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0203 - Die Geisterfrau

0203 - Die Geisterfrau

Titel: 0203 - Die Geisterfrau
Autoren: Werner Kurt Giesa
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allgemeinverständlich ausdrücken.«
    Zamorra nickte und legte einen Arm um Nicoles wohlgerundete Schultern, die sich, mit Rollschuhen bekleidet, neben ihm auf das Sofa drängte.
    »Einen Teil habe ich aus den Gedanken der Lady erfahren…, nachdem sie den Verstand verlor. Genauer gesagt: aus den Gedanken einer Frau, deren Bewußtsein jetzt in der leeren Hülle der Lady wohnt und ebenfalls zerbrochen ist.«
    Nicole erschauerte leicht bei seinen Worten.
    »Du als Historiker«, sprach Zamorra Bill wieder an, »müßtest wissen, daß Uther Pendragon einen Sohn namens Artus hatte. Aber nicht den allein, sondern er erlaubte sich auch einen unbemerkten Fehltritt. Aber aus mir unbekannten Gründen kümmerte er sich nicht um seinen unehelichen Sohn. Als die Mutter starb, verfluchte sie Pendragon und alle seines Geschlechtes, daß sie niemals mehr zu der Macht finden sollten, die ihnen gebührt. Sie verfluchte sogar ihren eigenen Sohn, Uthers Sohn, den sie niemals gewollt hatte. Und als Artus starb, hätte dieser Junge sein Erbe übernommen – wenn Uther ihn zu Lebzeiten jemals anerkannt hätte. Das geschah aber nicht. Die Generationen kamen und vergingen. Söhne und Enkel lebten auf Pendrake Castle, aber sie kamen nie zu der Macht, die ihnen eigentlich gebührt hätte. Zu Merlins magischer Macht, für den Sohn des Pendragon geschaffen. Und ich glaube, selbst Merlin hat vor dem Fluch der unglücklichen Mutter kapituliert. Jeder Fluch fällt aber als Schatten auch auf den zurück, der ihn ausspricht. Die Seele der Frau war dazu verdammt, dafür zu sorgen, daß ihr Fluch erfüllt wurde. Er gipfelte darin, daß keiner in der Erbfolge der Pendragons von seiner Abstammung erfahren durfte, weil ihn dann die Magie erfüllte. Das war die Passage im ›Erbe des Drachenkönigs‹, die ich übersehen hatte. Du kanntest sie?«
    »Soweit hatte auch ich nicht gelesen«, gestand Bill.
    »Winston muß etwas geahnt haben. Deshalb beauftragte er dich mit den Nachforschungen«, fuhr Zamorra fort. »Und der Geist der unglücklichen Frau, der die Pendrakes jahrhundertelang begleitete, witterte die Gefahr und begann, dich mit Spukerscheinungen zu irritieren, um dich zum Verschwinden zu veranlassen. Als du aber nicht verschwandest, sondern mich um Hilfe batest, wurde es kritisch, und das Gespenst griff zu rabiateren Mitteln. Aber das hat ihm alles doch nichts geholfen. Und um ein Haar wäre Winston doch noch an das Erbe der Pendragon-Magie gekommen. Aber Patrick, dieser Unglücksrabe, den Mylady sich als Vollstrecker herangezogen und mit ihrem eigenen Bann belegt hatte, mußte den Fluch erfüllen und den Letzten aus dem Pendragon-Geschlecht erschießen, ehe er die Macht, die er besaß, benutzen konnte.«
    »Das ist es, was ich nicht ganz begreife«, sagte Bill. »Es müssen doch mehrere Geister gewesen sein.«
    »Mylady spukte nicht selbst – sie ließ spuken. Der Geist der Geliebten Uthers konnte sich aufteilen und besaß Beatrice nur zum Teil. Ebenso war Patrick einer ihrer Teile, und die Phänomene, die wir beobachten konnten, waren so etwas wie Projektionen ihres Geistes. Erst als der letzte Pendrake starb – es gibt keine Kinder –, war ihr weiteres Dasein als ruheloser Geist überflüssig, und als Lady Beatrice den Verstand verlor unter der Belastung, schlüpfte sie in deren Körper und füllte ihn restlos aus. Und da wird sie nun bleiben, bis in ein paar Jahren Beatrice das Ende ihrer normalen Lebensspanne erreicht hat und stirbt.«
    »Dann wissen wir ja jetzt alles«, sagte Nicole leise und kuschelte sich an Zamorra.
    Nein, dachte er und küßte sie auf den Mund, wir wissen noch nicht alles. Ich weiß nichts über die Magie, die Merlin für Pendragons Sohn – gleichgültig, ob Artus oder einen hypothetischen Nachfolger – schuf. Aber eines Tages werde ich es erfahren. Und wenn ich dazu in die Vergangenheit reisen muß!
    »Bei Merlins Bart«, murmelte er und schloß Nicole noch enger in seine Arme. »Eines Tages…«
    ENDE
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