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027 - Das Henkersschwert

027 - Das Henkersschwert

Titel: 027 - Das Henkersschwert
Autoren: Neal Davenport
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riß den Wagen nach rechts herum. Der Motor heulte protestierend auf und bockte wie ein junges Rennpferd. In letzter Minute konnte er in die schmale Straße einbiegen, die rechts neben dem Bahndamm entlang lief. Der Wagen rumpelte über den Bürgersteig, scherte nach links aus, streifte einen Baum und raste zwischen zwei geparkten Autos hindurch. Langsam bremste Dorian ab. Ununterbrochen murmelte er die magischen Namen der ägyptischen Götter vor sich hin. Er wollte kein Risiko mehr eingehen.
    Sein Körper war schweißgebadet, sein Anzug schmutzig und an vielen Stellen zerrissen. Er fuhr jetzt langsam.
    An einer Kreuzung beugte er sich vor und sah in den Rückspiegel. Er erschrak, als er sein Gesicht sah. Es war bleich und aufgedunsen. Seine Augen waren matte, schwarze Steine ohne Leben. Sein Rücken schmerzte, und die Hände zitterten unkontrolliert. Er sehnte sich nur noch nach seinem Bett. Dorian verfuhr sich einige Male. Am liebsten wäre er stehengeblieben und hätte im Wagen geschlafen, doch darauf wollte er sich nicht einlassen.
    Kurz vor Mitternacht überquerte er den Ring und fuhr in die Innenstadt. Seine Hand umklammerte noch immer das Amulett, als er das Hotel betrat. Ununterbrochen murmelte er die Namen der ägyptischen Götter.
    Der Nachtportier sah ihn mehr als erstaunt an, als er seinen Zimmerschlüssel verlangte. Kopfschüttelnd sah er Dorian nach, dessen Lippen die Namen mechanisch formten.
     

     

Dorian schlief tief und traumlos. Um acht Uhr weckte ihn das Läuten des Telefons. Er rutschte über das Bett und hob verschlafen den Hörer ab.
    »Hier spricht Helnwein, Herr Hunter. Ich mußte Sie anrufen. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Ich war so in Sorge um Sie.«
    Dorian setzte sich auf.
    »Ich hatte Glück«, sagte Dorian. »Sie hatten recht. Es war unklug von mir, in das Haus einzudringen. Ich muß noch viel lernen.«
    »Gott sei Dank, daß Ihnen nichts passiert ist, Herr Hunter. Ich bin am Haus Zamis vorbeigegangen. Es sieht fürchterlich aus. Das oberste Stockwerk ist eingestürzt.«
    Dorian lachte. »Dann hat der Zauberspruch doch größere Wirkung gehabt, als ich angenommen hatte. Was haben Sie sonst noch gesehen?«
    »Nicht viel. Ein Wagen stand vor dem Haus, und einige Männer trugen verschiedene Gegenstände ins Haus, die ich aber nicht erkennen konnte, da sie mit Tüchern umhüllt waren. Ich grüßte Michael Zamis, den Vater von Coco, doch er gab mir keine Antwort. Er ignorierte mich einfach, und ich ging rasch weiter.«
    »Schade«, sagte Dorian. »Einige Familienangehörige habe ich ausschalten können, doch für meinen Geschmack sind noch zu viele am Leben geblieben. Ich glaube, ich werde später noch einmal nach Wien kommen, um diese Familie endgültig zu erledigen.«
    »Was war mit dem Untoten?« erkundigte sich Helnwein eifrig.
    »Die geweihten Silberkugeln machten ihm nichts aus. Sie verschwanden wirkungslos in seinem Körper. Ich muß mich noch genauer informieren, wie man dieses Monster ausschalten kann.«
    »Ich studierte einige alte Bücher, fand aber kaum etwas über
    Untote. Nur in einem Buch war ein kurzer Hinweis. Angeblich kann man einen Untoten nur vernichten, indem man ihm den Schädel vom Rumpf abschlägt. Es steht aber nicht dabei, mit welcher Waffe das geschehen soll.«
    »Immerhin etwas«, brummte Dorian. »Übrigens bleibt es dabei, daß Sie mir das Schwert zur Klinik bringen?«
    »Selbstverständlich«, sagte Helnwein. »Wann soll ich hinkommen?«
    Dorian sah auf die Uhr. »Gegen zehn. Ist Ihnen das recht?«
    »Ja, Herr Hunter. Ich bin um zehn Uhr dort.«
    »Fein. Bis bald!«
    Dorian legte auf und schlüpfte aus seinem zerrissenen Anzug. Obschon er kein besonderer Freund von Vollbädern war, beschieß er, doch eines zu nehmen. Er ließ Wasser in die Badewanne ein und rasierte sich in der Zwischenzeit. Dann glitt er ins heiße Wasser und schloß die Augen.
    Es ärgerte ihn ungemein, daß er Wien verlassen mußte, ohne den Untoten vernichtet zu haben. Kurz dachte er an Coco, und ein böses Lächeln spielte um seine Lippen. Sie würde noch ihre Strafe bekommen; das hatte er beschlossen; und er erledigte, was er sich vorgenommen hatte.
    Dann dachte er an die Ereignisse des gestrigen Tages. Je länger er über alles nachdachte, um so unwahrscheinlicher, unwirklicher kam es ihm vor. Er lebte im zwanzigsten Jahrhundert. Eigentlich durfte es keine Hexen und Dämonen geben. Sie waren Gestalten, an die nicht einmal mehr kleine Kinder glaubten, und doch
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