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0228 - Ratten-Tanz

0228 - Ratten-Tanz

Titel: 0228 - Ratten-Tanz
Autoren: Werner Kurt Giesa
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deutete sie als die Körper der geschäftig hin und her huschenden Riesenratten.
    Sie drehte sich einmal um sich selbst -und registrierte ein weiteres Phänomen. Der Regen war nicht in der Lage, den Feuerschein zu durchdringen! Kein einziger Tropfen berührte mehr ihre Haut!
    Aber die Feuer wärmten auch nicht. Im Innern des Sterns war es ebenso kühl wie außerhalb.
    Kaltes, magisches Feuer…
    Ihr Denken verlangsamte sich.
    Ich muß hier heraus, dachte sie konzentriert. Ich muß fliehen! Ich darf nicht in diesem Teufelskreis bleiben!
    Was hatte doch die Rattenfrau gesagt, die einmal ihre Mutter war? »Du aber wirst leben… als unsere Königin!«
    Als Königin der Ratten…
    Warum?
    Es gab keine Antwort. Es gab nur eines: Sie mußte sich der schaurigen Zeremonie entziehen, die schon bald hier beginnen würde! Sie mußte flüchten.
    Flüchten! Flüchten… flüchten…
    Aber sie konnte es nicht. Sie war nicht mehr in der Lage, den siebenzackigen Stern zu verlassen. Unsichtbare Fesseln verhinderten es. Es war, als geriete sie in tiefen, zähen Sumpf, der sie festhielt. Nach dem zweiten Schritt gab es bereits kein Weiterkommen mehr…
    Und ihr Denken wurde noch langsamer.
    Da wußte sie, daß es keine Rettung mehr gab.
    Es war ihr bestimmt, die Rattenkönigin zu werden.
    »Nein«, flüsterte sie. »Ich will nicht… ich will nicht…«
    Aber niemand hörte sie.
    ***
    Die Rattenmenschen standen abwartend da. An der unmittelbaren Zeremonie waren sie nicht beteiligt. Sie erfüllten vielmehr Wächterfunktion.
    Die Riesenratten selbst fanden sich zu Siebener-Pulks zusammen. Sie kauerten in Gruppen jeweils an den Zackenspitzen des Sterns und in den Ausbuchtungen. Und ein weiter Kreis dieser Riesenratten zog sich um den Stern.
    Die Körper der Ratten wiegten sich hin und her. Es war der gleiche Rhythmus, in dem die sieben violetten Feuer flackerten. Sie schwangen langsam hin und her, eine Melodie, die das Gehirn vergiftete, die das Böse stark machte…
    Und in der Mitte des magischen Sterns stand die künftige Königin.
    Die Ratten brauchten sie. Die Untoten, die Menschen mit den Rattenköpfen, waren zwar gehorsame Diener - mehr aber auch nicht. Sklaven, die außer ihrer Stärke und annähernder Unverwundbarkeit nichts besaßen, das nützlich war. Sie vermochten den Keim durch Bisse fortzupflanzen wie die Ratten selbst, aber dadurch schufen sie nur weitere Untote.
    Was die Ratten brauchten, war ein lebendes Wesen. Ein Wesen, das in sich genügend Kraft barg, um die anderen zu beherrschen.
    Claudine Piquet besaß diese Kraft in sich. Jene geheimnisvolle Kraft, die eingeweihten Menschen bereits in früher Steinzeit bekannt war. Das Wissen darum hatte sich bis in die heutige Zeit erhalten.
    In der Jungfräulichkeit lag diese Kraft verborgen. Deshalb mußte Claudine die Rattenkönigin werden. Deshalb hatten die Ratten sie auserwählt. Diese Kraft mußte jetzt ins Negative verändert werden. Die Magie der Ratten würde es bewirken.
    Und sie begann auszustrahlen.
    Um nichts anderes kümmerten sich die Ratten noch. Für jenen, der in sich stark war, sollten sich die Wächter kümmern.
    ***
    Zamorras Finger berührten die Hieroglyphen, übten auf einige von ihnen leichten Druck aus. Bis heute war es ihm nicht gelungen, alle Geheimnisse des Amuletts zu entschleiern. Trotz aller Versuche, sie zu erforschen und trotz aller Kämpfe, in denen das Amulett immer wieder mit neuen überraschenden Fähigkeiten aufwartete, kannte er nur einen winzigen Bruchteil davon. Und vielleicht war das auch gut so. Vielleicht würde er dem Größenwahn verfallen, wenn er das Amulett in seiner ganzen Vielfalt und Stärke beherrschte. Vielleicht würde er nicht mehr das Amulett kontrollieren, sondern dem Machtrausch verfallen…
    Vielleicht war so seinerzeit Leonardo de Montagne dem Bösen verfallen, der es vor gut neunhundert Jahren erstmals benutzte und es für seine Schwarze Magie zweckentfremdete…
    Unter dem Druck seiner Fingerkuppen veränderten zwei der Symbole ihre Position. Von einem Moment zum anderen spürte Zamorra die Kraft, die vom Amulett ausging. Die Kraft der entarteten Sonne. Merlins Stern erwachte.
    Zamorra begann, Energieströme zurückzusenden zu den violetten Flammen. Er blockte den teuflischen Rhythmus, unterlief ihn und veränderte die Schwingungen. Das veränderte Echo strahlte zurück.
    Das Feuer schwang unregelmäßig.
    Plötzlich kam in die Ratten Unruhe.
    Das Leuchten um den Stern wurde hier blasser, da stärker. Zamorra
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