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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch
Autoren: Jasper Fforde
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eine Pause. Meine Mutter stieß ihren Mann
    mit dem Ellbogen an, als ob sie ihn veranlassen wollte, etwas zu
    sagen.
    »Thursday«, sagte sie schließlich, als deutlich wurde, dass er
    nicht reagierte, »dein Vater und ich sind der Ansicht, du solltest
    Urlaub machen, bis unser erstes Enkelkind geboren wird.
    Irgendwo, wo es sicher ist. Irgendwo anders.«
    »Ach, ja!« fiel mein Vater abrupt ein. »Jetzt, wo Goliath, Aornis und Lavoisier alle gleichzeitig hinter dir her sind, ist das
    Hier &. Jetzt nicht gerade der beste Aufenthaltsort für dich.«
    »Ich kann schon selbst auf mich aufpassen.«
    »Das habe ich auch gedacht«, murmelte Lady Hamilton und
    starrte sehnsüchtig auf das Schränkchen mit dem Koch-Sherry.
    »Ich werde Landen zurückholen«, sagte ich fest entschlossen.
    »Dazu bist du jetzt vielleicht auch noch in der Lage«, sagte
    mein Vater. »Aber was ist in sechs Monaten? Du brauchst eine
    Pause, Thursday, und die solltest du jetzt machen. Natürlich
    musst du kämpfen, aber du solltest dann kämpfen, wenn die
    Chancen etwas besser für dich sind.«
    »Was sagst du, Mum?«
    »Er hat Recht, Liebling.«
    Ich rieb mir die Stirn und setzte mich auf einen der Küchenstühle. Ein Urlaub schien wirklich keine so schlechte Idee. »Was
    habt ihr euch denn vorgestellt?«
    Mum und Dad tauschten Blicke.
    »Ich könnte dich im sechzehnten Jahrhundert verstecken oder so etwas, aber da wäre es mit der medizinischen Versorgung
    ein bisschen schwierig. Dich stromabwärts in die Zukunft zu
    befördern wäre mir zu riskant – da würde dich SO-12 auch
    schnell finden. Nein, wenn du irgendwo hingehst, dann seitwärts.«
    Er setzte sich neben mich an den Tisch. »Henshaw in SO-3
    ist mir noch eine Gefälligkeit schuldig. Wenn er mir ein bisschen hilft, könnten wir dich seitwärts in eine Welt schieben, wo
    Landen nicht mit zwei Jahren ertrinkt.«
    »Das wäre möglich?« fragte ich, plötzlich voller Hoffnung.
    »Sicher. Aber so ganz einfach ist das nicht. Es wäre ziemlich
    … anders.«
    Meine Euphorie sank in sich zusammen. Meine Kopfhaut
    begann zu kribbeln. »Wie anders?«
    »Ziemlich anders. Du wärst nicht bei SO-27. Genauer gesagt,
    es gibt gar kein SpecOps. Der Zweite Weltkrieg endet 1945, und
    der Krimkrieg dauert nur bis 1854.«
    »Ich verstehe. Kein Krimkrieg. Heißt das, Anton ist noch am
    Leben?«
    »Ja, in der Tat.«
    »Dann lass uns das doch machen, Dad, bitte!« . Er legte seine
    Hand auf meine und drückte sie. »Das ist noch nicht alles, mein
    Schatz. Es ist deine Entscheidung, deshalb musst du ganz genau
    wissen, worum es geht. Es wird alles weg sein. Alle Arbeit, die
    du je getan hast und tun wirst. Es wird keine Dodos, keine
    Neandertaler, keine Will-Speak-Maschinen, keine Gravitube –«
    »Keine Gravitube? Wie kommen die Leute denn dann nach
    Japan?«
    »Mit sogenannten Jets. Das sind große Passagierflugzeuge,
    die in zehn Kilometer Höhe mit drei Vierteln der Schallgeschwindigkeit fliegen – manche sogar noch schneller.«
    Es war eine absolut lächerliche Idee, und das sagte ich ihm
    auch.
    »Ich weiß, es ist ziemlich verrückt, aber du wirst gar nichts
    anderes mehr kennen. Die Gravitube wird dir dort genauso
    unmöglich vorkommen wie Düsenflugzeuge uns hier.«
    »Was ist mit den Mammuts?«
    »Gibt's nicht – aber dafür gibt's Enten.«
    »Goliath?«
    »Unter anderem Namen.«
    Es entstand eine Pause.
    »Gibt es Jane Eyre?«
    »Ja«, seufzte mein Vater. »Jane Eyre gibt es immer.«
    »Und Turner? Wird er immer noch The Fighting Temeraire
    malen?«
    »Ja, und Carravaggggio gibt es dort auch, er wird bloß ein
    bisschen intelligenter geschrieben.«
    »Worauf warten wir dann noch?«
    Mein Vater schwieg einen Augenblick. »Es gibt einen Haken.«
    »Was für einen Haken?«
    Er seufzte. »Landen wird zwar wieder da sein, aber ihr seid
    euch nie begegnet. Landen wird dich nicht einmal kennen.«
    »Aber ich werde ihn kennen. Ich kann mich doch einfach mit
    ihm bekannt machen, oder?«
    »Thursday, du wirst nicht mehr die sein, die du jetzt bist. Du
    wirst außerhalb deiner selbst sein. Du wirst zwar noch Landens
    Kind im Leib tragen, aber von der Verschiebung wirst du nichts
    wissen. Du wirst von deinem alten Leben nichts wissen. Wenn
    du dich seitwärts verschieben lässt, um ihn wieder zu sehen,
    dann wirst du eine neue Gegenwart und eine neue Vergangenheit haben. Um ihn sehen zu können, musst du widersinnigerweise auf jede Erinnerung an ihn verzichten – ganz zu schweigen davon, dass er nichts
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