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0228 - Ratten-Tanz

0228 - Ratten-Tanz

Titel: 0228 - Ratten-Tanz
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Hauskatze, die wahrscheinlich irgendwo im Dorf herumstreunte.
    Und diese fette Bestie griff an!
    Louise schrie noch lauter, als sich scharfe Zähne in ihrem Bein verbissen. Sie wirbelte herum, wollte laufen und knickte ein. Der Schmerz war teuflisch. Sie schlug nach der Ratte, die losließ und dem Hieb auswich. Fiepend jagte der große Nager davon, wieder zu Claudines Zimmer.
    »Alexander!« wimmerte Louise. Sie wunderte sich, daß die Bißwunde nicht blutete, dabei waren die Zähne tief ins Fleisch gedrungen. Doch kein einziges Tröpfchen des roten Lebenssaftes sickerte hervor!
    »Alexander!«
    Aber Alexander antwortete nicht.
    ***
    Rogier ahnte Unheil, als das Schreien des Mädchens nicht abriß. Er fegte auf das Haus zu, verharrte neben dem geöffneten Fenster. Da kamen die anderen heraus. Vorweg Herve, der das Mädchen mit sich zerrte. Rogier erhaschte einen kurzen Blick auf die schlanke, zappelnde Gestalt mit der hellen, weichen Haut, und das Wasser lief ihm im Maul zusammen. Dann wurde Alphonse von zwei Gewehrkugeln förmlich aus dem Fenster nach draußen gehämmert. Er raffte sich wieder auf und torkelte, sicherer und schneller werdend, davon.
    Der Schütze sah aus dem Fenster.
    Rogier wußte, daß es keine Zeugen geben durfte. Ursprünglich sollte alles blitzschnell und lautlos ablaufen. Niemand durfte bemerkem, wer das Mädchen entführte. Aber das Mädchen hatte geschrien und die Eltern geweckt.
    Rogier schlug zu, als der Mann ihn ansah. Etwas knackte, dann sank Alexander Piquet über der Fensterbank zusammen. Rogier wollte über den Toten hinweg ins Zimmer turnen, als die fette Ratte ihm fast ins spitze Gesicht sprang.
    Eine schnelle Folge abgehackter Pfeiflaute erklang. Was keinem Menschen gelungen wäre, gelang Rogier völlig natürlich; er verstand, was die Ratte ihm zurief.
    Keine Gefahr mehr! Sie weiß nichts. Sie trägt den Keim.
    Rogier nickte. Der Mann mit dem Rattenkopf fuhr wieder herum und rannte davon. Ein Pfeiflaut rief Pierre aus dem Versteck. Die fette Ratte hielt mühelos mit den großen Rattenmenschen Schritt.
    Dann nahm die Nacht sie auf.
    ***
    Mühsam raffte sich Louise auf. Ihr Bein brannte teuflisch. Und das Brennen pflanzte sich fort, wanderte die Adern hinauf zum Körper. Sie taumelte. Wo blieb Alexander? Warum antwortete er nicht? Was war geschehen?
    Sie humpelte zur Tür von Claudines Zimmer. Direkt davor blieb sie stehen. War es nicht besser, sofort einen Arzt anzurufen? Aber was war mit Alexander? Nach den Schüssen blieb es unheimlich still!
    Louise sah durch die Tür.
    Sie schrie auf: »Alexander!«
    Alexander lag über die Fensterbank nach draußen gebeugt. Louise humpelte auf ihn zu, während das Brennen in ihrem Bein über das Knie weiter nach oben wanderte.
    Ein Blick auf das Bett. Zerwühlt, leer! Wo war Claudine? Entführt? Warum? Die Piquets waren nicht reich, daß man hohe Lösegelder erpressen konnte. Sie besaßen auch keine Feinde. Es gab keinen vernünftigen Grund für einen Überfall.
    Und was war mit Alexander?
    Warum rührte er sich nicht?
    Louise dachte nicht weiter. Eine grenzenlose Leere breitete sich in ihr aus. Sie tappte zu dem reglosen Mann hinüber, stolperte fast über das Gewehr auf dem Teppich. Dann hatte sie ihn erreicht, packte zu und zerrte ihn hoch. Einmal knickte sie ein, weil das verletzte Bein nachgeben wollte. Sie stöhnte, keuchte und zerrte Alexander ins Innere des Zimmers. Da lag er mit ausgebreiteten Armen, das Gesicht verzerrt.
    Sie sah es an.
    Sie brauchte nicht mehr nach dem Pulsschlag zu tasten, um zu wissen, daß ihr Mann tot war.
    Ihr Verstand setzte aus und kehrte niemals wieder.
    ***
    Claudine wußte jetzt, daß es wirklich kein Alptraum war. Ein Alptraum ängstigte nur; die Gegner verfolgen einen, erreichen einen aber nie völlig. Doch hier schlug das absolute Grauen zu.
    Sie sah nicht mehr, was mit ihrem Vater geschah. Sie sah nur um sich herum wirbelnde Schatten, wurde davongezerrt, durch die Nacht getragen. Hinaus auf die Weide…
    Jetzt waren es insgesamt vier Rattenmenschen. Und da war auch die andere, die echte Ratte wieder, die so unwahrscheinlich groß und fett war. Sie pfiff ständig.
    Plötzlich wurde Claudine auf die Füße gestellt, bekam aber keine Chance zur Flucht. Vor ihr im Mondlicht stand ein großer Geländewagen mitten auf der Wiese. Man zerrte das Mädchen hinein. Zwei der Rattenmänner nahmen rechts und links von ihr Platz, die anderen setzten sich auf die Vordersitze. Türen schlugen zu, der Motor brüllte
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