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0238 - In der Voodoo-Hölle

0238 - In der Voodoo-Hölle

Titel: 0238 - In der Voodoo-Hölle
Autoren: Rolf Michael
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fürchte, uns wird es in dieser Nacht nicht langweilig!« orakelte Stanton düster. Zamorra nickte nur.
    ***
    Ollam-onga sang. Bebend bewegten sich seine Lippen. Aus seiner Kehle kam ein Stakkato gutturaler Laute, durchbrochen von spitzen Schreien. An manchen Stellen glich die Melodie dem Singsang eines total Betrunkenen, der im Delirium irgendwelche Melodienfolgen vor sich hinsummt!
    Der Hungan hielt die Augen geschlossen. Sein ganzes Gesicht schien gesammelte Konzentration zu sein. Mit seinen geistigen Augen sah er die düsteren Götzen der grauen Vorzeit. Er rief sie. Und sie kamen. Er forderte ihre Dienste und sie forderten… Seelen.
    Zwischen den Knien hatte der Hungan eine Trommel eingeklemmt. Sie war aus einem innen vermoderten Stamm gemacht worden und hatte eine Farbe wie schmutziges Wasser. Auf der Oberfläche waren eingravierte Zeichen, die auf einen unvoreingenommenen Betrachter abstoßend gewirkt hätten.
    Die Trommel des Voodoo! Das Instrument, mit dem man das Ohr der Götter erreicht. Das Tom-Tom des Schattenreiches!
    Im unsteten Rhythmus schlugen die flachen Hände des Hungan auf das Fell. Wie dumpfe Herzschläge kamen die Töne. Nicht mit der Haut eines Kalbes oder einer Ziege war diese Trommel bespannt. Es war die Haut eines Menschen, die in den Tagen der Alten auf die Trommel aufgezogen wurde und die magische Wirkung des Instrumentes unterstrich.
    Der Rhythmus war nicht gleichbleibend. Er änderte sich jeden Moment. Denn es war nicht die Voodoo-Trommel des Tanzes, deren einschlägige, stampfende Rhythmen die Menschen mitreißen soll, sie in Trance treiben und dann die Vereinigung mit den Göttern bewirken soll.
    Diese Trommel diente zur direkten Kommunikation mit Dämonen, für die die Voodoogötter ein Nichts waren.
    Und aus den Bergen und den Sumpfniederungen am Orinoco antworteten andere Trommeln. Sie ließen erkennen, daß sie den Befehl des Meisters gehört hatten.
    Und sie riefen die Gläubigen zum großen Palaver.
    »Kommt! Kommt alle!« riefen die Voodoo-Trommeln. »Kommt und seid Zeuge der großmächtigen Blutzeremonie. Versammelt Euch, ihr Auserwählten, an den Altären der Dämonen. Eilt herbei zum großen Tonnelle, zum Ritualplatz. Denn heute werdet ihr eins mit den Göttern!«
    In der Glut des Feuers in der Hütte des Voodoo-Mannes verzückten die letzten Flämmchen. Dennoch schien das Innere des unheiligen Raumes von einer Art überirdischen Leuchten erfüllt zu sein.
    Ein waberndes, bläuliches Licht wogte auf und ab. Gestaltlose Geister tanzten um den singenden Hungan ihren schauerlichen Reigen. Hier - hier war der Meister, der Ihnen eine Gestalt geben würde. Schemen umspielten die Gestalt des alten Mannes und umschmeichelten sie, während dieser weiterhin der Voodoo-Trommel hohlklingende Töne entlockte. Zeitweilig wirbelten die Finger nur so über die Menschenhaut. Dann rasselte ein Stakkato hellklingender Triolen aus dem Instrument. Jäh änderte der Hungan seine Spielweise.
    Die flachen Hände bearbeiteten das Instrument, das nun ein eigenartiges, schmatzendes Geräusch hören ließ.
    Der alte Magier war sich des Risikos, welches er einging, wohl bewußt. Denn diese Art Zauber hatte er noch nie durchgeführt!
    Zwar hatte er, als er als Knabe zu Füßen mächtiger Ju-Ju-Männer kauerte, das Geheimnis der Blutzeremonie erfahren, aber er hatte nie eine durchgeführt. Denn das war etwas anderes, als einige Dämonen aufzufordern, sich in den Körpern der Gläubigen auszutoben. Es war auch nicht vergleichbar mit der Herstellung einer Puppe, durch die man seinen Mitmenschen schaden konnte.
    Bei der Blutzeremonie wurden Geister angerufen, die sonst nicht erschienen. Und gegen die alle Götter des Voodoo harmlos waren. Und sie wurden nicht gerufen - sie wurden gezwungen zu erscheinen. Ein Dämon, der gewaltsam aus seinem finsteren Reich getrieben wird, ist gegen den, der ihm befiehlt, äußerst rachsüchtig.
    Ollam-onga wußte, daß sein Leib und seine Seele nichts mehr wert waren, wenn er auch nur den geringsten Fehler machte. Dann durften die unheiligen Mächte, die jetzt in seiner Hütte umherschwebten, seinen Körper zerreißen und sein Unsterbliches in das Reich der Schatten hinabreißen.
    ***
    »Voodoo ist in seinen Kernpunkten eine uralte Naturreligion«, dozierte Professor Zamorra, »und kann bis in die Anfänge des sechzehnten Jahrhunderts zurückverfolgt werden.«
    Die Augen der Anwesenden hingen förmlich an den Lippen Zamorras. Zwar hatten Don Emilio und seine Familie schon
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