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0228 - Ratten-Tanz

0228 - Ratten-Tanz

Titel: 0228 - Ratten-Tanz
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Claudine war jetzt in dem Alter, in dem die Jungen ihr nachpfiffen, und sie wußte das sehr genau und setzte ihre Schönheit gezielt ein. Modische Kleidung, schamlos freizügig, und fast jeden zweiten Abend in die Stadt, zum Tanzen in diesen neumodischen Geräuschfabriken, in denen man vor Krach keine Musik mehr hörte -wenn es überhaupt Musik war, was die in diesen Schuppen so machten. Alexander hatte da seine starken Zweifel. Dröhnen und Stampfen und abgehackte Rhythmen konnte man doch nicht als Musik bezeichnen. Ja, Bach und Beethoven, das war etwas fürs Herz, aber Claudine hatte ganz andere Interessen.
    Es hatte so kommen müssen. Jetzt war einer ihrer Verehrer so dummdreist, in ihrem Zimmer einzusteigen und ihr Gewalt anzutun! Und weil ihr Zimmer zu ebener Erde lag und sie stets, selbst im kältesten Winter, bei geöffnetem Fenster zu schlafen pflegte, konnte man spielend leicht hinein.
    Zum Glück gab es hier keine Einbrecher, so daß die Piquets sich in dieser Hinsicht nie Sorgen machten. Nicht einmal die Haustüren wurden im Dorf abgeschlossen. Wozu auch? Wer kam und fand niemanden daheim vor, der ging eben und kam ein andermal wieder. Und ansonsten war jeder Gast immer willkommen.
    Aber keiner, der nachts durchs Fenster stieg. Das wollte Alexander diesem jungen Spund überdeutlich klarmachen. Immerhin war Claudine gerade vor einem halben Jahr siebzehn geworden und Alexanders Tochter, nicht aber willkommene Beute eines hergelaufenen Lüstlings.
    Alexander stürmte ins Wohnzimmer, während Claudine immer noch schrie. Gepolter ertönte aus ihrem Zimmer. Dort wurde gekämpft.
    Alexander riß das Jagdgewehr von der Wand über dem Kamin. Das doppelläufige Ding war geladen, weil seit ein paar Tagen ein Fuchs in der Gegend herumstreunte und mit Gänsen und Hühnern fröhlichen Ringelpitz veranstaltete.
    Alexander brauchte nur den Sicherungsflügel berumzu werfen. Und das tat er.
    Louise tauchte auf dem Korridor auf. »Alexander!« kreischte sie. »Du kannst doch nicht so…«
    Alexander ahnte nicht, daß sie ihn auf den Umstand aufmerksam machen wollte, daß er nur die Pyjamajacke trug. Aber selbst dann wäre es ihm egal gewesen. Mit einem Satz stand er vor Claudines Zimmer, stieß die Tür auf und richtete das Gewehr ins Zimmer.
    »Du verdammter…«
    Das Wort blieb ihm im Hals stecken.
    Fassungslos starrte er die Szene an, die sich ihm bot!
    Claudine wehrte sich nicht mehr, sie wimmerte nur noch. Und sie wurde von einer Gestalt durch das Fenster nach draußen gezerrt. Eine andere Gestalt half schiebend von drinnen nach.
    Aber das waren keine Menschen!
    Oder? Ratten? Menschen mit Rattenköpfen! Und sie entführten Claudine!
    Etwas Fiependes wischte zwischen Alexanders Beinen hindurch. Hinter ihm begann Louise zu kreischen. Irgendwie begriff Alexander, daß es sich um eine große Ratte handeln mußte.
    Da riß er das Gewehr hoch. Claudine war schon draußen, der andere Rattenmann kletterte auf die Fensterbank. Noch einmal zögerte Alexander Piquet. Ein Mensch, der eine jener überall käuflichen Horrormasken trug? Er rief ihn an.
    »Stehenbleiben, oder ich schieße!«
    Der Rattenmann im Fenster drehte den Kopf. Alexander erschrak. Das war keine Maske, so viel erkannte er im Mondlicht. Der Kopf war echt, auch die glühenden Augen!
    Da drückte er ab.
    Beide Läufe nacheinander entleerte er. Die Kugeln rasten aus der Mündung und klatschten in den Körper des Rattenmannes, trieben ihn vorwärts aus dem Fenster.
    Alexander setzte ihm nach.
    Der erste Rattenmann hatte sich Claudine über die Schulter geworfen und jagte in weiten, eigenartigen Sprüngen durch den Garten der angrenzenden Weide zu. Der, den die Kugel getroffen hatte, richtete sich gerade vor dem Fenster wieder auf.
    Das durfte es nicht geben! Unwillkürlich stöhnte Alexander auf. Der Rattenmann war getroffen, er hatte es deutlich gesehen. Dennoch wetzte auch er jetzt davon!
    Fassungslos beugte sich Alexander aus dem Fenster. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung neben sich wahr. Er drehte den Kopf.
    Und starrte direkt in ein glühendes Augenpaar und eine geöffnete Rattenschnauze!
    Im nächsten Moment traf ihn ein mörderischer Schlag.
    ***
    Louise Piquet kreischte auf, als die Ratte aus Claudines Zimmer kam und direkt auf sie zuschoß. Louise besaß eine ausgerprägte Abneigung gegen Mäuse und Ratten. Aber der Schreck lähmte sie förmlich.
    Sie war nicht in der Lage zu fliehen. Dabei war diese Ratte besonders groß, fast so groß wie die
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