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0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer

0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer

Titel: 0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer
Autoren: Acht Kugeln für das dritte Opfer
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Ich hing mit den Fingerspitzen rechts und links auf einem scharfkantigem Metallstück, und mein Körper baumelte leise hin und her. Unter mir waren ja nur vierzig Meter. Wie sollte ich da nicht gut hängen?
    »Das kommt davon, wenn man zu neugierig ist, G-man!« sagte der Kerl. »Sie werden gleich vierzig Meter tief hinabstürzen. Ich glaube kaum, daß sie unten noch mit heilen Knochen ankommen. Aus einer solchen Höhe dürfte jede Wasseroberfläche wie eine Betonmauer wirken durch die Oberflächenspannung, die Wasser bekanntlich hat. Aber selbst wenn Sie vom Aufprall nicht tot sein sollten, werden Sie doch sterben. Denn Sie werden mit Sicherheit so viel Knochen brechen, daß an Schwimmen nicht mehr zu denken ist. Also werden Sie ertrinken.«
    »Sie sind ein verdammter Idiot!« keuchte ich, während mir der Angstschweiß über die Stirn, Wangen und Hals lief. »Glauben Sie, daß Sie ungestraft einen G-man umbringen können?«
    Ich fühlte, daß meine Finger langsam lahm wurden. Lange würde ich mich nicht halten können. Selbst wenn ich anfing, um Hilfe zu rufen, würde es viel zu lange dauern, bis die Kollegen vom Ufer her bis hier heraufgekommen waren. So lange hielt ich es bestimmt nicht aus.
    Meine einzige Chance war, daß ich ihn dazu überreden konnte, mich heraufzuziehen. Aber dazu hätte ich Engelszungen haben müssen. Natürlich versuchte ich es.
    »Geben Sie sich keine Mühe, G-man«, sagte er. »Sie werden jetzt mit der linken Hand loslassen. Und danach mit der rechten.«
    »Einen Dreck werde ich«, krächzte ich.
    »O doch!« sagte er.
    Und dann trat er mir mit dem Absatz auf die Finger der linken Hand.
    Ich ließ los. Ich hätte auch losgelassen, wenn ich hundert oder fünfhundert Meter Tiefe unter mir gehabt hätte.
    Und ich wußte im selben Augenblick, als ich nur noch an meiner rechten Hand hing, daß ich auch rechts loslassen würde, sobald er mir auf die rechten Finger trat. Diesen Schmerz konnte kein Mensch aushalten, ohne loszulassen.
    Da hörte ich jemand nach mir rufen. Einen Sekundenbruchteil dachte ich, ich litte an einer Halluzination, Aber dann wußte ich, daß Phil in der Nähe war. Phil! Mein guter alter Phil! Jetzt war alles gut. Wenn Phil da war, würde ich nicht hinabstürzen.
    Der Tritt auf die Finger der rechten Hand blieb aus. Ich biß die Zähne zusammen und sagte laut vor mich hin:
    »Nur noch einen Augenblick, alter Junge! Nur noch einen einzigen Augenblick! Phil ist ja da! Nur noch einen Augenblick!«
    Irgendwie brachte ich es fertig, die linke Hand wieder hochzukriegen. Ich hatte fast' kein Gefühl in den Fingern, aber ich konnte doch meine Rechte ein wenig entlasten.
    Aber Phil kam und kam nicht. Ich spürte, wie meine Arme von den Fingerspitzen her jedes Gefühl verloren. Und in der letzten Panik, die mein Herz umkrampfte, schrie ich einfach um Hilfe. Ich, der G-man Jerry Cotton, schrie um Hilfe wie eine geängstigte Frau oder ein kleines Kind. Und ich schrie mit aller Kraft, die meinen Lungen noch zur Verfügung stand.
    Ich weiß nicht mehr, wie es im einzelnen zuging. Irgendwann hatte ich das Gefühl, daß meine Handgelenke von festen Händen eisern umklammert wurden. Es war mir, als würde ich hochgehoben, aber ich war nicht einmal sicher, ob es nicht das Gegenteil war, ob ich nicht stürzte.
    ***
    Phil stürzte vorwärts. In seinen Ohren gellte mein Hilferuf. Hinter ihm kamen die Schritte des Priesters klappernd über die Metallplatten.
    Das kommt von unten! schoß Phil blitzartig die Erkenntnis von der Herkunft meines Hilferufs durch den Kopf. Er beugte sich weit vor und lief langsamer weiter. Das Feuer drüben im Speicher warf bereits so viel Licht herüber, daß Phil halbwegs sehen konnte.
    Wäre das Feuer nicht gewesen, wäre Phil vielleicht genauso gestürzt wie ich. So aber sah er vor sich die Öffnung. Tief unten das Wasser, das rötlich zuckend die Flammen widerspiegelte. Und meine Gestalt, die in die Tiefe hinabhing und leicht hin und her baumelte.
    Phil kniete breitbeinig nieder und beugte sich vor. Er legte seine Hände um meine Handgelenke, ließ wieder los, setzte sich, stemmte die Füße gegen das entgegengesetzte Ende des viereckigen Ausschnitts, legte abermals seine Hände mit eisernem Griff um meine Handgelenke und zog, während er zugleich die Beine kräftig gegen den Träger stemmte.
    Seine Schläfenadern schwollen an. Aber zentimeterweise bekam er mich hoch. Als mein Kopf schon in der Öffnung auftauchte, bekam Phil einen harten Tritt in den Rücken. Er
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