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0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum

0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum

Titel: 0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum
Autoren: In Brooklyn blüht der Galgenbaum (3 of 3)
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Wangen liefen. Er war noch so gefangen im Rausch des Tötens, dass er die beiden Eierhandgranaten in den kleinen, fast kindlichen Händen des Mädchens viel zu spät entdeckte.
    Das Mädchen tat zwei, drei taumelnde Schritte ins Zimmer hinein. Mit einem tierischen Schrei warf sie sich auf Brian O’Kelly, dem ein Blutsturz aus dem Munde quoll.
    Snabbys Augen weiteten sich. Er wollte schreien, er wollte wegrennen, aber die Todesfurcht lähmte ihn für eine Sekunde. Für einen oder für zwei Herzschläge. Diese Frist genügte. Die Handgranaten explodierten.
    ***
    »Wo kann er sein?«, fragte ich zum zwanzigsten, vielleicht zum fünfundzwanzigsten Male. »Wo?«
    In Mr. Highs Arbeitszimmer drängten sich ein oder zwei Dutzend Kollegen. Ich sah sie eigentlich nur als Schemen.
    »Seine Wohnung wird beobachtet«, wiederholte Mr. High zum soundsovielten Male. »Sobald er sich dort sehen lässt, erhalten wir Bescheid.«
    Das Blut toste gewaltig durch meinen Körper. Ich spürte, wie es in den Schläfen hämmerte, wie es in den Ohren rauschte.
    Irgendjemand hielt mir eine Whiskyflasche hin. Ich nahm sie ohne Dank, setzte sie an und trank einen tüchtigen Schluck. Flüssiges Feuer lief durch die Kehle, brannte im Magen und verklang in wohliger Wärme. Als ich die Flasche zurückgab, sah ich, dass Mr. High selber sie mir gereicht hatte.
    Seine klaren, ernsten Augen blickten mich an.
    Was wollte er? War ich ein Hellseher? New York hat acht Millionen Einwohner. Acht Millionen - unter denen ein einziger von uns gefunden werden musste. Ein Mann, der sich selbst den Feind nannte. Der uns vielleicht hasste. Obgleich wir ihm nie etwas getan hatten. Der uns einfach hasste, weil wir eben Amerikaner waren. Derselbe Hass wie eh und je. Vor zweitausend Jahren hasste man die Christen. Danach die Heiden. Die Juden. Die Ketzer. Die Abtrünnigen. Die Engländer. Die Franzosen. Die Deutschen. Die Russen. Die Amerikaner. Die Neger. Die Weißen. Der ewige Kollektivhass einer aufgeputschten, fanatisierten Gruppe gegenüber der anderen Gruppe.
    Der Chef stand noch immer vor mir. Er hielt die Flasche noch in der Hand, und er sah mich noch immer stumm an.
    Okay, Chef, sagte etwas in meinem Gehirn. Ich gebe mir ja alle Mühe. Ich zermartere meinen strapazierten Schädel. Wo gibt es einen Anhaltspunkt dafür, wo der Mann, den wir suchten, sich, versteckt halten könnte? Wo ist dieser Anhaltspunkt?
    Ich stand auf und steckte mir eine Zigarette an. Ich schloss die Augen und zwang mich, fünf Sekunden lang, überhaupt nichts zu denken, während ich den Rauch der Zigarette tief einatmete und langsam wieder ausblies.
    Wenn es überhaupt eine Chance gibt, ihn zu finden, sagte ich mir dann, dann nur auf Grund zweier Möglichkeiten: Entweder verrät uns ein Zufall sein Versteck oder du kommst dahinter durch logisches Denken. Ein Mann, der zwanzigmal an derselben Stelle im Freibad ins Wasser gesprungen ist, wird es mit neunundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit auch beim einundzwanzigsten Male wieder an derselben Stelle tun.
    »Aber wo ist diese Stelle? Wo?«
    Die Menschen sind, alle miteinander Gewohnheitstiere. Wer sein Feuerzeug stets mit dem Daumen links vom Rädchen benutzt, wird von dieser Gewohnheit nicht abweichen, solange er diesen Daumen hat. Ein gesuchter Gangster wird nicht auf hören, am liebsten türkische Zigaretten zu rauchen, wenn das nun einmal seine Vorliebe ist.
    Welche dieser Gewohnheitseigenschaften trifft auf den Mann zu, den wir suchen? '
    Wer in der Lotterie auf 19 das Große Los zieht, wird nicht aufhören, 19 für eine besonders glückliche Zahl zu halten.
    Welche Zahl, welcher Ort, welche Person kann für den Mann im Unterbewusstsein untrennbar mit Glück verbunden sein? Welche?
    Wer? Was? Wo? Warum? Tausend Fragen. Keine Antwort.
    Ich drückte die Zigarette aus. Ich ging im Zimmer auf und ab, ohne die anwesenden Kollegen auch nur zu sehen.
    Ich kam zu Mr. Highs Schreibtisch. Mein Blick flog gleichgültig über die Papiere. Briefe. Akten. Formulare. Beschrieben und unbeschrieben. Der Stapel, den eine geschäftige Bürokratie Tag für Tag auf Schreibtisch schleudert.
    Gequält ließ ich mich in den Stuhl fallen, der neben dem Schreibtisch stand. Ich stutzte die Ellenbogen auf den Schreibtisch und ließ den Kopf in die Hände sinken.
    Noch einmal, sagte ich mir. Irgendwo ist der Punkt, auf den es ankommt. Ganz bestimmt.
    Es fing an mit der Ermordung der drei reichen Leute. Im Rusky-Institut. Danach kam die Erpressung der Erben, die
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