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0295 - Grauen hinter festen Türen

0295 - Grauen hinter festen Türen

Titel: 0295 - Grauen hinter festen Türen
Autoren: Grauen hinter festen Türen
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durchsichtigem Kunststoff freigelegt hatte. Sie zog es heraus, blies ein bißchen Kaffee davon ab und zog es auf. Winzig klein zusammengefaltet, kam ein Telegramm zum Vorschein.
    »Da«, sagte sie. »Das erhielt ich gestern früh.«
    Wir zogen es auseinander und strichen es glatt. Es war das übliche Telegrammformular und enthielt den kurzen Text: ANKOMME IN KÜRZE BUCK BOO.
    »Buck Boo ist sein Spitzname aus seiner Kinderzeit«, erklärte Myrna Paulsen, als wir sie fragend anblickten. »Vielleicht wundern Sie sich, warum ich meinen eigenen Bruder ans Messer liefere. Auch dafür kann ich Ihnen eine Erklärung geben. Es ist dreizehn Jahre her, daß ich im Begriffe war, mich mit einem Jungen zu verloben. Er hieß Joyce und stammte aus einer sehr angesehenen Familie. Als ich ihn das erstemal mit zu uns ins Haus brachte, verschwanden aus seiner Brieftasche sechshundert Dollar. Herbert — das war sein Vorname — ging nicht zur Polizei. Er kam nur nicht wieder zu uns ins Haus. Und er traf sich nicht mehr mit mir. Sie sehen, es ist keine furchtbare Tragödie. Nur war es eben der Mann, der mich glücklich gemacht hätte, wenn er mich je gefragt hätte, ob ich seine Frau werden wollte.«
    »Das Geld…?« warf ich ein.
    »Pah! George natürlich. Ich fand es ein paar Tage später, als ich sein Bett frisch beziehen wollte. Er hatte es in die Füllung des Kopfkissens geschoben. Und jetzt will ich Ihnen ganz ehrlich etwas sagen: George ist mein Bruder, gut. Aber ich hasse ihn wie man nur einen Menschen hassen kann.«
    Ihre Nasenflügel zitterten. Sie hatte die Hände gefaltet und drückte sie so fest gegeneinander, daß die Knöchel weiß hervortraten.
    »Ihr Bruder ist tot«, sagte Phil langsam.
    Sie stutzte. Der Ausdruck in ihrem Gesicht wechselte ganz langsam. Die Bitterkeit verschwand aus ihren Zügen, Bestürzung folgte und schließlich zeichnete sich trotz aller ihrer Äußerungen etwas wie Schmerz ab.
    »Tot?« wiederholte sie tonlos.
    »Ja«, nickte Phil. »Es geschah im Laufe des gestrigen Abends.«
    »Wie ist es denn — geschehen? Was geschah?«
    »Ihr Bruder wurde ermordet, Miß Paulsen.«
    »Ermordet?«
    »Ja. Der Täter ist noch unbekannt. Wir vermuten, daß es wegen des Geldes war, denn Ihr Bruder hatte es nicht mehr, als die Polizei seinen Leichnam fand.«
    »Wegen des Geldes«, sagte sie leise. »Mein Gott, wie oft habe ich ihm gesagt, daß er sich eines Tages wegen Geld noch sein Genick brechen wird. Wenn man gewußt hätte, daß es wirklich einmal so kommen würde…«
    »Sie werden von der Mordkommission noch vorgeladen werden, damit Sie Ihren Bruder identifizieren, Miß Paulsen«, sagte Phil, um sie gleich darauf vorzubereiten. »Uns interessiert im Augenblick mehr, wann er in New York angekommen sein könnte. Ihr Bruder hat eine große Summe veruntreut, das stimmt. Aber Mord bleibt Mord, und wir suchen den Mörder, Miß Paulsen.«
    »Wann er in New York angekommen ist?« sagte sie mit gerunzelter Stirn. »Du lieber Himmel, woher soll ich das wissen. Ich habe von ihm nichts anderes gehört als das, was in dem Telegramm steht.«
    Ich blickte noch einmal auf das Telegramm.
    »Es ist gestern früh in Philadelphia aufgegeben«, stellte ich fest. »Zwischen 8 und 3.30 Uhr. Also muß er in dieser Zeit in Philadelphia gewesen sein. Welche Möglichkeiten gibt es, von Philadelphia nach New York zu kommen?«
    Ich hatte die Frage eigentlich mehr für mich selbst gestellt, aber Myrna Paulsen antwortete promt:
    »Mit der Eisenbahn. George kommt mit der Eisenbahn, wenn er überhaupt nach New York kommt.«
    »Wie können Sie das so sicher behaupten?« fragte Phil.
    »Als Kind wollte er unbedingt Lokomotivführer werden. Etwas davon hat er zeit seines Lebens nicht verloren. Er liebt die rauschende Atmosphäre der großen Bahnhöfe. Sein Urlaub im vorigen Jahr bestand lediglich aus Ein- und Aussteigen. Er fuhr kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten. Einfach weil es ihm eine unbeschreibliche Freude macht, mit dem Zug zu fahren.«
    »Okay«, nickte Phil, »dann werden wir uns auf sämtlichen Bahnhöfen umhören. Vielleicht ist er tatsächlich mit der Eisenbahn gekommen. Sie könnten jedenfalls beschwören, Miß Paulsen, daß Ihr Bruder nicht mit Ihnen gesprochen hat? Sie haben ihn gestern oder vorher — seit er das Geld entwendete — nicht gesehen?«
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte sie. »Und er wußte sicher, daß ich auch keinen Wert darauf legte.«
    »Vielen Dank, Miß Paulsen«, sagte Phil. »Das war
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