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0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

Titel: 0204 - Vorm Frühstück eine Kugel
Autoren: Vorm Frühstück eine Kugel
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Leben keinen Cent mehr. Letztens hat man doch drüben in Brooklyn so eine illegale Schnapsbrennerei ausgehoben. Kannst du dich noch erinnern, wieviel Alkohol die Brüder täglich herstellen konnten?«
    »Wenn sie mit voller Kapazität arbeiteten, konnten sie bis zu 3000 Tonnen täglich produzieren.«
    »Da hast du’s!« seufzte ich »Das ist das ganz große Geschäft. Die Gewinne gehen in die Zehntausende. Ein Menschenleben spielt dann für sie keine große Rolle mehr.«
    »Leider hast du recht«, gab Phil ernst zu. »Was tun wir jetzt?«
    »Wir können überhaupt nur eins tun, und das ist: die Höhle des Löwen aufsuchen. Wir werden einzeln hineingehen. Diese Burschen dort wissen bestimmt, daß G.-men fast immer zu zweit aufkreuzen.«
    »Okay. Ich bin gespannt, wie der Whisky schmeckt.«
    »Ich auch Aber das bringt mich auf einen Gedanken.«
    Ich hielt vor dem nächsten Warenhaus. Da heute Donnerstag war, hatte es bis neun Uhr abends, geöffnet. Wir gingen in die Sportabteilung und kauften am Stand für Camping- und Bootsausrüstungen einen kleinen wasserdichten Beutel.
    Gegen acht betraten wir in Abständen von etwa fünf Minuten nacheinander Reynolds Bar.
    Phil stellte sich an die Theke, ich setzte mich ganz hinten in eine Ecke, wo ein Platz frei war. Nachdem ich bestellt hatte, nahm ich mir eine Zeitung und hielt sie so, daß ich dahinter fast völlig versteckt war.
    Mein Whisky wurde gebracht. In einem unbewachten Augenblick kippte ich das Zeug in den wasserdichten Beutel und band diesen an meinem Gürtel fest. Danach bestellte ich einen zweiten Whisky.
    Nach einer halben Stunde wußten wir, daß Combers nicht anwesend sein konnte. Der Kellner, der servierte, war eine zwielichtige, finstere Type und wurde von den Stammgästen mit Joe oder mit dem Familiennamen Smither angeredet. Der Kerl hinter der Theke wurde Sam genannt und konnte also der in Combers Brief erwähnte Sam Lieser sein. Von Combers war weit und breit nichts zu sehen.
    Phil ging als erster. Ich wartete fast zehn Minuten, dann verließ auch ich das Lokal.
    »Was meinst du?« fragte ich Phil, als wir mit dem Jaguar langsam durch die abendlich belebten Straßen fuhren.
    »Schwer zu sagen. Das Zeug schmeckt mir nicht besonders, aber ich könnte nicht sagen, ob es echter Bourbon war oder nicht. Mir fehlt ein Schluck Bourbon zum Vergleich.«
    »Den Vergleich werden wir bald haben«, sagte ich und fuhr auf den nächsten Parkplatz.
    In der nächsten Kneipe — sie gehörte nicht Reynold — kauften wir zwei Whisky. Phil trank seinen aus. In sein leeres Glas goß ich unauffällig ein wenig von dem Zeug aus dem wasserdichten Beutel. Jetzt konnten wir vergleichen.
    Eine halbe Minute später stand das Resultat fest.
    »Nein«, sagte Phil entschieden. »Das Zeug von vorhin war nie im Leben richtiger Bourbon. Damit hat sich Combers’ Verdacht also bestätigt.«
    »Was wiederum bedeutet«, sagte ich, »daß Combers selber in Gefahr ist. Wenn nicht gar…« Ich sprach den Satz nicht zu Ende. Aber ich dachte an die alte Dame, die Combers' Mutter war.
    ***
    »Das ist er«, seufzte Phil und schob mir eine Karteikarte hin.
    Ich sah mir die Karte an. Außer dem dreigeteilten Fotostreifen, der das Gesicht von vorn, im Profil und im Halbprofil zeigte, war die Karte mit folgendem Text versehen:
    LIESER, Sam, genannt »Kentucky-Sam«, US-Bürger, Rasse weiß, geboren am 12. Dezember 1912 in Pine Grove, Kentucky.
    Ich drehte die Karte um, um mir seinen »Criminal Record«, seine Vorstrafenliste, anzusehen, sie gab nicht viel her, war aber im Hinblick auf unseren Fall recht aufschlußreich.
    Lieser hatte in Kentucky zu jenen sogenannten »Moonshine-Boys«, zu den Mondscheiriboys, gehört, die ihren romantischen Namen in ihrer nächtlichen Tätigkeit erhalten haben. Noch heute verschwindet in Kentucky ein gut Teil der männlichen Einwohner nachts in den Bergen und Wäldern, um in raffiniert angelegten Verstecken illegal Whisky zu brennen. Lieser war mehrfach vorbestraft.
    »Einschlägig ’'vorbestraft«, murmelte ich und gab Phil die Karte zurück. »Für den kriegen wir sofort einen Haftbefehl, wenn wir einen beantragen. Wie sieht’s mit diesem Lindner aus?«
    Phil zuckte die Achseln.
    »Ich habe vier Lindner in der Kartei gefunden. Aber es kann eigentlich keiner von denen in Frage kommen. Für heute können wir nichts mehr tun, und ich bin weidlich müde, also komm. Morgen ist auch noch ein Tag.«
    Wir verabschiedeten uns von den Kollegen, die im Archiv den Nachtdienst
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