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02 Winter am Ende der Welt

02 Winter am Ende der Welt

Titel: 02 Winter am Ende der Welt
Autoren: Annegret Heinold
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Abschiedsabend schuldig, findet Carl und da hat er recht, finde ich). Im Haus ist noch Licht, Jorge ist anscheinend noch wach.
    Ich gehe ins Haus, höre den Fernseher laufen. Jorge ist im Basement, im Fernsehraum und sieht Hellboy zwei und bekommt gar nicht mit, dass ich in das Zimmer komme. Weil der Ton so laut ist, weil bei Hellboy zwei gerade eine von diesen Spektakelszenen läuft.
    Das gibt mir die Gelegenheit, noch mal unbemerkt in aller Ruhe den Mann anzusehen, der meine Vergangenheit war und hoffentlich auch meine Zukunft ist. Er hängt auf dem Sofa, die Füße auf dem rot gestrichenen Tisch, der eher aussieht wie ein Gartentisch als ein Wohnzimmertisch und wahrscheinlich Annas Tisch für draußen ist, wenn sie im Sommer hier ist. Auf dem Tisch liegen Casablanca , Es geschah in einer Nacht und Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser . Auf, über und unter Jorge mein neuer Quilt in den Farben von The Road.
    Plötzlich sieht Jorge hoch. Er drückt auf Pause und nun stehen Hellboy und Liz, der Inspektor und Fischkopf eingefroren auf dem Bildschirm.
    Stille breitet sich aus, weil der Kampflärm vom Film fehlt.
    „Interessante Mischung von Filmen“, sagt Jorge.
    „Ich muss dir was beichten“, sage ich.
    Und als der Satz raus ist, denke ich, was für ein bekloppter Anfang für das, was ich eigentlich will und sagen will. Aber auf der anderen Seite will ich jetzt reinen Tisch machen.
    „Brauchst du nicht, wir sind getrennt“, sagt Jorge. „Du kannst mit Carl schlafen, soviel du willst.“
    (Ich würde doch zu gerne jetzt mal in seinen Kopf sehen und sehen, was er zu diesem Thema wirklich denkt.)
    „Es geht nicht um Carl“, sage ich. „Es geht um Wolfgang.“
    „Und wer ist Wolfgang?“, sagt Jorge und sieht nicht mich an, sondern auf den Bildschirm, wo die vier weiter eingefroren im Bild hängen. Hellboy, Fischmann, Liz und der Inspektor.
    „Der Deutschlehrer von Tiago damals, an der deutschen Schule“, sage ich.
    „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, fragt Jorge.
    „Weil ich damals total in Wolfgang verliebt war, und weil wir eine Affäre hatten“, sage ich. „Zwei Monate lang.“
    „Aha“, sagt Jorge. „Und warum erzählst du mir das jetzt?“
    „Weil ich reinen Tisch machen will“, sage ich. „Um noch mal neu anzufangen.“
    „Und mit wem?“, fragt Jorge.
    „Mit dir“, sage ich. „Mit dir.“
    Jorge dreht sich wieder zu mir und kommt dabei an den Knopf auf der Fernbedienung und der Film läuft weiter. Ein Höllenlärm setzt ein und die Prügelei auf dem Bildschirm geht jetzt noch mal so richtig los. Ich setze mich zu Jorge aufs Sofa. Jorge sieht mich an. Dann legt er den Arm um mich. Ich rücke näher, spüre seinen Körper. Die Wärme. Das ist alles so vertraut. Und so schön.
    „Was ist eigentlich mit Catarina“, frage ich Jorge. „Seid ihr noch zusammen oder nicht?“
    „Nicht mehr zusammen“, sagt Jorge. „Ich wollte erst das mit dir hier regeln.“
    Wir rollen uns beide in meine Patchworkdecke ein und sehen aneinander angekuschelt das Ende von Hellboy zwei . Schön, bunt, laut. Wunderbar. Ich fühle Jorges Körper, und ich fühle mich aufgehoben und beschützt. Ich lehne mich an und genieße den Film. Aber es ist nicht der Film, es ist im Grunde völlig egal, was wir hier sehen. Es geht um das Zusammensein. Um das gemeinsam etwas Sehen und dann drüber reden. Um das gemeinsam etwas Erleben und noch lange erinnern. Immer mal wieder, bei allen möglichen und unmöglichen Anlässen. Es geht um das in den Armen des anderen Aufgehobensein.
    Wie hieß es so schön in einem irischen Song auf dem spontanen Holzfäller-Musikabend im Motel, in diesem Song, dessen Namen ich nicht kenne, aber dessen eine Zeile mir jetzt plötzlich einfällt: Me and you let´s start anew . Ja, das werden wir tun.
    Als der Abspann läuft, schaltet Jorge den Fernseher aus.
    „Ich habe meine Affären wenigstens immer gebeichtet“, sagt Jorge.
    „Mache ich in Zukunft auch“, sage ich.
    „Was?“, sagt Jorge und sieht doch in der Tat völlig fassungslos aus. „ Sinceramente, Jasmin, isto ... „
    „Das war ein Witz“, sage ich. Obwohl ich doch eigentlich von Jeff und April wissen sollte, dass manche Witze bei manchen Gelegenheiten nicht so wirklich gut kommen.
     
    Clara an Jasmin: Betrifft Ende von Schneeweißchen und Rosenrot oder was ist ein Happy End. Was ist eigentlich los? Sehe dich nie mehr auf skype – wo treibst du dich denn die ganze Zeit rum? Und was das Ende von Schneeweißchen und
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