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027 - Gefangener des Unsichtbaren

027 - Gefangener des Unsichtbaren

Titel: 027 - Gefangener des Unsichtbaren
Autoren: Larry Brent
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Sekunden später erloschen sämtliche Lichter im Haus.
     
    ●
     
    Zäh verging die Zeit.
    Die Frau konnte kein Auge
schließen und lauschte in die Dunkelheit des fremden Raumes, in dem sie lag.
    Die Schwestern der Station hatten
ihr ein leichtes Schlafmittel gegeben, damit sie Ruhe finden konnte. Trotzdem
konnte sie nicht einschlafen. Ständig mußte sie an ihren Mann denken, der,
frischoperiert, zwei Räume weiter vorn lag, und mit dem es wahrscheinlich zu
Ende ging.
    Zwanzig Stunden hatte sie an
seinem Bett ausgeharrt. Dann hatten die Ärzte sie dringend gebeten, eine
Ruhepause einzulegen. Sie müßte doch todmüde sein…
    Seltsamerweise war sie das nicht.
Ganz im Gegenteil! Sie hatte das Gefühl, überhaupt keinen Schlaf mehr zu
benötigen. Sie war aufgedreht wie eine Uhr.
    Eileen Hanton atmete tief durch
und fühlte den ungeheuren Druck auf ihrer Brust, der nicht weichen wollte, als
säße ein Nachtmahr darauf.
    Im Korridor draußen hörte sie
eilige Schritte.
    Weiter vorn klappte eine Tür, dann
folgten Stimmen…
    Philip? fragte die Frau sich
besorgt.
    Sie mußte raus hier und wissen,
wie es ihm ging. Vielleicht war er schon tot. Aber es gab eine Abmachung
zwischen ihnen. Sie hatten vereinbart, daß der eine den anderen in seiner
letzten Stunde nicht allein lassen sollte. Gleich, was war. Ein Sterbender
spürte die Nähe des anderen, und oft war es auch so, daß er kurz vor dem ewigen
Schlaf noch mal wach wurde und dem anderen eine Mitteilung machte.
    Eileen Hanton hielt es nicht
länger im Bett.
    Sie schlug die Decke zurück und
betätigte den Lichtschalter. Eileen Hanton war Anfang fünfzig und hatte volles
schwarzes Haar. Das war noch die natürliche Farbe. Keine graue Strähne zeigte
sich bisher.
    Der Gedanke, daß Philip im Sterben
lag, war so unwirklich und zog nicht recht. Sie glaubte immer noch, daß alles
nur ein tragischer Irrtum war. Die Röntgenaufnahmen waren vielleicht
verwechselt worden…
    Aber die Operation konnte sie
nicht verdrängen, der Beweis, daß Philip an einer schrecklichen Krankheit litt.
Die Geschwulst war ihm entfernt worden, und die Ärzte waren sicher, daß sie
alles beseitigt hatten. Zwei kleinere Eingriffe vorher aber hatten Philip
Hantons Widerstandskraft gelähmt, und so war zu allem Unglück noch eine
hartnäckige Lungenentzündung hinzugekommen, die seine letzten Kräfte verzehrt
hatte. Die Lungenentzündung schien er nicht zu überstehen.
    Eileen Hanton war angezogen bis
auf ein dunkelgemustertes Kleid, das über einer Stuhllehne hing. Sie schlüpfte
schnell hinein, fuhr sich mechanisch durch das duftige, hochgesteckte Haar und
verließ den einfachen Raum, in dem außer einem Notbett, einem winzigen Tisch
und einem Stuhl kein weiteres Mobiliar stand.
    In dem nüchternen, weißgekachelten
Korridor leuchteten die Neonröhren, sie verstärkten die sterile, schattenlose
Umgebung.
    Der Blick der Frau fiel zuerst zu
der Tür, hinter der ihr Mann allein lag. Sie hörte das Geräusch der
Sauerstoffpumpe.
    Das bedeutete: Er lebte noch.
    Weit und breit war keine Schwester
zu sehen.
    Eileen Hanton huschte in das
Einzelzimmer, das mit technischem Gerät vollgestopft war.
    Philip lag unter einem
durchsichtigen Sauerstoffzelt. Sein linker Arm war an eine Infusion
angeschlossen, aus der jede Sekunde eine gelbliche Flüssigkeit in seine Vene
tropfte.
    Elektroden an den Armen, dem
Brustkorb und den Schläfen wiesen darauf hin, daß Herz, Kreislauf und
Hirnfunktion ständig überwacht wurden. In einem separaten Zimmer standen die
Bildschirme und Oszillographen, die von einer Schwester ständig im Auge
behalten wurden.
    Philip Hanton lag da mit geschlossenen
Augen.
    Sein markant geschnittenes Gesicht
war bleich, die gesunde braune Farbe, die sonst so typisch für ihn war, suchte
sie vergebens.
    Philip Hanton war einundfünfzig.
Ein kräftiger Mann, elegant, mit aristokratischen Zügen.
    Die kühngeschwungenen Brauen und
das dichte Haupthaar waren kohlschwarz. Hanton hatte eine Adlernase und einen
Spitzbart.
    Eins fiel ihr sofort auf: Sein
Röcheln war nicht mehr so stark und laut wie vorhin…
    Vorhin? Wie lange lag das schon
zurück? Eine Stunde… oder länger?
    Sie warf einen schnellen Blick auf
ihre Armbanduhr.
    Wenige Minuten nach drei Uhr
nachts… Um zweiundzwanzig Uhr war sie das letztemal im Krankenzimmer gewesen.
    Eileen Hanton zog sich den Stuhl
an den Bettrand und griff behutsam nach der Rechten ihres Mannes, die schwach,
weiß, aderndurchzogen auf der Kante lag.
    In dem
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