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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
Autoren: Choga Regina Egbeme
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Schicksal.“
    „Das ist meine Tochter“, lächelte Mutter. „So kenne ich dich. Du denkst immer an andere.“
    „Du musst reden, Mutter! Wer hat denn immer das eigene Wohl hinter das der anderen gestellt?“
    „So hoch sind die Haremsmauern nicht, Lisa, dass meine Mädchen nicht jeden Morgen ein Päckchen mit frischer Medizin darüberwerfen könnten“, meinte Amara.
    „Und wer soll eure Arbeit bezahlen?“, fragte Mutter sehr realistisch.
    „Felix!“ Die Heilerin grinste verschmitzt. „Das ist immer das Geheimnis meiner Geschäfte gewesen, Lisa. Erst einmal muss man investieren, dann kommt alles wieder zurück. So gerne ich auch Gutes tue, ich achte stets darauf, dass es sich auch rechnet. Die Zeit wird kommen, dass Felix jede Hilfe an-nimmt, egal, woher sie kommt. Und dann wird er bereit sein, jeden Preis dafür zu bezahlen.“
    In den nächsten Monaten verwandelte sich Amaras Küche in ein richtiges Kräuterlabor, in dem ausschließlich frische Medizin hergestellt wurde. Alle Bewohnerinnen des Compound wurden für diese Aufgabe eingespannt und meine Mitschwestern waren mit Eifer bei der Sache. Der kleine Joshua war ihnen Ansporn genug. Wir richteten unseren ganzen Tagesablauf auf unsere Produktion aus: Noch bevor die Sonne aufging, wurden die Kräuter gepflückt und unverzüglich zu Medizin verarbeitet. Eines der Mädchen, die bei Amara eigentlich als Hausangestellte ausgebildet werden sollten, brachte die Medizin kurz nach Tagesanbruch zum Harem und warf sie gegenüber von Mutters Haus über die Mauer. Von der Treppe aus, unserem Kinderzeiten-“Ausguck“, wurde die Aktion überwacht. Auf die gleiche Weise erreichten uns Nachrichten aus dem Harem. Ein um einen Stein gewickelter Zettel enthielt die aktuellen Therapiewünsche. Dennoch waren wir stets auf der Hut und gingen mit äußerster Vorsicht ans Werk. Im Harem gab es zu viele neugierige Augen und Ohren, die unserer Aktion ein allzu schnelles Ende hätten bereiten können.
    In Amaras direkter Nachbarschaft sprach sich die neue Kunst der Heilerin schnell herum. Ständig gewannen wir neue Patienten, auch Erwachsene. Ich war so eingespannt, dass ich meine eigene Erkrankung völlig vergaß. Es war wieder so wie in den besten Jahren auf der Farm: Ich hatte eine Aufgabe - anderen zu helfen.
    Allerdings lebte ich diesmal mit einer unangenehmen Einschränkung. Aus Angst vor Felix verließ ich Amaras Grundstück nie tagsüber. Ich konzentrierte mich auf die Zubereitung der Medizin in der Küche. Joshua konnte ich dabei stets im Auge behalten. Unsere Mädchen hatten den Jungen so sehr ins Herz geschlossen, dass sie auf ihn aufpassten, wenn ich komplizierte Arbeiten zu erledigen hatte. Sie verwöhnten Josh nach Strich und Faden, so dass mich seine Situation manchmal an

    meine Kleinkinderzeit im Harem erinnerte. Sie verhätschelten ihn einfach sehr.
    Ich gebe zu, dass ich sie gewähren ließ. Was die nötige Strenge angeht, bin ich meinem Jungen keine gute Mutter. Mich quält die Angst, dass wir nicht genug Zeit auf Erden miteinander haben.
    Amaras Vermutung war richtig gewesen. Die Seuche breitete sich im Harem so schnell aus, dass Felix nicht länger die Augen davor verschließen konnte. Er erkannte, dass er Hilfe brauchte. Westliche Medizin war für so viele Menschen allerdings nicht finanzierbar. Eines Tages verriet ihm eine seiner queens das Geheimnis, mit dem die Babys gerettet wurden: die Kräutermedizin, von der niemand hinter den Haremsmauern wusste, woher sie stammte. Amara war zu klug, um ihren Triumph auszukosten, und zu vorsichtig, um mich in Gefahr zu bringen. So konnte sie den Harem schließlich gegen Bezahlung beliefern, ohne dass Felix die Verbindung zwischen ihr und mir herausfand.
    Die Arbeit fraß uns regelrecht auf. „Du stehst nur noch in der Küche und schuftest“, sagte Amara einige Wochen später zu mir. „Und ich komme überhaupt nicht mehr dazu, mich um deine Ausbildung zu kümmern.“
    „Aber ich lerne doch so viel!“, protestierte ich.
    „Es gibt so viel mehr zu lernen“, meinte sie. „Ich habe nachgedacht. Je mehr wir mit dem Harem zu tun haben, desto riskanter wird es für dich. Daher möchte ich dir einen Vorschlag machen.“ Dann erzählte sie mir von weisen Frauen, die sich aus der Stadt zurückgezogen hatten und Nachwuchs suchten, den sie in ihre Geheimnisse einweihen konnten. Und von jungen Frauen, die bereit waren, das alte Wissen der Ahninnen zu erlernen, die Zusammenhänge von Seelen und Geistern, Toten,
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