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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II
Autoren: Karl May
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entfernten sich. Da endlich flüsterte mir Winnetou leise zu:
    „Ahnt mein Bruder, was geschehen wird?“
    „Ja.“
    „Sie werden Rollins fangen und herbeibringen.“
    „Ganz gewiß. Man erwartet in ihm einen Gegner, und dann wird und muß es sich herausstellen, daß er ein guter Bekannter von Santer ist. Er wird für uns bitten …“
    „Und Santer wird uns nach dem notwendigen Zögern freigeben. Das wird genauso gemacht werden, wie in den großen schönen Häusern der Bleichgesichter, in denen man Theater spielt.“
    „Ja. Dieser Santer ist natürlich kein anderer als jener Pedlar, der sich jetzt Burton nennt, und Rollins hat uns ihm in die Hände führen müssen. Falls wir aber Old Firehands Versteck nicht verraten, müssen wir freigegeben werden, damit man uns heimlich folgen und es entdecken kann. Zu diesem Zweck ist Rollins nicht hiergeblieben und soll nun scheinbar nachträglich noch ergriffen werden, um uns zur Freiheit zu verhelfen.“
    „Mein Bruder denkt genau wie ich. Wenn Santer klug gewesen wäre, hätte er dies alles nicht nötig gehabt. Er konnte Rollins mit uns gehen lassen und dann von ihm erfahren, wo Old Firehand und natürlich auch wir zu finden sind.“
    „Er hat voreilig gehandelt. Jedenfalls befand er sich bei den Okananda-Sioux, als sie Corners Settlement überfallen wollten. Er ist ihr Verbündeter, und Rollins, sein Gehilfe, machte den Spion. Als dieser hörte, wer wir waren, meldete er es Santer, und dieser beschloß, weil die Sioux uns nichts anhaben konnten, uns selbst zu überfallen. Rollins ritt mit uns; die drei anderen Gehilfen mußten uns zu Fuße voran, und Santer selbst kam mit den Pferden hinterdrein. Dieser Plan wurde in der großen Freude, uns zu erwischen, viel zu schnell und gedankenlos entworfen. Diese Kerls haben dabei gar nicht in Berechnung gezogen, daß wir doch keine solchen Schurken sind, Old Firehands Versteck zu verraten. Da sie dies aber unbedingt finden und ausrauben wollen, müssen sie nun den begangenen Fehler dadurch gutmachen, daß sie uns wieder loslassen, um uns heimlich folgen zu können. Es ist sehr gut, daß wir diesem Rollins keine Beschreibung des Versteckes gegeben haben.“
    Wir wechselten diese Mitteilungen, ohne die Lippen zu bewegen; Santer bemerkte also nicht, daß wir miteinander sprachen. Er saß übrigens halb von uns abgewendet und lauschte in den Wald hinein. Nach einiger Zeit ertönte drin ein lauter Ruf und noch einer; eine zweite, eine dritte Stimme antwortete; dann folgte ein lauteres Geschrei, welches schnell näher kam, bis wir die drei Wartons aus dem Gebüsch treten sahen; sie hatten Rollins in der Mitte, der sich scheinbar sträubte, ihnen zu folgen.
    „Bringt ihr ihn?“ rief Santer ihnen entgegen, indem er aufsprang. „Habe ich es nicht gesagt, daß er sich noch in der Nähe befindet! Schafft den Kerl zu den beiden anderen Gefangenen, und schließt ihn auch so krumm wie …“
    Er hielt mitten in der Rede inne, machte eine Bewegung größter Überraschung und fuhr dann, wie vor Freude stotternd, fort:
    „Wa – wa – was? We – wer ist denn das? Sehe ich recht, oder ist's nur eine Ähnlichkeit?“
    Rollins stellte sich ebenso freudig erstaunt, riß sich von den dreien los, eilte auf ihn zu und rief:
    „Mr. Santer, Ihr seid es! Ist's die Möglichkeit? O, nun ist alles gut; nun wird mir nichts geschehen!“
    „Geschehen? Euch? Nein, Euch kann nichts geschehen, Mr. Rollins. Also ich täusche mich nicht; Ihr seid der Rollins, den ich fangen wollte! Wer hätte das gedacht, daß Ihr mit diesem Manne identisch seid! Ihr befindet Euch also jetzt bei Burton, dem Pedlar?“
    „Ja, Mr. Santer. Es ist mir bald gut, bald schlecht ergangen; jetzt aber bin ich zufrieden. Grad auf dem jetzigen Ritt stehe ich im Begriff, ein ausgezeichnetes Geschäft zu machen, leider aber wurden wir gestern abend von …“
    Auch er brach seine Rede ab. Sie hatten sich wie gute Freunde, die sich lange nicht gesehen haben, in herzlicher Weise die Hände geschüttelt; jetzt machte er ein plötzlich betroffenes Gesicht, sah Santer wie verblüfft an und fuhr dann fort:
    „Ja, wie ist es denn? Seid Ihr es etwa, der uns überfallen hat, Mr. Santer?“
    „Allerdings.“
    „Teufel! Ich werde von dem Mann, der mein bester Freund ist und mir verschiedene Male das Leben zu verdanken hat, angefallen! Was habt Ihr Euch dabei gedacht?“
    „Gar nichts. Was konnte ich mir denken, da ich Euch nicht zu sehen bekommen habe? Ihr habt Euch doch schleunigst
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