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034 - Der Weg nach Westen

034 - Der Weg nach Westen

Titel: 034 - Der Weg nach Westen
Autoren: Jo Zybell
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Daten und die Leistung, konnte die Länder aufzählen, über denen sie zum Einsatz gekommen war und konnte das Rolls-Royce-Triebwerk aus dem Gedächtnis skizzieren.
    Ein paar Jahre lang hatte während seiner Jugend sogar eins ihrer 7,7-Millimeter- Maschinengewehre unter der Decke seines Zimmers gehangen.
    Minutenlang stand er so da, versuchte die blasse Erinnerung an seinen Vater festzuhalten und das wesentlich deutlichere Bild seines Bruders. Und dachte an den Tag, als er selbst den Jugendtraum seines Vater zu träumen begann. Es war einer der letzten klaren Erinnerungen an seinen Dad.
    Sie hatten an der Werkbank in der Garage gestanden und bastelten ein Spitfire-Modell zusammen. Sein Vater erzählte, wie er als junger Mann den Flugschein für Segelflugzeuge gemacht hatte, wie er sich vergeblich bei der US Air Force beworben und aus Enttäuschung und wirtschaftlicher Not das College abgebrochen hatte, um als Hafenarbeiter in Baltimore den Unterhalt für seine junge Familie zu verdienen.
    In der schlaflosen Nacht nach jenem Tag hatte Dave sich vorgenommen, eines Tages nicht nur Pilot, sondern Astronaut zu werden. Damals war er neun Jahre alt gewesen. Zwölf Jahre später, während seines Astronomiestudiums in Los Angeles machte er seinen Pilotenschein auf einer Sportmaschine. Und fünfundzwanzig Jahre später als Professor der Astrophysik ging er nach Cape Canaveral, um sich zum Astronauten ausbilden zu lassen. Vor zwei Jahren war das gewesen…
    Zärtlich strich Dave über die Motorhaube und den Propeller der Spitfire. Dann drehte er sich um und stelzte aus dem dreckigen Trümmerhaufen.
    So sehr war er in Gedanken versunken, dass er die Frau zunächst nicht bemerkte. Und als er sie dann sah, stellten sich seine Nackenhaare auf. Reglos stand sie zwischen der Douglas SBD-5 und der Grumman TBM Avenger.
    Sie trug kniehohe Stiefel, ein rotes, seitlich geschlitztes, rockartiges Teil und ein Oberteil der gleichen Farbe, das ihre rechte Schulter und die Brüste bedeckte, den Bauch jedoch freiließ. Ein dicker rotblonder Zopf hing ihr in den Nacken. Aus grünen Augen musterte sie ihn. Eine Narbe zog sich von ihrem Kiefergelenk über den Hals fast bis zu ihrem Schlüsselbein. In der Rechten hielt sie eine Waffe, die Dave an eine Armbrust erinnerte. Wie eine Erscheinung stand sie da eine Amazone zwischen Kriegsgeräten des letzten Jahrhunderts.
    Dave glaubte zu träumen. Er kniff die Augen zusammen. Die Frau stand immer noch da und beobachtete ihn. Und jetzt sah er auch die anderen zehn, zwölf, fünfzehn Frauen standen zwischen den Flugzeugen, alle in Wildlederstiefeln, alle mehr oder weniger spärlich mit rotem Tuch bekleidet, manche behelmt, manche barbusig. Einige trugen Schwerter, andere Speere, Bögen oder Armbrüste. Keine sprach ein Wort und alle fixierten ihn.
    »Ich werd wahnsinnig«, murmelte Dave. »Ich werde komplett verrückt…« Und dann schrie er laut: »Urluk! Wo steckst du?! Komm her!«
    ***
    Urluk und seine Mannen hatten es nicht eilig. Dave hörte ihre Schritte in der benachbarten Automobilhalle. Langsame Schritte. So lief niemand, der einem anderen zu Hilfe eilte. Aber auch niemand, der eine Bedrohung witterte und Geräusche vermeiden wollte. Dave registrierte das mit wachen Sinnen.
    Noch immer regte sich keine der Frauen. Die ihm am nächsten stand die Rotblonde mit dem Zopf und der Narbe neigte nur ein wenig den Kopf. Als wäre er der Exot und nicht sie, so neugierig betrachtete sie ihn. Und endlich sagte sie etwas.
    Sie sagte: »Professor Doktor David McKenzie?« Und sie sagte es sehr langsam, als hätte sie es vorher geübt. Genau wie Urluks Leute rollte sie das R.
    »Kennen wir die Lady, Mickey? Nein, kennen wir nicht«, murmelte Dave auf Englisch. Er runzelte die Stirn und nickte. »Woher weißt du das?«, fragte er die Frau auf Deutsch. »Woher kennst du meinen Namen?«
    »Von der Königin.« Ihre Stimme klang warm und tief, tiefer als er es von einer zierlichen Frau erwartet hätte. »Daanah ist mein Name. Die Königin erwartet dich, ich bringe dich zu ihr.«
    »Aha…« Mehr fiel Dave nicht ein. Er kletterte über die letzten Trümmer, dann stand er vor ihr.
    Das Grün ihrer Augen leuchtete wie ein Smaragd in der Sohne. Hellwach waren sie, diese Augen. Und auf ihrem feinen Gesicht lag ein energischer Zug. Ein Zug, der Dave gefiel.
    Die Narbe zwischen Kieferknochen und Kehlkopf war quastig und rot. Eine tiefe, entzündete Wunde musste sie verursacht haben. Der Eindruck des Zierlichen trat etwas in
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