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0228 - Ratten-Tanz

0228 - Ratten-Tanz

Titel: 0228 - Ratten-Tanz
Autoren: Werner Kurt Giesa
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auch, und damit war der Hauptteil der Vorstellung beendet.
    Jules bedauerte, daß der Straßenkreuzer fort war. Er hätte ihn gern aus der Nähe bestaunt. Als jene gewaltigen Dinosaurier gebaut wurden, war er selbst noch gar nicht auf der Welt, und diese Wagen besaßen für ihn etwas Ehrfurchtgebietendes. Aber er hatte leider nur durch das Fenster spähen können, weil er da gerade Kommissar Maidonnes zum zweiten Mal erzählte, wie er auf den Toten und die Irre stieß.
    Er bedauerte den Schicksalsschlag, der die Piqeuts getroffen hatte. Womit hatten sie das verdient? Welches grausame Gehirn hatte sich so etwas ausgebrütet?
    Und Claudine? Was war mit Claudine geschehen? War sie wirklich nur entführt worden? Warum? Was wollten die Entführer damit erreichen?
    Er stieg gerade in die Pedalen, als er hinter dem Zaun im Vorgarten der Piquets etwas sah, was seine Aufmerksamkeit erregte.
    Ratten!
    Ratten, die sich ohne Scheu am hellen Tag in offenem Gelände tummelten! Aber Ratten, die fast so groß wie kleine Hunde waren!
    »Das gibt’s nicht«, murmelte Jules und entsann sich der lallenden Behauptung Madame Piquets, Ratten hätten Claudine entführt.
    Kein Wunder, wenn sie im Wahn von Ratten sprach. Bei der Größe, die diese Biester besaßen…
    Aber als Jules zum zweiten Mal hinsah, konnte er von den fetten Riesenratten keine einzige mehr entdecken.
    »Ich träume doch nicht!« knurrte er, stellte das Fahrrad wieder ab und stieg über den Zaun, ohne den Drei-Meter-Umweg durch die Pforte zu benutzen.
    Jetzt wollte er wissen, ob er wirklich Riesenratten gesehen hatte!
    ***
    Zamorra unterdrückte eine Verwünschung, streckte den Arm aus und zog Nicole zu sich hinauf. Er sah in die Runde.
    Die riesigen Ratten waren überall, und sie rückten auf.
    »Das ist doch nicht normal«, stieß Nicole kurzatmig hervor.
    Sie gehörte nicht gerade zu den furchtsamen Typen, die vor einer Maus die Flucht ergreifen. Aber es ist etwas völlig anderes, unversehens auf offenem Gelände von einem Rattenrudel eingekreist zu sein, von dem jedes einzelne Tier groß wie ein kleiner Hund ist…
    Die Übergröße war nicht weniger überraschend und merkwürdig als die Tatsache, die Tiere hier am Strand vorzufinden. Und sie griffen grundlos an!
    Zamorra ging blitzschnell die Möglichkeiten durch, die es für dieses Geschehen gab. Die zunehmende Umweltverschmutzung, Einstrahlungen durch Kernkraftwerke oder wer weiß was mochten das Wachstum der Tiere beeinflußt haben. Vielleicht waren sie auch aus einem Forschungslabor entwichen, und die mutierten Ratten vermehrten sich zu einem solchen Rudel…
    Die letzte Möglichkeit, und dazu eine, die er nur ungern wahrhaben wollte, war die Einwirkung Schwarzer Magie.
    Kaum gedacht, flogen seine Hände zur Brust. Unter dem ärmellosen weißen Hemd trug er das Amulett des Leonardo de Montagne, seines vor neunhundert Jahren lebenden Ahnherrn.
    Die Knöpfe flogen nach rechts und links, als Zamorra das Amulett freilegte. Die handtellergroße Silberscheibe glänzte im Licht der Morgensonne auf. Der Drudenfuß im Zentrum, die zwölf Tierkeiszeichen-Symbole und die unübersetzbaren seltsamen Hieroglyphen im äußeren Band blinkten auf. Aber das war alles.
    Das zauberkräftige Amulett reagierte nicht auf die Ratten!
    Tief atmete Zamorra durch. Wenn es sich um dämonische oder schwarzmagische Kreaturen handelte, mußte das Amulett sich erwärmen oder vibrieren. Aber es zeigte nichts an. Absolut nichts!
    Also normale Riesenratten…
    Immer näher kamen sie, von allen Seiten. Die Zähne gebleckt, die massigen, fetten Körper zum Angriffssprung geduckt.
    »Zum Wagen«, murmelte Zamorra. »Ich schaufele den Weg frei!«
    Nicole nickte. Mißtrauisch sah sie immer wieder in die gefährliche Runde.
    »Jetzt!« zischte Zamorra und sprang vorwärts. Die Ratten wurden von dem Ausbruch überrascht. Zamorra trat zu und wirbelte drei, vier Ratten aus dem Weg. Sie waren schwer und massig. Dann war er durch, und Nicole folgte ihm auf dem Fuß.
    Jetzt fuhren die Ratten herum, setzten nach.
    Die beiden Menschen rannten über die Wiese, über die Straße und zum Wagen. Sekundenlang schoß in Zamorra die Befürchtung wie eine Stichflamme empor, daß Ratten inzwischen auch im offenen Wagen kauern konnten. Aber dann machte er einen Satz über die geschlossene Fahrertür ins Innere und fand das Fahrzeug leer.
    Nicole schwang sich hinter ihm in den Fond.
    Zamorra drückte den Startknopf. Der gepflegte Oldtimer sprang sofort summend an. Der
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