schwerer Bomber vor allem.
    Eine Tragfläche der Boeing B 25, Cockpit und Bug einer fliegenden Festung und Propellertriebwerke und Rumpfteile der gewaltigen B-29 Superfortress. Aber nirgends eine Spur des Engländers, den er so liebte und von dem sein Vater wahre Wundergeschichten erzählt hatte.
    Dave blickte zur Hallendecke und wieder zurück auf die Flugzeugwracks. Schnell wurde ihm deutlich, was hier geschehen war. Die großen Bomber hatten an der Decke befestigt über den anderen Flugzeugen gehangen. Die Druckwelle nach dem Kometeneinschlag musste die Halterungen zerstört und die Maschinen abgerissen haben.
    Er wühlte in den Trümmerstücken, ging um den Schutthaufen herum, bückte sich nach Propellern, Leitwerken und Bordkanonen und endlich fand er sie: Die Supermarine Spitfire
    der ganze Stolz der Royal Air Force zwischen
    1938 und 1954…
    Sie war zertrümmert, genau wie die schweren Bomber. Mit einem Ausdruck des Bedauern betrachtete Dave den hinter demCockpit auseinandergebrochenen Rumpf. Auch beide Tragflächen waren beim Sturz vom Hallendach abgebrochen. Durch die Flugzeugtrümmer arbeitete er sich zu der Maschine durch. Fast andächtig blieb er vor dem Wrack stehen. Unzählige Male hatte er sie als Modell zusammengebaut. Anfangs mit seinem Dad und nach dessen Tod 1985 mit seinem großen Bruder Mickey. Jede der neunundzwanzig Hauptversionen kannte er. Er kannte die Maße, kannte die technischen
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