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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch
Autoren: Jasper Fforde
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Ich schürzte meine Lippen
    und wischte die Tränen aus meinem Gesicht. »Leb wohl, Daddy.«
    Er zwinkerte mir zu. »Nun, die Zeit wartet auf niemanden,
    wie wir sagen.«
    Er lächelte noch einmal, dann fiel er in sich zusammen und
    wurde zu einem schwarzen, immer kleiner werdenden Punkt.
    Es war, als ob Wasser in einem Abfluss versickert. Ich spürte
    einen erheblichen Sog, und um nicht in das Ereignis hineingezogen zu werden, machte ich schnell einen Schritt rückwärts, als
    mein Vater schließlich mit einem sanften Plopp! in der Tiefe
    der Jahrmillionen verschwand. Dennoch war ich nicht schnell
    genug: Ein letztes Zucken des von meinem Vater erzeugten
    Kraftfelds riss mir einen Knopf von der Bluse. Er sprang über
    den Boden und verschwand in den letzten Wellen des Zeitstrudels. Auch danach schien die Luft noch für ein paar Augenblicke zu zittern, ehe alles wieder in jenen Zustand zurückkehrte,
    den wir Normalität nennen.
    Mein Vater war weg.

    Am Abend saß ich im Konzert der Nolan Sisters mit einem
    leeren Sitz neben mir und starrte zum Eingang, um zu sehen, ob
    er vielleicht doch kommen würden. Als die Musik begann,
    hörte ich kaum etwas davon mit Bewusstsein – in Gedanken saß
    ich auf einem verlassenen Vorgebirge auf einem Planeten ohne
    jegliches Leben, während ein Mann, der einmal mein Vater
    gewesen war, sich in seine chemischen Bestandteile auflöste.
    Dann dachte ich an die Eiweiße, die sich gewaltig vermehrt und
    entwickelt haben würden und jetzt auf die Atmosphäre einwirken konnten. Sie ließen Sauerstoff entstehen und Wasserstoff
    mit Kohlendioxid verschmelzen. Innerhalb von wenigen hundert Millionen Jahren würde es reichlich freien Sauerstoff
    geben, und das aerobische Leben konnte beginnen. Ein paar
    Milliarden Jahre später würde ein glitschiges Etwas an Land
    kriechen.
    Ein ziemlich unspektakulärer Beginn, aber Grund genug,
    stolz auf meine Familie zu sein. Er war nicht nur mein Vater, er
    war der Vater von allem und jedem. Als die Nolan Sisters
    Goodbye Nothing to Say sangen, saß ich tief in Gedanken
    versunken. Wie alle Kinder, deren Eltern gestorben sind, dachte
    ich voller Trauer an die Dinge, die wir nicht getan oder gesagt
    hatten. Aber am meisten grämte es mich, dass ich seinen Namen nicht kannte. Ich hatte vergessen, danach zu fragen.

    34.
    Der Brunnen der Manuskripte
    FigurenAustauschProgramm: Wenn eine Figur eines Autors
    verdächtig wie eine andere aussieht, dann ist sie möglicherweise dieselbe. Es gibt in der Buchwelt eine gewisse Ökonomie, und nicht selten werden Personen gebeten, andere
    zu vertreten. Manchmal muss eine Figur im selben Buch eine andere spielen, was ziemlich komische Effekte ergibt,
    wenn sie mit sich selbst sprechen muss. Andererseits hat
    Margot Metroland mir mal erzählt, dass es ziemlich langweilig ist, immer dieselbe Figur sein zu müssen. Es sei
    schrecklich, man fühle sich dabei »wie eine Schauspielerin,
    die auf einer Provinzbühne in aller Ewigkeit immer dieselbe
    Rolle spielen muss, ohne je Ferien machen zu können«. Als
    Massen von frustrierten Buchmenschen zu illegalen SeitenLäufern geworden waren, wurde schließlich ein AustauschProgramm geschaffen, das Romanfiguren und anderen fiktiven Gestalten einen gelegentlichen Tapetenwechsel erlaubte. Alljährlich gibt es fast zehntausend Austauschaufenthalte, die allerdings selten zu größeren Veränderungen in der
    Handlung oder beim Dialog führen. Der Leser ahnt selten
    etwas davon.
    DER WARRINGTON-KATER
    – JurisfiktionFührer zur Großen Bibliothek (Glossar)

    Ich schlief vorsichtshalber im Haus meines Bruders Joffy. Ich
    sage »schlief«, aber das war nicht ganz korrekt. Eigentlich
    starrte ich nur an die mit eleganten Stukkaturen geschmückte
    Decke und dachte an Landen. In der Morgendämmerung
    schlich ich mich aus dem Pfarrhaus, lieh mir Joffys Motorrad
    und fuhr der Sonne entgegen nach Swindon. Das helle Licht des
    neuen Tages erfüllte mich normalerweise mit neuer Hoffnung,
    aber an diesem Morgen dachte ich nur an die unsichere Zukunft und Dinge, die noch nicht erledigt waren. Ich fuhr an
    Coate vorbei durch leere Straßen zum Haus meiner Mutter an
    der Marlborough Road. Ich musste ihr vom Tod meines Vaters
    berichten, auch wenn es schmerzlich für sie war. Ich hoffte nur,
    dass sie sich mit seiner letzten selbstlosen Tat trösten konnte.
    Anschließend musste ich ins Hauptquartier fahren und würde mich Flanker ausliefern. Es war durchaus denkbar, dass mir
    SO-5 glauben
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