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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
Autoren: Choga Regina Egbeme
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Gemeinschaft mit meinen neuen Freundinnen sehr wohl und sie alle mochten meinen Kleinen sehr und kümmerten sich rührend um ihn.
    Die düsteren Wolken zogen unmerklich auf. Vier Monate nach seiner Geburt bekam Joshua Durchfall. Amara untersuchte ihn gründlich und stellte dabei fest, dass seine Mundschleimhaut von einem Pilz angegriffen war. Sie gab ihm eine pflanzliche Medizin, die bei diesen eigentlich harmlosen Erkrankungen half.
    Ihre Kräuter wirkten zwar, aber die Kinderkrankheiten kehrten zurück.
    Bis die Ärzte uns beiden die schreckliche Diagnose „HIV-positiv“ gestellt hatten, hatte sich Amara mit der Krankheit nicht beschäftigt gehabt. Nun aber erkannte sie besser als ich, dass eingetreten war, was wir die ganze Zeit über verdrängt hatten: Bei Joshua war die schreckliche Krankheit ausgebrochen. Ein Monat verstrich, in dem mein Kleiner immer schwächer wurde. Er hatte hohes Fieber und Husten. Amara tippte auf eine Lungenentzündung, die sofort behandelt werden sollte.
    In der Klinik bekam Josh alle Medikamente, die in den Industrieländern erfunden worden waren, um den Körper bei seinem Kampf gegen die Viren zu unterstützen. Doch lange konnte mein Junge nicht im Krankenhaus bleiben, denn wir hatten nicht jene Tausende von Dollars, die das Krankenhaus gewöhnlich für die Behandlung in Rechnung stellte. Amara sorgte sich sehr um Joshua, wandte ihre gesamte Zeit auf, sprach mit verschiedenen Heilern, um mit immer neuer Pflanzenmedizin zu experimentieren. Doch es war eine lange, nervenaufreibende Suche, bis sie auf dem richtigen Weg war.
    Joshuas Schwäche, die immer wiederkehrenden Fieberschübe, erforderten ständige Aufmerksamkeit. Durch sein Untergewicht bekam jeder Durchfall, jedes Erbrechen eine enorme Bedeutung, wuchs gar zu einer Bedrohung seines jungen Lebens. Wie dumm ich gewesen war, als ich in meinen schwärzesten Stunden geglaubt hatte, Felix habe mich um ein Leben mit Würde, Selbstbestimmung, Liebe und Gewaltlosigkeit gebracht! Es war viel schlimmer: Er hatte das Leben seines Sohnes zerstört. Und zwar bereits vor Joshuas Geburt.
    Mein Zorn auf Felix, der sich gelegt hatte, brach mit Joshuas Erkrankung
    *■“
    wieder auf. Es gab (und gibt) nur einen Gedanken, der diesen Mann halbwegs entlasten könnte: Wahrscheinlich hat er nicht gewusst, dass er HIV-positiv war.
    Es entschuldigt allerdings nicht sein promiskuitives Verhalten, das dieser Krankheit erst den Nährboden gibt.
    Wir mussten herausfinden, welche Nahrung Joshua vertrug, und ihn gleichzeitig mit hinreichend Kalorien versorgte. Meine Freundinnen waren mir in jener Zeit wirklich eine große Hilfe. Doch immer wieder stellte sich ein Rückschlag ein.

    Als Joshua sein erstes Lebensjahr vollendet hatte, waren wir zu Expertinnen für die Versorgung eines aidskranken Babys geworden. Wir gaben ein großes Fest, eine richtige Freudenfeier, zu der sich Mutter wieder aus dem Harem geschlichen hatte. Dass Joshua die ersten zwölf Monate, die für viele andere aidskranke Kleinkinder so kritisch sind, überstanden hatte, gab uns Mut. Wir hatten bewiesen, dass man sich dieser Krankheit nicht kampflos ergeben musste.
    In meinem Land ist es nicht normal, sich mit aller Macht gegen Aids zu wehren.
    Während ich die ganze Zeit bei meinem Sohn blieb, fuhr Amara herum und sprach mit anderen Frauen, die ebenfalls kranke Kinder hatten. Die Heilerin berichtete mir, dass die meisten Babys früh starben. Oft, weil einfach das Geld fehlte, um die teure Medizin zu kaufen.
    Doch das ist nicht der einzige Grund. Viele Eltern haben eine andere Einstellung als ich. Für mich war und ist der Gedanke, Josh zu verlieren, unvorstellbar. Sein Schicksal und meines -das war und ist eins. Andere Frauen, die viele Kinder bekommen wollen, beugen sich dem harten Los, ein Kind früh zu verlieren.
    Nach meiner Meinung ist es Joshuas Schicksal, sich gegen die Krankheit zu wehren, nicht sich ihr zu ergeben. Gerade wenn es Josh wieder einmal schlechter geht, muss ich an meine Halbschwester Sue denken, die mit zweieinhalb Jahren sterben musste. Damals war ich hilflos. Und so hilflos will ich nie wieder sein. Natürlich glaube ich daran, dass Gott uns beschützt. Aber er kann es nicht allein schaffen. Ich selbst muss ihm dabei helfen. So, wie ich es der weißen Madonna versprochen habe.
    Ein neuer Weg
    War es Glück, dass ich bei Amara Zuflucht finden durfte? Oder Vorsehung, genau jenen Menschen an meiner Seite zu haben, der mir beistehen konnte, mehr zu wissen, zu lernen,
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