Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

Titel: 0204 - Vorm Frühstück eine Kugel
Autoren: Vorm Frühstück eine Kugel
Vom Netzwerk:
versahen, fuhren mit dem Lift hinab und gingen nach Hause.
    Am nächsten Morgen suchten wir Wolfe Sterne auf.
    Das war ein Männchen, das uns knapp bis zu den Schultern reichte. Sterne mochte sechzig Jahre alt sein unql hatte eine Platte, so blank wie ein silbernes Tablett im Waldorf. Auf der Nasenspitze hockte verwegen das Gestell einer dunklen Hornbrille mit kreisrunden, viel zu großen Gläsern. Alles in allem sah Sterne ein bißchen vertrottelt aus. Dabei war er weit und breit der sachkundigste Mann des Steuerfahndungsdienstes.
    »Ach, ihr seid’s«, sagte er, indem er mit tief gesenktem Kopfe über den obersten Rand seiner Wagenräder hinwegschielte. »Setzt euch. Was gibt es? Soll ich euch ein paar Tips geben, wie man Steuern einsparen kann?«
    »Ich glaube kaum, daß es bei uns viele Möglichkeiten in dieser Hinsicht gibt«, lachte ich. »Wie Sie ja wissen, sind wir Gehaltsempfänger.«
    »Ach ja, richtig. Nun, was habt ihr sonst auf dem Herzen?«
    »Wir möchten Sie um einen Gefallen bitten, Sterne.«
    »Okay, schießt los. Hundert kann ich jedem pumpen. Mehr habe ich nicht.« Wir lachten und erklärten ihm, daß wir uns kein Geld leihen wollten. Er zuckte gleichmütig die Achseln. Außer seinen Denksportaufgaben, frisierte Bilanzen, falsche Buchführungen und ähnliches schonungslos ans Licht zu bringen, gab es für ihn kaum interessante Dinge. Boshafte Kollegen hatten sogar schon den Vorschlag gemacht, dem alten Sterne ein Feldbett ins Office zu stellen. Seine Arbeit wurde ihm nie zuviel.
    »No, Sterne«, sagte ich. »Wir möchten nur eine kleine Auskunft, die Sie uns sicher verschaffen können.«
    »Über wen?«
    »Über einen gewissen Lindner, Robert Lindner. Er soll Geschäftsführer von sechs Lokalen der Reynold-Kette sein.«
    »Lindner? Augenblick, das werden wir gleich haben.«
    Sterne fing an, im Hause der Steuerfahndung herumzutelefonieren. Es dauerte ungefähr zehn Minuten, dannn erschien ein jüngerer Mann von der Steuerfahndung und reichte uns eine Liste, auf der die Adressen jener sechs Lokale vermerkt waren, die Reynold von Lindner führen ließ.
    »Vielen Dank, Sterne«, sagte ich. »Wenn Sie uns mal wieder brauchen, lassen Sie es uns wissen.«
    »Darauf, könnt ihr Gift nehmen«, nickte der Alte und senkte schon den Kopf wieder über das vor ihm liegende dicke Buch.
    Im Distriktgebäude suchten wir uns sechs G.-men zusammen, die irgendwann im Laufe des Tages wegen anderer Sachen in die Nähe der sechs Lokale kommen würden. Wir gaben jedem einzelnen genaue Instruktionen und verteilten sechs wasserdichte Beutel, die wir besorgt hatten.
    »Es besteht der Verdacht«, erklärte ich ihnen, »daß in jedem dieser Lokale illegal gebrannter Whisky ausgeschenkt wird. Eure Aufgabe ist es, unbemerkt den Inhalt eines Whiskyglases in diesen wasserdichten Beutel zu kippen und uns mitzubringen. Sollte das unauffällig nicht zu machen sein, so laßt es lieber bleiben, als daß ihr riskiert, damit aufzufallen. Wir wollen die Burschen nicht warnen. Und jetzt: viel Glück!«
    Die Kollegen schwirrten ab.
    Phil und ich waren den ganzen Tag über mit anderen Aufgaben ausreichend beschäftigt. Erst am späten Nachmittag, es war sogar schon kurz nach Schluß der offiziellen Bürozeit, sahen wir uns im Büro wieder.
    »Gut, daß du kommst«, begrüßte mich Phil, als ich von einer Routine-Aufgabe im Außendienst zurückkam. »Mit einer Ausnahme liegen uns jetzt die Resultate aller Kneipen vor, die unter Lindners Regie arbeiten.«
    »Und wie ist das Ergebnis?« fragte ich gespannt.
    Phil breitete die Arme aus.
    »Ich weiß es noch nicht. Die Beutel sind schon oben im Labor. Auch deiner von gestern abend. Von der Kneipe in der 182. haben wir jetzt gleich zwei Proben, unabhängig voneinander. Deine von gestern abend und die des Kollegen, der heute in der Bar war.«
    Um halb sieben kam der letz'te Kollege zurück. Seine eigentliche Aufgabe hatte ihm keine Zeit gelassen, auch unseren Wunsch nebenher noch mit auszuführen.
    »Macht nichts«, versicherten wir ihm, als er sich entschuldigte. »Dann versuch is in den nächsten Tagen. Es eilt nicht unbedingt.«
    Er war damit zufrieden. Zehn Minuten später bekamen wir einen Anruf aus unserem Labor. Das Ergebnis war eindeutig: Nicht eine Probe hatte echten Bourbon-Whisky enthalten, obgleich jeder als solcher serviert worden war.
    »Sie betreiben das Geschäft also im großen Stil, wenn sie alle sechs Kneipen mit ihrem Sprit versorgen«, sagte ich nachdenklich. »Ich zweifle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher