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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
Autoren: Choga Regina Egbeme
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nicht den Vater hatte, den ich ihm wünschte ..
    Erst nachdem ich das Wirrwarr in meinem Kopf ein wenig geordnet hatte, versuchte ich eine Antwort auf die andere Frage zu finden: Wie konnte es sein, dass ich HIV-positiv geworden war? An einer Krankheit litt, von der ich nie zuvor etwas gehört hatte!
    Die Ärztin hatte mir erklärt, dass der Virus (außer durch Muttermilch) praktisch nur durch Blut und sexuelle Kontakte übertragen werde. Blut? Wessen Blut konnte mit meinem in Verbindung geraten sein? Sex? Der einzige Mann, der mir jemals näher gekommen war, hieß Felix. Darum die Frage der Ärztin nach seinem Blut! Daraus konnte nur folgen, dass Felix mir diese Krankheit angehängt hatte!
    Doch Felix schlief mit unzähligen Frauen. Mir wurde fast schwindelig beim Gedanken an die Folgen. Der ganze Harem befand sich in Gefahr, all die Frauen, all die Kinder! Immer wieder sah ich das Bild von Idus in ihrem eigenen Leib verfaul-tem Baby vor mir. Doch das war ja noch nicht alles. „Eine große Anzahl von Kranken in ihrer Verwandtschaft“, hatte die Ärztin gesagt. Ein entsetzlicher Gedanke schoss mir durch den Kopf. Die unerklärliche Krankheit meines Vaters, die sein Leben mit 59 Jahren beendet hatte - war es etwa dieselbe, an der ich litt, die nur Felix auf mich übertragen haben konnte?
    Die Ärztin hatte mich bei diesem Gespräch nicht aufgeklärt, wie lange ich mit dieser Krankheit leben konnte. Wenn es dieselbe war.. dann stand es schlecht um mich. Von Vaters erstem Zusammenbruch bis zu seinem Tod waren nicht ganz vier Jahre vergangen. Vier Jahre! Ich würde nicht einmal erleben, wenn mein Kind in die Schule käme!
    Ich begann mitten in der Nacht zu schreien, rief verzweifelt um Hilfe. Doch die Krankenschwester wollte meinen Redeschwall nicht anhören; sie gab mir eine Beruhigungsspritze.
    Mein Sohn
    Am nächsten Tag entband ich unter Narkose. Als ich erwachte, suchte ich als Erstes mein Kind. Es war nicht bei mir. Eine Krankenschwester sagte mir, dass ich einen Sohn geboren hatte. Sie beruhigte mich, dass er ein hübsches Kind sei.
    Und gesund! Ich flehte, ihn sehen zu dürfen, aber es hieß, es müssten erst noch einige Untersuchungen durchgeführt werden. Sobald ich mich von dem Kaiserschnitt erholt hätte, dürfe ich zu ihm.

    Am nächsten Morgen erschien Amara mit Mutter an meinem Bett. Ich freute mich unbändig, die beiden zu sehen. In meiner Aufregung über die Erlebnisse und Eröffnungen der vergangenen Tage vergaß ich jedoch völlig, Mutter zu fragen, ob sie wieder auf dem gleichen Weg wie beim letzten Mal aus dem Harem entkommen war. Sofort erzählte ich ihr alles, was ich über meine eigene HIV-Infektion wusste und was ich mir selbst über die Krankheit Papa Davids zurechtgelegt hatte. Angst, dass Felix mich entdecken könnte, hatte ich in dem Moment keine. Ich fühlte mich für kurze Zeit sicher in meiner kleinen Welt.
    „Dein Vater ist an Lungenentzündung gestorben“, beruhigte sie mich mit fester Stimme, außerdem sei keine von Vaters Frauen bislang krank.
    „Was ist mit den Frauen von Felix?“, fragte ich.
    Mutter erzählte, dass eine von jenen drei queens, mit denen ich auf der Farm gelebt hatte, einige Wochen vor mir entbunden hatte. Ebenfalls einen Sohn. Das Kind war bereits im Alter von sechs Wochen gestorben. Niemand hatte nach den Gründen geforscht. Es konnte also durchaus an der Krankheit liegen - oder auch nicht.
    „Mein Kind“, sagte Mutter, „unser aller Leben liegt in Gottes Hand. Er wird entscheiden, was geschieht. Lass uns jetzt für deinen Sohn beten.“ Ich schloss die Augen, versuchte mich auf meinen kleinen Jungen, den ich immer noch nicht gesehen hatte, mit dem ich mich aber bereits innig verbunden fühlte, zu konzentrieren. Wir beteten. Wie so oft, wenn wir nicht mehr wussten, wie es weitergehen sollte.
    Mutter schlug vor, dass mein Kind Joshua heißen solle. Denn es bliebe in aller Verzweiflung immer nur eines: die Hoffnung auf die Hilfe des Herrn. Und das bedeutet der Name meines Sohnes auch - Gott hilft.
    Ich bat meine Mutter, mir den Kleinen zu bringen. Das war zwar unüblich, denn die Babys hatten eigentlich auf der Säuglingsstation zu bleiben. Mutter und Amara versuchten trotzdem, meinen Wunsch zu erfüllen. Wenig später kamen sie zurück.
    Mutter legte mir ein kleines schlafendes Baby in den Arm. „Das ist er, dein Joshua.“ Amara strahlte mich an. „Er ist ein hübsches Kind!“, rief sie. „Jetzt vergesst doch mal all eure Sorgen. Seht nur, wie
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