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0203 - Die Geisterfrau

0203 - Die Geisterfrau

Titel: 0203 - Die Geisterfrau
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gebieterisch.
    ***
    Das Lächeln der Stewardeß gefror förmlich, als sie die beiden letzten Passagiere der Nachtmaschine Paris-London die Gangway heraufkommen sah. Vor allem die Frau bewegte sich in höchst eiertänzerischer Art.
    Die wachsamen Augen der Stewardeß richteten sich auf die Beine der jungen Frau, die einen enganliegenden Overall mit Silberglanz und superbreitem weißem Gürtel trug.
    Und Rollschuhe.
    »Nein«, murmelte die Stewardeß erschüttert. »Das darf nicht war sein! Sind die verflixten Dinger denn immer noch in Mode?«
    Nicole hatte die leise geflüsterten Worte durchaus vernommen, erklomm die letzte Stufe der Gangway und blinzelte die Stewardeß lieb an. »Nicht immer noch – schon wieder«, versicherte sie todernst.
    »Aber das geht nicht!« wehrte sich die Uniformierte.
    »Was geht nicht?« erkundigte Nicole sich mit unschuldigem Augenaufschlag.
    »Na – die Rollschuhe eben«, seufzte die Stewardeß. »Es ist nicht erlaubt, das Flugzeug mit Rollschuhen zu betreten. Aus Sicherheitsgründen. Sie verstehen, Mademoiselle?«
    »Nein, ich verstehe nicht«, erwiderte Nicole. »Erstens betrete ich das Flugzeug nicht, sondern befahre es – und zum anderen steht das Flugzeug doch auch auf Rädern, oder? Na, wenn das nicht sicher ist…«
    »Sie verstehen wirklich nicht«, ereiferte sich die Stewardeß und wandte sich an den Begleiter der Rollschuhsüchtigen. »Sagen Sie doch auch etwas, Monsieur! Ihre Frau…«
    Professor Zamorra zog die Brauen hoch.
    »Erfreulicherweise«, erklärte er, »sehr erfreulicherweise ist das nicht meine Frau.«
    »Bestie!« fauchte Nicole ihn an. »Was heißt hier ›erfreulicherweise‹? Warte bis heute nacht! Meine Rache wird furchtbar sein!«
    »Solange du mich in Ruhe schlafen läßt«, murmelte Zamorra, »fürchte ich deine Rache nicht.«
    »Das ist es ja eben«, trumpfte Nicole auf. »Ich lasse dich in Ruhe schlafen – und zwar allein!«
    »Nein, nicht das!« wimmerte Zamorra mit allen Anzeichen des Entsetzens. »Du weißt doch, daß ich mich fürchte, wenn ich allein im Bett liege!«
    Nicole zuckte mit den sanft gerundeten Schultern und rollte ins Innere der Boeing. Zamorra grinste die Stewardeß an, kniff ein Auge zu und eilte hinter Nicole her. Ein japsender Laut folgte.
    »Aber – Sie können doch nicht…«
    »Natürlich kann ich ihn allein schlafen lassen«, schrie Nicole aus der Passagierzelle. »Und wehe, wenn Sie Streikbrecher spielen und sich in sein Zimmer einschleichen!«
    Die erschütterte Stewardeß lehnte sich kraftlos an die Stahlwand. »Oh, nein«, hauchte sie am Ende ihrer geistigen Kräfte.
    Nicole rollte unterdessen vergnügt zu ihrem Platz, ließ sich hineinfallen und zog Zamorra zu sich auf den Nebensitz. »Hilfst du mir beim Anschnallen?«
    Zamorra verdrehte die Augen. »Du bist wieder mal großartig«, murmelte er zwischen zusammengepreßten Zähnen. »Soviel Publicity war nun wirklich nicht nötig! Was sollen die Leute von uns denken?«
    Nicole lachte und lehnte sich gemütlich zurück, während Zamorra ihre Sicherheitsgurte straffte und überprüfte. Sie fand es prachtvoll, mal so richtig auszuflippen.
    Und die dummen Gesichter der verblüfften Leute zu genießen.
    ***
    Bill Fleming kletterte aus dem Daimler-Cabrio, nachdem ein Blick auf die Borduhr des Wagens ihm verraten hatte, daß es zehn Minuten vor Mitternacht war. Der Schatten, der vorhin über den Himmel gezogen war, von flackernden Positionslampen umgeben, und donnerndes Getöse hinterlassen hatte, mußte die Maschine aus Paris gewesen sein, in der sich Zamorra und Nicole befinden mußten, wenn sie ihr Versprechen wahr gemacht hatten, so schnell wie möglich aufzukreuzen.
    Endlich nahm die Langeweile ein Ende, und vielleicht konnte Zamorra dem Spuk-Terror in Pendrake-Castle nachhaltig zu Leibe rücken. Langsam schlenderte Bill auf das große Eingangsportal des Heathrow Airport zu.
    Die Nacht war erstaunlich warm, aber der Himmel wolkenverhangen. Wahrscheinlich würde es in spätestens einer halben Stunde zu regnen beginnen. Es war ein beruhigendes Gefühl zu wissen, daß das Verdeck des Daimlers per Knopfdruck selbsttätig aufziehen konnte.
    Himmel noch mal, dachte Bill. Ein Viertürer-Cabrio – wo gab's denn so etwas noch, nachdem selbst in den USA in den sechziger Jahren die viertürigen Cadillac-Cabrios nicht mehr gebaut wurden? Was mochte diese wahnsinnige Sonderkonstruktion gekostet haben, und was mochte es kosten, diesen Wagen zu mieten?
    »Nur gut, daß das nicht mein
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