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0257a - Der Tod lud sie zum Whisky ein

0257a - Der Tod lud sie zum Whisky ein

Titel: 0257a - Der Tod lud sie zum Whisky ein
Autoren: Der Tod lud sie zum Whisky ein
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tuckerte eine Barkasse, nicht größer als eine Nussschale.
    Es war abends neun Uhr dreißig.
    Die Scheinwerfer der Barkasse erfassten den honiggelben Rumpf der Liberia.
    In der Nussschale stand ein Mann hinter dem Blinkgerät und setzte seinen Spruch an den Frachter ab.
    Der Kapitän des Frachters reagierte prompt. Er ließ die Maschinen stoppen.
    Mühsam kämpfte sich die Barkasse zur Liberia hinüber.
    Um neun Uhr fünfunddreißig wurden ein Tau und eine Strickleiter an der Leeseite des Frachters hinab geworfen.
    Die Barkasse schaukelte gegen den Stahlleib des Frachters.
    Ein Mann griff nach der Strickleiter. Er sah sich nach dem anderen um, der hinter ihm stand.
    »Alles okay?«, murmelte der erste.
    »Los!«, sagte der zweite.
    Die beiden Männer kletterten hintereinander die Strickleiter hoch und gingen an Deck des Frachters.
    Ein Männ in einer abgewetzten Jacke empfing sie mit mürrischem Gesicht. Das Deck war notdürftig erleuchtet. Der Mann führte sie in die Kapitänskajüte.
    »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte der Mann. Er war der Kapitän. Er wies mit seiner Hand auf eine schmale Sitzbank, die mit rotem Schaumgummi gepolstert war.
    »Was darf ich Ihnen anbieten?«, fragte der Kapitän. Er entledigte sich seiner Jacke und warf sie auf seine Koje.
    »Uns wäre es lieber, wenn Sie Volle Fahrt befehlen würden«, sagte einer der beiden Besucher. »Wir müssen in zwei Stunden im Hafen sein, um die Fracht zu löschen.«
    Der Kapitän strich über seinen drei Tage alten Bart, fuhr mit der Hand über seine eingefallenen Wangen und die müden Augen. Der Mann griff hach dem Telefon und gab Anweisung an den Maschinenraum. Im Schiffsrumpf begannen die Maschinen wie wilde Pferde zu stampfen.
    Der Frachter nahm Fahrt auf.
    »Und wie sind Ihre Bedingungen?«, fragte der Kapitän.
    »Im Hafen kommt es darauf an, dass Sie sich völlig ruhig verhalten. Sie lassen sofort nach dem Anlegen mit dem Löschen der Ladung beginnen. Das ist alles«, erklärte der zweite Besucher.
    »Und Sie glauben, damit zum Ziel zu kommen?«, fragte der Kapitän.
    »Ja«, antwortete der erste Besucher.
    Der Kapitän stand auf, fischte eine Flasche echten schottischen Whisky unter seiner Matratze hervor und kramte drei Gläser aus einem winzigen Schrank, der neben der Koje klebte.
    Mit zitternder Hand goss der Mann den Whisky in die Gläser - randvoll. Beim nächsten Schlingern des Schiffes musste der Whisky überschwappen. Aber der Kapitän griff zu, ehe das Schiff Gelegenheit hatte, sich zur Seite zu neigen.
    Der Whisky lief wie Öl über unsere Zungen. Er war angenehm rauchig und würzig im Geschmack. Außerdem besaß er die richtige Temperatur, obgleich er nicht im Kühlschrank gelegen hatte.
    Phil und ich kletterten nach dem Begrüßungsschluck wieder an Deck. Seit Jahren haben wir keine so geruhsame Dampferfahrt nach New York gemacht. Die Brise war angenehm. Nach einer Stunde leuchtete links vor uns die Freiheitsstatue auf.
    Passagierschiffe zogen mit hell erleuchteten Kabinen an uns vorbei.
    Der Kapitän stand auf der Kommandobrücke.
    Ich warf Phil einen Blick zu. Wir kletterten in den Frachtraum hinunter.
    Der Kapitän war von der Hafenbehörde aufgefordert worden, zwei G-men an Bord zu nehmen. Diese G-men hatten die Auftrag, ein Verbrechen zu verhindern. Mehr wusste der Kapitän nicht über unseren Einsatz.
    Die Liberia fuhr unter griechischer Flagge. Ihre Auftraggeber saßen in England.
    Der Frachtraum war dürftig beleuchtet. Man konnte gerade eine Kiste von einem Sack unterscheiden.
    Phil zog eine Taschenlampe und knipste sie an. Der Strahl huschte über die Etiketten der Frachtstücke. Die Ladung bestand in der Hauptsache aus Maschinenteilen, die für eine Firma im Westen bestimmt waren.
    Wir ließen uns auf einer Kiste nieder. Phil kramte die Zigarettenschachtel aus der Tasche und steckte sich einen Glimmstängel zwischen die Lippen.
    Eine Viertelstunde saßen wir schweigend und horchten auf das Geräusch der Maschinen. Phil kaute auf einer Zigarette. Ich spielte mit meinen Wagenschlüssel. Wir hielten es für ratsamer, uns während des Landemanövers nicht an Deck zu zeigen. Denn die Gangster würden das Schiff schon während der Einfahrt in den Riesenhafen von New York unter Umständen recht genau beobachten. Und zwar mit Nachtgläsern, denn Pantricks war gewohnt, nur mit doppelter und dreifacher Sicherung zu arbeiten.
    Noch fünf Minuten. Die Maschinen wurden gedrosselt. Die Schiffsschrauben verlangsamten ihre Umdrehungszahl.
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