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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
Autoren: Choga Regina Egbeme
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wunderbares Kind ist?“, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, mein Kind. Warum sollte ich diesem Mann sagen, dass sogar er etwas Gutes hinterlassen hat? Felix hat sich nie für andere interessiert. Nein, dieses Geschenk wollte ich ihm nicht noch machen!“
    Ich umarmte meine Lehrerin. „Das war richtig. Wahrscheinlich hätte ich ihm von Joshua erzählt. Weil ich so glücklich bin, dass aus so viel Not doch noch ein geliebter Mensch hervorgegangen ist. Aber diesen Trost hat Felix nicht verdient.
    Darum ist es auch gut, dass ich ihn nicht mehr getroffen habe.“
    Amara gab Felix keine Medizin. Sie sagte, es sei ohnehin sinnlos gewesen.
    Wenige Tage später war er tot. Es fand keine große Trauerfeier statt, denn die werden abgehalten, um sich auf die Rückkehr eines geliebten Menschen zu freuen. Mag sein, dass ein paar Frauen und Kinder Felix vermissten, aber die meisten waren sicher erlöst.
    Was auch immer meine Mitfrauen über diesen Mann gedacht haben mochten, mit dem Tod des Familienvorstands verlor der Harem seinen Mittelpunkt, seinen Führer. Schon
    *“
    während der letzten Monate von Felix' Siechtum hatten die Frauen und queens sich auf ein Leben ohne Mann einstellen müssen. Dem Tribunal, das schon immer für die Rechtsprechung zuständig gewesen war, fiel nach den geltenden Regeln die Aufgabe zu, den Compound zu leiten. Das waren Mama Patty, Mama Felicitas und meine Mutter. Drei Frauen von Mitte bis Ende 60. Zwar waren alle lebensklug und über die Jahre selbstständig handelnd, doch die resoluteste von allen war Mutter, die in den Jahren auf der Farm erfahren hatte, dass es ohne Mann mindestens genauso gut lief.
    Das größte Problem der Gemeinschaft war deren Finanzierung. Wer noch dazu in der Lage war, beschäftigte sich mit handwerklichen Arbeiten wie dem Herstellen von Schmuck, dem Nähen von Kleidern oder dem Anfertigen von Flecht-und Tonwaren, die auf den Märkten verkauft wurden. Geld ließ sich auf diese Weise durchaus verdienen, allerdings nicht genug, um eine solch große Zahl von Menschen satt zu bekommen und die Kranken zu versorgen. Mutter schuftete ebenso wie die anderen Tag und Nacht, sah schlecht aus und war ständig erschöpft. Nicht einmal Amara erkannte, was wirklich mit Mutter passiert war: Die Seuche hatte auch sie erfasst.
    Sie war, wie Amara mir erzählte, überzeugt, dass sie sich nicht durch die Pflege der Kranken infiziert hatte. Am Ende ihres Lebens war sie sich sicher, dass nicht nur Felix das Virus in sich trug, sondern auch mein eigener Vater. Schließlich gab es zwischen beiden Männern eine Verbindung - Idu. Bewiesen werden konnte das nie. Doch der zeitliche Zusammenhang zwischen Idus Rückkehr in den Harem und Vaters Erkrankung ist offensichtlich. Außerdem berichtete mir Jo damals auf der Farm von dem Brief aus Ibadan, den ersten Toten, deren Symptome auf Aids schließen lassen. Von dort kamen Idu und Felix. Idu hat mit Sicherheit Papa David infiziert, ob sie den Todeskuss an Felix weiterreichte oder ob es umgekehrt war, weiß niemand.

    Amara wollte Mutter sofort zu sich holen, um sie besser pflegen zu können, doch die Kranke weigerte sich, den Compound zu verlassen. Bisi und Ada kümmerten sich mit aller Liebe und Amaras Medizin um sie. Doch die heilt am besten, wenn die Patienten sie bereits in einem frühen Stadium des Krankheitsausbruchs bekommen. Sie konnte nicht mehr bewirken, als Mutters Leiden zu verringern und die Schmerzen erträglich zu machen.
    Dies war die Lage, als ich von meinem dreijährigen Aufenthalt bei meinen Lehrerinnen zurückkehrte.
    Amara gab sich viel Mühe, mir die schreckliche Wahrheit schonend beizubringen. Trotzdem war es ein Schock und meine erste Sorge galt Joshua.
    Wie konnte ich ihm vermitteln, dass seine Oma an jener Krankheit sterben würde, die auch in seinem Körper schlief?
    „Sag es ihm lieber gleich. Er ist ein aufgeweckter Junge, der es nicht verstehen wird, wenn du ihm das verschweigst“, riet Amara wenige Tage nach meiner Ankunft, als wir wieder einmal über Mutter gesprochen hatten.
    Mein Sohn untersuchte gerade die inzwischen großen Pflanzen in Amaras Garten. Das Leben im Busch hatte aus meinem Jungen einen kleinen Pflanzenkundler gemacht. Mit seinen damals fünf Jahren wusste er schon, welche Blätter gegen Bauchweh helfen, welche gegen Husten und welche gegen den immer wiederkehrenden Pilzbefall im Rachen, der so schrecklich brennt. Er war gerade dabei, sich einige zarte Blätter abzurupfen, als ich zu ihm
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