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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch
Autoren: Jasper Fforde
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machen?« sagte sie höhnisch. »Wenn
    du dich nicht mal daran erinnern kannst, dass du mich überhaupt kennst? Du wirst dich auch an diese Begegnung nicht
    erinnern – bis ich es dir erlaube!« Damit raffte sie ihre Einkaufstüten zusammen und ging.

    Wieder flackerten die Lichter im Labor für Nanotechnologie.
    Wilbur warf mir einen verzweifelten Blick zu, als ihm klar
    wurde, dass auch der zweite Notstromgenerator ausgefallen sein
    musste. Er versuchte es erneut mit den Telefonen, aber die
    waren nach wie vor tot.
    Tod durch Zufall. Was für ein Ende! Und jetzt, zwei Minuten
    davor, hob Aornis die letzte Schranke in meinem Gedächtnis,
    und mir wurde klar, dass ich sie erst ganz vor kurzem noch
    gesehen hatte: vor kaum zwanzig Minuten am Eingang des
    Werksgeländes. Die gläserne Wachstation war keineswegs leer
    gewesen. Aornis hatte dort auf mich gewartet, um mir den
    Gnadenstoß zu versetzen. »Na!« sagte sie, als ich hereinkam.
    »Darauf bist du jetzt selber gekommen, nicht wahr?«
    »Verdammt, Hades!« erwiderte ich und griff nach meiner
    Pistole. Aber sie packte mich am Handgelenk und drehte mir
    mit überraschender Kraft und Schnelligkeit den Arm um.
    »Hör mal, Schätzchen«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Im Labor
    für Nanotechnologie kommt es jetzt gleich zu einem schrecklichen kleinen Unfall. Dein Onkel dachte, er könnte die Hungernden satt machen, stattdessen wird er jetzt daran schuld sein,
    dass die Welt untergeht. Die Ironie ist wirklich zum Schneiden.«
    »Warten Sie –!« wollte ich sagen, aber sie drückte mir
    schmerzhaft den Hals zu und ich konnte nur röcheln. »Jetzt
    rede ich, Thursday. Einen Hades darf man nie unterbrechen!
    Dafür, was du unserer Familie angetan hast, wirst du sterben,
    aber um dir zu zeigen, dass wir auch unsere netten Seiten haben, werde ich dir noch eine letzte heroische Geste erlauben.
    Ich habe den Eindruck, dein tapferes, selbstgerechtes Seelchen
    braucht so was. Genau sechs Minuten vor dem alles entscheidenden Unfall wirst du anfangen, dich an unsere Begegnungen
    zu erinnern.«
    Ich versuchte, mich zu befreien, aber sie hielt mich gnadenlos
    fest.
    »An diese kleine Unterhaltung wirst du dich als Letztes erinnern. Und jetzt kommt mein Angebot: Wenn du deine Pistole
    nimmst und gegen dich selbst richtest, werde ich den Planeten
    verschonen.«
    »Und wenn nicht?« schnaubte ich. »Dann werden Sie auch
    sterben!«
    »Aber nein«, lachte sie. »Ich weiß, dass du es tun wirst. Trotz
    des Babys. Trotz allem. Du bist ein guter Mensch, Thursday.
    Ein edles menschliches Wesen. Und genau das wird dein Tod
    sein. Ich verlasse mich drauf.« Sie beugte sich vor und flüsterte
    mir ins Ohr. »Die Leute irren sich, weißt du? Rache ist soo süß.«
    »Thursday?« sagte Wilbur. »Alles in Ordnung?«
    »Nein, eigentlich nicht«, sagte ich, während ich zusah, wie
    die Uhr auf die letzte Minute zusteuerte. Im Vergleich zu Aornis war Acheron ein harmloser Bursche gewesen. Ich hatte mich
    mit der Familie Hades angelegt, und jetzt musste ich dafür
    bezahlen.
    Als nur noch dreißig Sekunden übrig waren, zog ich meine
    Automatik heraus. »Wenn Landen jemals zurückkommt, dann
    sag ihm, dass ich ihn liebe.«
    Zwanzig Sekunden.
    »Wenn wer zurückkommt?«
    »Landen. Du wirst ihn erkennen, wenn du ihn siehst. Hochgewachsen, nur ein Bein. Schreibt dusslige Bücher und hatte
    eine Frau namens Thursday, die ihn unsinnig liebte.«
    Zehn Sekunden.
    »Tschüs, Wilbur.«
    Ich schloss die Augen und setzte mir die Mündung der Pistole an die Schläfe.

    33.
    Der Beginn des Lebens, wie wir es kennen
    Vor drei Milliarden Jahren hatte sich die Erdatmosphäre zur
    sogenannten A-II fortentwickelt und stabilisiert. Das beständige Bombardement der Atmosphäre hatte eine Ozonschicht geschaffen, die verhinderte, dass neuer Sauerstoff
    entstand. Ein neuer und gänzlich anderer Impuls war nötig,
    um den jungen Planeten in jene lebendige grüne Kugel zu
    verwandeln, die wir heute kennen und lieben.
    DR. LUCIANO SPAGBOG
    – Wie das Leben auf die Erde kam
    oder wie ich mir das vorstelle

    »Das ist doch nicht nötig«, sagte mein Vater, nahm mir die
    Pistole sacht aus der Hand und legte sie auf den Tisch. Ich weiß
    nicht, ob er absichtlich so spät gekommen war, um die Spannung zu steigern, aber jetzt war er jedenfalls da. Er hatte die Zeit
    nicht eingefroren – ich glaube, er war darüber hinaus. Wenn er
    in der Vergangenheit aufgetaucht war, war er immer vergnügt
    und bester Laune gewesen, aber
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