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022 - Die wandelnde Tote

022 - Die wandelnde Tote

Titel: 022 - Die wandelnde Tote
Autoren: Bernd Frenz
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Bühnenrand abstießen und direkt in die Zuschauermenge sprangen.
    Entsetzt spritzte das Publikum zur Seite.
    Federnd landeten Aruula und Navok in der schmalen Gasse, die sich vor ihnen gebildet hatte. Ehe die herbei eilenden Wachen reagieren konnten, tauchten sie schon in die Reihen der Marktbesucher ein. Die Menschenmenge hinderte die Wachen daran, ihnen die Spieße hinterher zu schleudern.
    Die blutverschmierte Klinge in Aruulas Händen ließ die Gaffer genau so zurückweichen wie Navoks vertrockneter Nosfera-Schädel, der unter der Kapuze hervor lugte. Keiner der Gaffer wollte persönlich in diesen Konflikt ein- greifen. Nicht nachdem drei Männer vor ihren Augen gestorben waren.
    Aruula und Navok hetzten durch die schmale Gasse, die sich vor ihnen wie von Zauberhand bildete. Keuchend rannten sie in Richtung Hafen, um dann plötzlich nach rechts ins Fischerviertel abzubiegen.
    Ehe die Stadtwachen heran waren, tauchten sie zwischen zwei weiß gekalkten Häusern ab, um im Gewirr der Gassen zu verschwinden.
    ***
    Solan blickte gelangweilt auf den Monitor. Auf dem mattem Flatscreen zeichnete sich eine Straße ab, die von grün überwucherten Ruinen gesäumt wurde. Die Kamera übertrug ihre Bil- der aus der Fußgängerperspektive, so dass es für den jungen Wissenschaftler so wirkte, als würde er selbst durch das unbewohnte Viertel von Plymouth schreiten.
    Eigentlich verstieß es gegen alle Si- cherheitsbestimmungen einer Außenmission, den Trabanten durch die Stadt zu lenken, aber das war Solan egal. Er hatte einfach keine Lust, stundenlang auf ödes Gestrüpp und nackte Felsen zu starren, nur um die Steuerung abzugeben, wenn es endlich interessant wurde.
    Unruhig trommelte er mit seinen filigranen Fingern auf der Tischplatte herum. Er hatte gehofft, dass es in Plymouth etwas Interessantes zu sehen gäbe. Ein brennendes Haus, eine Prügelei oder eine Sklavenversteigerung. Aber bisher gab es nur öde Häuserschluchten und die entsetzten Gesichter einiger Schrottsammler, die nach Überresten der untergegangenen Zivilisation suchten. Die Straßenzüge und Gebäude waren schon von Metallen aller Art gesäubert worden, aber es gab immer noch gemauerte Häuser, deren Backsteine sich hervorragend als Baumaterial eigneten.
    Jedesmal wenn der Trabant einem dieser mit Hammer, Meißel und Steinsäcken beladenen Gestalten begegnete, zogen sich die Leichenfledderer entsetzt zurück. Keiner von ihnen schien Lust zu verspüren, einen Angriff oder etwas ähnlich Aufregendes zu wagen. Offensichtlich war Plymouth genau so langweilig wie die Community selbst.
    Vielleicht musste der Trabant weiter in den bewohnten Stadtkern vordringen, um etwas Interessantes zu entdecken?
    Solan warf einen Blick auf den Chronometer.
    12:28. Er hatte noch gut drei Stunden, bis ihn Helen Askin, seine Vorgesetzte an der Konsole ablöste. Zeit genug, ein Abenteuer zu erleben und rechtzeitig den Eingang von Subplymouth II zu erreichen…
    »Die nächste Abzweigung rechts«, befahl er spontan.
    Solan hatte es sich angewöhnt, seine Anweisungen laut auszusprechen, obwohl das nicht nötig war. Die Steuerkonsole war mit seinem neuralen Netz verbunden, sodass er jede gewünschte Bewegung des Trabanten nur denken brauchte. Ab und zu musste er aber den Klang einer menschlichen Stimme hören, sonst wurde er wahnsinnig in diesem kleinen Kabuff. Die Räumlichkeiten in Subplymouth I waren sehr begrenzt. Deshalb war die AfA, die Abteilung für Außenmissionen in einem schmalen Lagerraum untergebracht worden, der bis unter die Decke mit technischen Geräten vollgestopft war. Hier gab es kein Fenster zu einem Nebenlabor oder zur Promenade, wo er wenigstens ein paar andere Wissenschaftler hätte sehen können.
    Solan verspürte seit seiner Kindheit ein andauerndes Gefühl der Beklemmung. Ein Leiden, das er mit vielen Technos teilte.
    Klaustrophobie - die Angst vor geschlossenen Räumen.
    Der Wunsch nach Bewegungsfreiheit war so fest im Menschen verankert, dass er auch nicht durch fünfhundert Jahre Bunkerleben ausgelöscht werden konnte. Es hatte schon wissenschaftliche Überlegungen gegeben, den genetischen Code der Neugeborenen von dieser Sehnsucht zu befreien - doch bisher waren alle Versuche fehlgeschlagen. Der natürliche Selbsterhaltungstrieb schien sich gegen diese Manipulation zu wehren.
    Viele Bewohner der Community waren trotzdem mit ihrer Situation zufrieden. Sie verwiesen auf die virtuellen Landschaften, die es auf der Promenade und in den Privaträumen zu
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