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0332 - Inferno

0332 - Inferno

Titel: 0332 - Inferno
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Jahrhundert zu leben und nicht im finsteren Mittelalter.
    Aber Sir Perry schien diesem Mittelalter frisch entsprungen zu sein, ebenso wie der Schwager, den Ted wenig später kennenlernte. Der Lord führte Ted durch den Freizeitpark und erreichte mit ihm schließlich den Swimming-pool, wo Lady Agatha Wintherbottam, geborene Hays, sich mit ihrem Bruder unterhielt.
    Ted hob die Brauen.
    Lady Agatha war eine bemerkenswerte Person: wohlbeleibt, mit einem Dreifachkinn und einer überaus keifenden Stimme gesegnet. Ihr Bruder verblaßte dagegen fast. Er war untersetzt, trotz der sommerlichen Hitze in zwar heller Hose, aber dunklem Jakkett mit breiter Krawatte, einen Regenschirm mit dem ßtockgriff über den angewinkelten Arm gehängt.
    »Ach, Sie sind Ted Ewigk, der berühmte Reporter?« begrüßte er Ted. »Hays ist mein Name, David R. Hays. Ich bin sicher, daß wir uns gut verstehen werden. Man erzählt sehr viel von Ihnen, Sir Bryont schwärmte geradezu von Ihnen. Sie müssen mir helfen. Seit Jahren versuche ich, Lord Morton kennenzulernen, aber er lebt so unglaublich zurückgezogen, und erscheint zu keiner Party, nicht einmal zu den Veranstaltungen des Königlichen Kollegium der Chirurgen, dem er ja angehört. Nun sagte mir Sir Bryont, Ihr Freund, daß Sie Lord Morton gut kennen. Mister Ewigk, Sie müssen mit ihm reden und ihn dazu bewegen, daß er zu meiner nächsten Party kommt. Ein so begnadeter Chirurg wie er ist es seinen Bewunderern einfach schuldig, daß er…«
    Ted verzog das Gesicht. Er fand diesen Hays einfach aufdringlich. Am liebsten hätte er ihm einfach den Rücken gekehrt, aber er wollte in Gegenwart von Lord und Lady Wintherbottam nicht unhöflich erscheinen.
    »Ich bin kein Partyagent und Autogrammvermittler«, sagte er. »Sie verkennen meine Möglichkeiten und Aktivitäten, Mister Hays. Gut, ich kenne ihn, aber ich halte ihn weder für begnadet, noch für bewundernswert. Dieses Frankenstein-Abziehbild weiß sehr wohl, warum er zurückgezogen in Brighton lebt und sich nie sehen läßt. In Adelskreisen ist er so geächtet wie in Kollegenkreisen umstritten. Ein Scharlatan, wenn Sie mich fragen.«
    Sir Perry zog lächelnd die Brauen hoch; offenbar teilte er Teds Meinung.
    Hays dagegen war empört. Er erging sich in einer flammenden Rede, aber Ted achtete nicht weiter darauf. Er hielt den Schwager des Lords für einen Wichtigtuer, und daß er zweifelhafte Bekanntschaften förmlich suchte, machte ihm den Mann auch nicht sympathischer. Aber wahrscheinlich war Hays wie alle Menschen von seiner Umwelt geprägt.
    »Hier war es dann«, erzählte Sir Perry später, nachdem sie über den Verlauf der Einweihungsfeier gesprochen hatten. »Meine Frau wäre um ein Haar in Ohnmacht gefallen, als sie das Mädchen sah. Völlig nackt, und…«
    »Wenigstens einen Bikini oder Badeanzug wie ihre Schwester hätte sie ja ruhig tragen können, dann hätte niemand etwas gesagt«, ereiferte sich die Lady. »Aber so… so schamlos hier herumzulaufen! Immerhin waren noch viele Gäste da, die es gesehen haben müssen. Das schadet unserem Ruf.«
    »Macht uns völlig unmöglich«, stimmte ihr Bruder zu. »Aber die Jugend ist heute ohnehin viel verworfener als zu unserer Zeit. Es ist einfach empörend. Wenn nicht bald von höherer Stelle etwas gegen diesen Verfall von Sitte, Moral und Anstand unternommen wird, dann sehe ich schwarz für die Welt…«
    Ted hörte nur mit halbem Ohr zu. Er versuchte Verbindungen zu knüpfen. Zwei Schwestern, von denen eine textilfrei herumlief… zusammen mit Sir Bryont Saris abgereist, also kannten sie sich… »Handelte es sich bei den jungen Damen zufällig um blonde Zwillingsschwestern mit Namen Peters?«
    »Ja. Sie kennen diese schamlosen Personen?« stieß Lady Agatha hervor.
    »Ich kenne viele Leute«, sagte Ted gelassen.
    »Das war ohnehin eine seltsame Sache. Die eine der beiden soll angeblich hier am Pool verschwunden sein«, sagte der Lord. »Und Sir Bryont wollte deshalb gar so einen Geisterjäger herbeordern, der sich darum kümmern sollte. Ein Blödsinn… Aberglaube… Ich verstehe nicht, daß ein ernsthafter Mann wie Sir Bryont, der einen Sitz im Parlament hat, sich mit so etwas abgibt«
    Ted hob die Brauen. Er ahnte, daß er vorsichtig taktieren mußte. Er wollte Informationen über diese angedeutete Geschichte, welche ihn brennend zu interessieren begann. Aber er wollte sich auch das Wohlwollen des Lords nicht verscherzen. Er mußte daher geschickt formulieren…
    »Bitte, Sir Perry…
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