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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II
Autoren: Karl May
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da?“
    „Natürlich war er da, natürlich!“
    „Wann denn, wann?“
    „Vor drei Tagen. Ihr hattet ihm von mir erzählt, von mir und dem alten Bärentöter, und da konnte er nicht hier sein, ohne mich zu besuchen. Hat mir wohl gesagt, was für ein Westmann Ihr geworden seid. Büffelbulle, Grizzlybär und so weiter, und so weiter! Habt sogar die Würde eines Häuptlings erhalten!“
    In diesem Ton ging es noch lange Zeit fort, und es half nichts, daß ich ihn verschiedene Male unterbrach. Er umarmte mich wieder und immer wieder und freute sich riesenhaft darüber, daß er es gewesen war, der meinem Lebensweg die Richtung nach dem Wilden Westen gegeben hatte.
    Winnetou hatte Santers Spur nicht wieder verloren und war ihr in Eilmärschen bis nach St. Louis gefolgt, von wo aus sie nach New Orleans gezeigt hatte. Diese seine Eile war der Grund, daß ich später als er nach St. Louis gekommen war. Er hatte bei Henry hinterlassen, daß ich ihm nach New Orleans folgen solle, falls ich Lust dazu verspüre, und ich war sofort entschlossen, dies zu tun.
    Natürlich mußte ich vorher meinen geschäftlichen Obliegenheiten nachkommen, was am nächsten Morgen geschah. Da saß ich schon zeitig mit Hawkens, Stone und Parker hinter jener Glastür, wo man mich ohne mein Wissen examiniert hatte. Mein alter Henry hatte es nicht unterlassen können mitzugehen. Da gab es denn zu erzählen, zu berichten, zu erklären, und es stellte sich heraus, daß unter allen Sektionen die meinige die interessantesten und gefährlichsten Erlebnisse gehabt hatte. Freilich war ich als der einzige Surveyor übrig geblieben.
    Sam gab sich alle Mühe, eine Extragratifikation für mich herauszuschlagen, doch vergeblich; wir bekamen unser Geld sofort, aber keinen einzigen Dollar mehr, und ich gestehe aufrichtig, daß ich die mit solcher Mühe angefertigten und geretteten Zeichnungen und Notizen nicht ohne das Gefühl ärgerlicher Enttäuschung ablieferte. Die Herren hatten fünf Surveyors angestellt, bezahlten aber nur einen und steckten das Honorar der vier übrigen in ihre Taschen, obgleich sie das volle Resultat unserer Gesamtarbeit in die Hände bekamen – eigentlich freilich aber das Resultat nur meiner Überanstrengungen.
    Sam ließ deshalb eine geharnischte Rede los, erreichte aber dadurch weiter nichts, als daß er ausgelacht und mit Dick und Will zur Tür hinauskomplimentiert wurde. Ich ging natürlich mit und schüttelte den Staub von den Füßen. Übrigens aber war die Summe, welche ich erhalten hatte, für meine Verhältnisse bedeutend.
    Also ich wollte Winnetou nach, welcher mir die Adresse eines Hotels in New Orleans bei Mr. Henry zurückgelassen hatte. Aus Höflichkeit oder auch Anhänglichkeit fragte ich Sam und seine beiden Gefährten, ob sie mitwollten; sie hatten aber die Absicht, sich in St. Louis erst einmal gehörig auszuruhen, was ich ihnen nicht übelnehmen konnte. Ich kaufte mir Wäsche usw. auch einen neuen Anzug, den ich mit meinem indianischen vertauschte, und dampfte nach Süden ab. Die wenigen Habseligkeiten, welche ich nicht mitnehmen wollte, darunter auch den schweren Bärentöter, übergab ich Henry, der sie mir heilig aufzuheben versprach. Den Rotschimmel ließ ich natürlich auch zurück; ich brauchte ihn nicht mehr. Wir alle waren der Ansicht, daß meine Abwesenheit nur kurz sein werde.
    Es sollte aber anders kommen. Wir befanden uns, was ich noch gar nicht erwähnt habe, weil es auf die bisher erzählten Ereignisse keinen Einfluß gehabt hatte, mitten im Bürgerkrieg. Zufälligerweise war grad jetzt der Mississippi offen, denn der berühmte Admiral Farragut hatte ihn wieder in die Gewalt der Nordstaaten gebracht; dennoch aber wurde die Fahrt des Steamers, auf dem ich mich befand, durch allerlei Maßregelungen, die freilich wohl notwendig waren, sehr verzögert, und als ich in New Orleans ankam und in dem betreffenden Hotel nach Winnetou fragte, wurde mir der Bescheid, daß er gestern fort sei und für mich die Weisung zurückgelassen habe, daß er nach Vicksburg hinter Santer her sei, mir aber der Unsicherheit wegen nicht raten könne, ihm zu folgen, und später bei Mr. Henry in St. Louis sagen werde, wo er zu finden sei.
    Was nun tun? Es drängte mich, meine in der Heimat befindlichen Verwandten, welche der Unterstützung bedurften, zu besuchen; die Mittel hatte ich ja dazu. Nach St. Louis zurückkehren, um da auf Winnetou zu warten? Nein. Wer weiß, ob es ihm möglich war, dorthin zu kommen. Ich erkundigte mich nach
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