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0203 - Die Geisterfrau

0203 - Die Geisterfrau

Titel: 0203 - Die Geisterfrau
Autoren: Werner Kurt Giesa
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war der Tanga nicht viel größer als eine Franc-Münze, kostete aber mindestens das Zweihundertfache. »Du solltest nackt baden«, empfahl er. »Das schont meinen Geldbeutel und fällt bei dir ohnehin kaum auf.«
    »Wüstling«, kommentierte sie. »Dabei wollte ich dir nur sagen, daß ich wieder da bin. Möchtest du den Tanga sehen?«
    Zamorra warf einen Blick auf seinen Schreibtisch, seine handschriftlichen Notizen und das Diktiergerät. Dann aber nickte er.
    »Na schön, Feierabend für heute«, erklärte er. »Machen wir es uns am Pool gemütlich!«
    Nicole federte wieder aus dem Sessel hoch und rollte vor ihm her aus dem Zimmer. Draußen auf dem Korridor erfuhr Zamorra des Rätsels Lösung, weshalb Nicole mit der Geräuschentwicklung eines Kampfpanzers aufgetaucht war. Sie mußte Raffael, den alten Diener, dazu überredet haben, den Teppich aufzunehmen, um freie Rollbahn zu haben.
    Dumpf dröhnend rollte sie ihrer Zimmerflucht entgegen. Zamorra folgte ihr mit langsamen Schritten und äußerst intensiv den Kopf schüttelnd.
    Rollschuhe im Château Montagne!
    Wahrhaft einmalig.
    ***
    In Pendrake Castle herrschten die Ruhe und Gediegenheit, die man von einem Schloß des britischen Hochadels erwartete. Bis hierher war die Hektik der modernen Zeit noch nicht vorgestoßen. Einziges Zugeständnis an moderne Zeiten war der Fernsprecher in der großen Halle, aber der gehörte auch noch zu den vorsintflutlichen Exemplaren seiner Art. Vermutlich, überlegte Bill Fleming mit heimlicher Belustigung, waren Buschtrommeln zuverlässiger als dieses uralte Gerät, das noch mit einer Kurbel versehen war, um die Vermittlungsstelle anzurufen.
    Bill Fleming genoß die Ruhe. Was er vermißte, waren der fernbediente Farbfernseher und Kaffee, der so stark war, daß der Löffel erst gar nicht hineinging. Aber Kaffee gab es in Pendrake Castle nicht, dafür aber Tee, der abscheulich schmeckte. Daß er nach einem siebenhundert Jahre alten Rezept hergestellt worden war, konnte den blonden Amerikaner auch nicht versöhnen.
    Es war teatime.
    Geräuschlos, zurückhaltend und überaus vornehm wanderte Patrick, der Butler, durch den Raum. Nein, er stolzierte! Vornehmer, zurückhaltender und geräuschloser konnte sich der Butler, der Ihrer Majestät der Königin den Tee servierte, auch nicht bewegen.
    »Sir…?«
    Bill Fleming bog den Oberkörper etwas zur Seite, um dem Butler genug Bewegungsfreiheit einzuräumen. Patrick schenkte den Tee in die kunstvoll bemalte Tasse aus feinstem chinesischem Porzellan ein. »Echte Handarbeit«, hatte Sir Winston erklärt. »Persönlich aus Hongkong eingeführt. Von meinem Großvater. Damals waren die Chinesen noch deutlich respektvoller der Krone gegenüber, als sie es heute sind. Ja, ja…«
    »Die Zeiten waren nie so schlecht wie heute«, bemerkte Lady Beatrice. »Nicht wahr, Mister Fleming?« Die grauhaarige Dame äugte Bill durch ihre dickrandige Hornbrille an wie eine Eule die Maus.
    »Selbstverständlich, Mylady«, beeilte sich Bill zu lügen. »Sie haben vollkommen recht. Früher, da war alles noch ganz anders.«
    »Sehr richtig«, stimmte Lady Beatrice zu. »Damals herrschte in den Kolonien noch Zucht und Ordnung. Nicht war, Winston?«
    »Ja, Darling«, versicherte der ebenfalls grauhaarige Lord.
    Lord und Lady Pendrake hatten die Blüte ihres gemeinsamen Lebens schon vor langer Zeit überschritten. In den Wirren des Ersten Weltkrieges mußte Lady Beatrice indessen ein bezauberndes junges Mädchen gewesen sein, wie die vergilbten Fotografien und die Ölgemälde verrieten, die damals von ihr angefertigt worden waren. Bill wünschte sich, die Lady wäre etwa siebzig Jahre jünger und böte einen um eben diese siebzig Jahre erfreulicheren Anblick.
    Aber was soll's? dachte er schließlich und rief sich innerlich zur Ordnung. Immerhin wurde er von den Pendrakes bezahlt.
    Von Beruf Historiker und Dozent an der Harvard University, hatten die Pendrakes ihn gebeten und beauftragt, gegen ein angemessenes Honorar Ahnenforschung zu betreiben. Sir Winston Pendrake hatte den Spleen entwickelt, von dem legendären König Uther Pendragon abzustammen, und Bill Fleming sollte diesen Verdacht bestätigen.
    Selbst hegte Bill wenig Hoffnung, diesen Wunsch erfüllen zu können. Die Namensgleichheit Pendrake – Pendragon war zwar mehr als verblüffend, aber seines Wissens nach hatte Uther Pendragon außer seinem legendären Sohn, der als König Artus Berühmtheit erlangte, keinen weiteren Sprößling in die Welt gesetzt, der
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