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0311 - Am Todestag von Isabell

0311 - Am Todestag von Isabell

Titel: 0311 - Am Todestag von Isabell
Autoren: Am Todestag von Isabell
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bückte mich, es war der Schlüssel, der aus dem Schloss geschleudert worden und hingefallen war. Aber dieser Schlüssel lag nicht auf den Fliesen, sondern auf der dünnen Brücke, die unmittelbar hinter der Tür im Innern des Zimmers lag.
    Ich griff danach und erwischte nicht nur diesen Schlüssel, sondern auch die Kante der Brücke.
    Ich zog daran, und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    Wir hatten uns den Kopf zerbrochen, wie Motleys Mörder es fertiggebracht hatte, aus dem verschlossenen Zimmer zu gelangen. Jetzt wusste ich es.
    Ich machte die Probe aufs Exempel. Ich schloss die Tür von außen zu, zog die Brücke halb heraus, legte den Schlüssel darauf und schob sie wieder hinein.
    Jetzt war der Zustand genau der, den wir damals bei unserem gewaltsamen Eindringen vorgefunden hatten. Auf die gleiche Art praktizierte ich den Schlüssel wieder heraus und steckte ihn ins Schloss.
    Hardman sah mir verständnislos zu. Er hatte nichts begriffen, aber jemand anders sagte hinter mir: »Was machen Sie denn da?«
    Es war Deloiy und hinter ihm stand Evelyn.
    »Der Schlüssel war heruntergefallen.«
    »So, heruntergefallen?«
    Ich merkte, wie er mich misstrauisch musterte, dann öffnete er seinerseits die Tür. Er warf einen Blick hinein, zog die Brauen zusammen und fragte: »Seit wann sind denn hier die Fenster geöffnet?«
    »Seitdem ich mich entschlossen habe, diesen Spuk zu vertreiben«, antwortete sein Schwiegervater. »Seht euch beide noch einmal diesen verfluchten Raum an. Seht ihn euch zum letzten Mal an. Morgen kommen die Arbeiter. Alles wird weggeschafft, die Fliesen werden herausgerissen, die Wände und die Decke geändert. Nichts soll mich mehr an Isabell erinnern.«
    »Aber das kannst du doch nicht, Daddy«, protestierte Evelyn. »Du wirst es dir noch überlegen. So etwas kannst du doch nicht tun.«
    »Du wirst sehen, was ich tun kann. Vorläufig bin ich noch der Herr im Haus. Vorläufig… Und ich werde es auch bleiben.«
    Ich sah, wie ein höhnisches Lächeln um Delorys Lippen spielte. Ich sah, wie er seiner Frau die Hand beruhigend auf den Arm legte.
    »Du bist aufgeregt«, meinte er. »Du hast vielleicht auch zu viel getrunken. Wir sind gekommen, um zu sehen, ob du deine gewöhnte Ordnung hast. Hat die Frau dir etwas zum Essen hergerichtet?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe auch keinen Hunger.«
    »Du musst aber etwas essen, Daddy«, mischte sich Evelyn ein. »Ich werde in die Küche gehen und etwas zurechtmachen. Dann bleiben wir hier, bis du dich wieder beruhigt hast.«
    Hardman ließ sich geduldig von ihr wegführen. Sein Zorn war verflogen.
    »Man hat seine Last mit den alten Leuten«, sagte Delory. »Wenn ich daran denke, dass ich auch einmal so werden könnte.«
    Well, Deloiy würde niemals so werden wie Hardman. Dazu war er zu robust und zu ausgekocht.
    Ich verabschiedete mich und ging.
    ***
    Nach meiner Rückkehr erzählte ich Phil von Hardmans neuestem Spleen und von dem, was Eve mir berichtet hatte.
    »Ich habe den Eindruck, dass die ganze Familie nicht ganz dicht ist«, meinte er.
    »Mit Ausnahme von Delory. Der weiß genau, was er will«, erwiderte ich. »Und es würde mir wirklich leid tun, wenn er den Alten übers Ohr hauen würde.«
    Dann machten wir uns daran, sämtliche Fälle von Juwelenraub aus den letzten Wochen von vorn bis hinten durchzuackem. Vielleicht würde uns eine Aussage oder ein sonstiger Umstand einen Hinweis geben, den wir bisher übersehen hatten.
    Wir saßen den ganzen Nachmittag, ließen uns zwischen 6 und 7 Uhr eine Portion Sandwichs und ein paar Flaschen Bier holen und arbeiteten weiter.
    Wir hatten es uns in den Kopf gesetzt, irgendetwas herauszubekommen.
    Es dämmerte, und es wurde dunkel. Als ich das nächste Mal auf die Uhr sah, war es elf. Weder Phil noch ich hatten das Geringste entdeckt.
    Kurz vor Mitternacht legte ich die letzte Akte zur Seite und überflog meine Notizen. Die Umstände der Raubüberfälle waren jedes Mal die gleichen. Das Einzige, was variierte, war die Beschreibung der Frau, die dabei die Hauptrolle gespielt hatte.
    Es war nicht die ganze Beschreibung, sondern die Haarfarbe. Einmal war sie hellblond gewesen, einmal dunkelblond, einmal dunkelbraun, dann wieder hellbraun und rot, in allen Schattierungen.
    Meiner Überzeugung nach war es immer dieselbe Frau und jedes Mal eine andere Perüdke…
    Perücke…
    Es waren Perücken wie die, die ich in Evelyns Zimmer gesehen hatte.
    Evelyn hatte den Ehrgeiz gehabt, Schauspielerin zu werden, und
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