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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II
Autoren: Karl May
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warnen.“
    „Sahst du die Spur so liegen?“
    „Ja.“
    „Uff! Er wußte daß wir auf unserer eigenen Fährte zurück sind, um Santer zu fangen, und hat sich ein wenig südlicher gehalten und einen kleinen Umweg gemacht, um nicht an uns vorüber zu müssen. Darum sahen wir ihn da drüben am Rande der Prärie. Aber wie ist er losgekommen? Sahst du keine Spur davon?“
    „O doch. Es ist ein Reiter von Osten gekommen und bei ihm abgestiegen; dieser hat ihn losgemacht.“
    „Wer mag das gewesen sein? Ein Soldat aus Wilkes Fort?“
    „Nein. Die Fußstapfen waren so groß, daß sie nur von den uralten, riesigen Indianerstiefeln unseres Sam Hawkens herrühren können. Auch meine ich, in den Spuren seines Tieres diejenigen der alten Mary erkannt zu haben.“
    „Uff! Vielleicht ist es noch Zeit, Santer zu fassen, obgleich er gewarnt worden ist. Mein Bruder Shatterhand mag kommen!“
    Wir stiegen auf die Pferde, gaben ihnen die Sporen und flogen davon, nach Westen zu, immer auf unserer Fährte. Winnetou sagte kein Wort, doch in seinem Innern gab es Sturm. Dreimal wehe über Santer, wenn er ihn noch ergriff!
    Die Sonne war schon hinter dem Horizont verschwunden. In fünf Minuten hatten wir die Prärie hinter uns; drei Minuten später kam die Spur des entflohenen Rollins von links herüber und vereinigte sich mit der unserigen; nach abermals drei Minuten erreichten wir die Stelle, wo Rollins auf Santer und die drei Wartons getroffen war. Sie hatten sich nur einige Augenblicke verhalten, um Rollins' Meldung zu hören, und waren dann schleunigst umgekehrt. Hätten sie das auf derselben Fährte getan, so wären wir ihnen, da wir dieselbe kannten, trotz der hereinbrechenden Dunkelheit gefolgt; aber sie waren so klug gewesen, von derselben abzuweichen und eine andere Richtung einzuschlagen. Da uns diese unbekannt war, mußten wir, als es noch dunkler wurde, von der Verfolgung absehen, weil die Fährte nicht mehr zu erkennen war. Winnetou wendete, ohne auch diesmal ein Wort zu sagen, sein Pferd, und wir galoppierten zurück. Ostwärts ging es wieder, erst an der Stelle vorüber, wo wir auf Santer gewartet hatten, und dann an derjenigen, wo Rollins von uns gebunden worden war. Wir ritten nach der ‚Festung‘. Santer war uns abermals entgangen, ob nur für heut oder für immer? Die Verfolgung mußte morgen früh, sobald seine Spur zu erkennen war, aufgenommen werden, und es stand zu erwarten, daß Winnetou sich bis zur äußersten Möglichkeit an dieselbe hängen werde.
    Der Mond ging eben auf, als wir die Nähe des Mankizila erreichten und in die Schlucht kamen, wo im Cottongesträuch die Schildwache zu stehen pflegte. Sie war auch heut abend da und rief uns an. Auf unsere Antwort bemerkte der Mann:
    „Dürft es nicht übel deuten, daß ich so scharf fragte. Müssen heut vorsichtiger sein als sonst.“
    „Warum?“ fragte ich.
    „Scheint hier herum etwas los zu sein.“
    „Was?“
    „Weiß es nicht genau. Muß sich aber etwas ereignet haben, denn der kleine Mann, Sam Hawkens heißt er wohl, hielt eine lange Predigt, als er heimkam!“
    „Er war also fort?“
    „Ja.“
    „Noch jemand?“
    „Nein; er allein.“
    Es war also richtig, daß der sonst so kluge Sam die Dummheit begangen und Rollins befreit hatte.
    Als wir durch die Enge und das Felsentor geritten waren und in die Festung kamen, war das erste, was wir erfuhren, daß sich das Befinden Old Firehands verschlimmert hatte. Es war zwar keine Gefahr vorhanden, aber ich erwähne es, weil dieser Zufall mich von Winnetou trennte.
    Dieser warf seinem Pferd die Zügel über und ging nach dem Lagerfeuer, an welchem Sam Hawkens, Harry und der Offizier von Wilkes Fort bei Old Firehand saßen, welcher in weiche Decken gehüllt war.
    „Gott sei Dank! Wieder da!“ begrüßte uns der letztere mit matter Stimme. „Habt ihr den Pedlar gefunden?“
    „Gefunden und wieder verloren“, antwortete Winnetou. „Mein Bruder Hawkens ist heute fort gewesen?“
    „Ja, ich war draußen“, antwortete der Kleine ahnungslos.
    „Weiß mein kleiner, weißer Bruder, was er ist?“
    „Ein Westmann, wenn ich mich nicht irre.“
    „Nein, kein Westmann, sondern ein Dummkopf, wie Winnetou einen so großen noch nie gesehen hat und auch niemals sehen wird. Howgh!“
    Mit diesem Beteuerungswort drehte er sich um und ging fort. Dieser Ausspruch des sonst so ruhigen und sogar zarten Apachen erregte natürlich Aufsehen; der Grund ward aber allen leicht begreiflich, als ich mich niedersetzte und
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