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0237 - Der Hehler, der den Tod verkauft

0237 - Der Hehler, der den Tod verkauft

Titel: 0237 - Der Hehler, der den Tod verkauft
Autoren: Rolf Kalmuczak
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Kraft.
    Phil zündete sich eben die zehnte oder elfte Zigarette an, als wir das Hallen eiliger Schritte vernahmen. Die Schritte kamen näher. Nach dem Klang der Schritte zu urteilen, war es ein Mann, der jetzt kurz vor dem Eingang des Torweges sein musste.
    Der Mann verhielt sekundenlang und kam dann in unser Blickfeld. Er war sehr groß, breit wie ein Kleiderschrank und erinnerte mich mit seinen langen Armen, die er beim Gehen im Rhythmus der Schritte schaukeln ließ, an einen gereizten Gorilla. Der Mann trug trotz des Gewitters keine Kopfbedeckung. Kurzes, borstiges Haar stand ihm vom Kopf ab. Der Mann war hellblond wie ein Nordländer. Er hatte ein von zügellosen Leidenschaften verwüstetes Gesicht, wie wir bald sehen sollten. Man hätte ihn für Mitte dreißig halten können, wir aber wussten, dass er erst
    22 Jahre zählte.
    Floyd Sonwater führte mit der Linken eine kurze heftige Bewegung aus. Das Streichholz flog in den Torweg, flackerte noch einmal kurz auf und verlöschte dann auf dem nassen Boden. Sonwater hatte sich eine Zigarette angezündet. Aus diesem Grund war er offenbar vor dem Torweg stehen geblieben.
    Wir pressten uns noch enger an die feuchte Mauer, aber Sonwater hatte uns nicht gesehen. Er stampfte über die Fahrbahn und verschwand im Blue Heaven, aus dem der schrille Lärm einer Musikbox drang.
    »Na, dann los«, sagte Phil, puffte mich unternehmungslustig in die Rippen und trat aus unserem Versteck. Ich vergewisserte mich, dass die Smith & Wesson 38er Special griffbereit in dem Schulterhalfter steckte und folgte dann meinem Freund.
    Unsere Aufgabe war nicht ungefährlich. Wir hatten den Auftrag, eine Teenager-Bande dingfest zu machen. Eine jener Banden, von der New York in letzter Zeit wie von einer schlimmen, ansteckenden Krankheit heimgesucht wird. Als Erstes wollten wir den Boss der Bande zu einem Verhör einladen.
    Die Teenager-Gangster waren zu einem Problem für New York geworden.
    Sie plünderten, stahlen und schossen wild um sich wie die Racket-Gangs aus den zwanziger und dreißiger Jahren. Ganze Straßenzüge wurden von den noch jugendlichen Gangstern terrorisiert. Mit makaberem Stolz nennen sie sich Wikinger, Killer oder Sportsmen.
    Eine der ’gefährlichen Gangs, die in Manhattan ihr Unwesen trieben, Zahlungen von Geschäftsleuten für Schutz forderten, Morde verübten, mit Rauschgift handelten und neuerdings auch Blüten herstellten, war die Totenkopf-Gang.
    Floyd Sonwater war der Boss dieser Bande.
    Von einem Gewährsmann aus der Unterwelt hatten wir den Tipp bekommen, das Sonwater allabendlich gegen sieben Uhr in den Blue Heaven käme, um sich dort mit Whisky volllaufen zu lassen.
    ***
    Als ich hinter Phil durch die Schwingtür in die Kneipe trat, begannen mir fast die Augen zu tränen. Der Qualm von unzähligen Zigaretten biss mir in die Augen. Die Luft war zum Schneiden dick. Kaum, dass man hindurch sehen konnte.
    Die Kneipe war angefüllt mit dem Gelichter, das auch allabendlich in den Bars der Bowery ein Stelldichein gab.
    Wir gingen langsam zwischen den Tischreihen hindurch, als suchten wir einen freien Platz. Phil deutete auf einen Tisch an der Wand und blickte mich fragend an. Ich nickte.
    Wir ließen uns auf den wackligen Stühlen nieder, legten unsere Hüte auf den dritten Stuhl, der vor dem blank gescheuerten Tisch stand, und sahen uns dann unauffällig um.
    Floyd Sonwater saß drei Tische von uns entfernt in einer Ecke, hatte seine mächtigen Pranken auf die Tischkante gestützt und stierte in ein Wasserglas, dessen hellbraun gefärbter Inhalt auf Whisky schließen ließ.
    Ein schmieriger, kleiner Kerl mit Pockennarben im Gesicht, verschwitztem weißen Hemd und ölig glänzenden Schwarzhaar kam an unseren Tisch geschlichen.
    Er musterte uns aus zusammengekniffenen Augen.
    »Was wollt ihr trinken, Gents?«
    »Zwei Flaschen Bier! Aber eiskalt! Wir haben einen höllischen Durst«, sagte ich grinsend und zwinkerte dem Pockennarbigen zu. Er brummte etwas vor sich hin, das wie ein Einverständnis klang und schlich davon.
    Die Tische rechts und links neben uns waren unbesetzt, sodass wir uns ungeniert unterhalten konnten.
    »Wie wollen wir vorgehen?«, fragte Phil und blickte dabei zu Sonwater hinüber, dem gerade ein weiteres Wasserglas mit der braunen Flüssigkeit serviert wurde. »Das Zeug, das er trinkt, sieht wie Whisky aus. Wenn er sich mehrere Portionen in die Kehle kippt, wird er den Kellner bald nicht mehr von der Miss Universum unterscheiden können. Wenn er
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