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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II
Autoren: Karl May
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sich fort, und zu der nun weiter folgenden Beratung wurden auch die Wartons zugezogen.
    „Das hat mein Bruder recht gemacht“, flüsterte mir Winnetou zu. „Es ist gewiß, daß sie uns den Willen tun werden, denn sie meinen, daß sie später doch alles bekommen.“
    Auch ich war davon überzeugt. Freilich mußte sich Santer noch längere Zeit scheinbar sträuben, endlich kamen sie alle herbei, und er erklärte:
    „Ihr habt heut ein unmenschliches Glück. Mein Wort zwingt mich, etwas zu tun, was sonst Wahnsinn sein würde. Ihr werdet mich auslachen, aber ich schwöre es euch zu, daß ich es bin, der zuletzt lachen wird; das werdet ihr noch eher einsehen, als ihr jetzt für möglich haltet! Hört also jetzt, was wir ausgemacht haben!“
    Er hielt inne, um dem, was zu folgen hatte, Nachdruck zu geben, und fuhr dann fort:
    „Ich lasse euch für diesmal frei, und ihr behaltet alles, was euch gehört; aber ihr werdet bis zum Abend hier an diese Bäume gebunden, damit ihr uns nicht eher als von morgen früh an verfolgen könnt. Wir reiten jetzt fort, dorthin, woher wir gekommen sind, und nehmen Mr. Rollins mit, damit er euch nicht vor der Zeit losmachen kann. Wir lassen ihn aber so zurückkehren, daß er hier bei euch eintrifft, wenn es dunkel geworden ist. Ihm habt ihr euer Leben zu verdanken; seht, daß ihr quitt mit ihm werdet!“
    Weiter sprach niemand. Wir wurden an zwei nebeneinanderstehende Bäume befestigt; nachher band man unsere Pferde in der Nähe an, und hierauf wurde alles, was man uns abgenommen hatte, neben uns hingelegt. Wie froh war ich, daß sich die Waffen dabei befanden! Als dies geschehen war, ritten die fünf Kerle fort.
    Wir blieben wohl eine Stunde lang still, nur beschäftigt, mit unseren Sinnen jedes Geräusch aufzunehmen und zu bestimmen. Dann sagte der Apache:
    „Sie sind noch hier, um uns, wenn wir aufbrechen, gleich folgen zu können. Um nicht gesehen zu werden, lassen sie uns erst am Abend frei. Wir müssen Santer haben. Wie denkt mein Bruder, daß wir ihn am sichersten fangen?“
    „Jedenfalls nicht so, daß wir ihn bis zu Old Firehand locken.“
    „Nein. Er darf das Versteck gar nicht kennenlernen. Wir reiten die ganze Nacht hindurch und würden also am Abend in der ‚Festung‘ ankommen; wir halten aber eher an. Rollins wird, hinter uns herreitend, ihnen heimlich Zeichen zurücklassen, denen sie folgen. Wenn die Zeit gekommen ist, machen wir ihn unschädlich und reiten eine kleine Strecke zurück, um sie auf unserer Fährte zu erwarten. Ist mein Bruder Shatterhand mit diesem Plan einverstanden?“
    „Ja, er ist der beste, den es gibt. Santer ist überzeugt, uns zu bekommen, wir aber bekommen ihn.“
    „Howgh!“
    Er sagte nur dies eine Wort, aber in demselben klang eine tiefe, unendliche Befriedigung darüber, daß der so lange und vergeblich Gesuchte nun endlich, endlich in seine Hand gegeben sein sollte.
    Der Tag kroch wie eine Schnecke dem Abend zu, aber es wurde schließlich doch finster, und da hörten wir auch bald den Hufschlag eines Pferdes. Rollins kam, stieg ab und machte uns von den Fesseln los. Es versteht sich ganz von selbst, daß er dabei nicht unterließ, sich als unser Retter in das hellste Licht zu stellen und uns weiszumachen, wie weit er mit unserem Todfeind noch geritten sei. Wir taten, als ob wir ihm glaubten, und versicherten ihn unserer größten Dankbarkeit, hüteten uns aber sehr, dabei in überschwengliche Ausdrücke zu verfallen. Dann saßen wir auf und ritten langsam davon.
    Er hielt sich selbstverständlich hinter uns. Wir hörten, daß er, um gute Spuren zu hinterlassen, sein Pferd öfters tänzeln ließ. Als dann der sichelförmige Mond am Himmel stand, konnten wir beobachten, daß er von Zeit zu Zeit zurückblieb, um einen Zweig abzureißen und auf den Weg zu werfen oder sonst irgendein Zeichen zurückzulassen.
    Am Morgen wurde eine kurze Rast gemacht und zu Mittag wieder; diese letztere aber war länger, wohl drei Stunden lang. Wir wollten Santer, der erst am Morgen hatte folgen können, möglichst heranlassen. Hierauf ritten wir noch zwei Stunden weiter, bis wir ungefähr ebenso weit noch bis zur ‚Festung‘ hatten. Nun war es Zeit, uns mit Rollins auseinanderzusetzen. Wir hielten an und stiegen ab. Das mußte ihm auffallen, und er fragte, indem er auch aus dem Sattel sprang:
    „Warum anhalten, Mesch'schurs? Das ist nun heut zum drittenmal. Es kann doch nicht mehr weit zu Old Firehand sein. Wollen wir diese Strecke nicht vollends
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