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0195 - Im Schloß der Bestien

0195 - Im Schloß der Bestien

Titel: 0195 - Im Schloß der Bestien
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Mörder gewesen war. Ein Wolf!
    »Wo ist das Mädchen?« murmelte Brickley im Selbstgespräch. Er schaute sich um, sah die Überreste des zerstörten Zeltes, sah die Verwüstung. Nur das Mädchen, von dem er nicht einmal den Namen wußte, entdeckte er nicht. Es gab auch keine Spuren. Wenn es welche gegeben hatte, so hatte der Morgentau die Gräser längst wieder aufgerichtet und alle Hinweise verwischt.
    Brickley nahm an, daß die Werwölfe das Mädchen mit hinauf zur Burg genommen hatten. Aus welchem Grund, konnte er nicht einmal ahnen. Was mochten sie mit dem hübschen Girl vorhaben? Tot konnte sie nicht sein, sonst hätte Brickley Blut finden müssen. Aber da war nichts … nichts …
    Aber auch wenn sie noch lebte – sie befand sich ih der Hand von Ungeheuern, wie sich Brickley keine Schlimmeren vorstellen konnte. Konnte es ein schlimmeres Schicksal geben als dieses?
    Schaudernd kehrte er zum Dorf zurück, um die Bergung des Toten und des beschädigten Wagens einzuleiten. Und er wußte, daß wieder einmal eine Menge Scherereien auf ihn zukommen würden.
    Er mußte den Tod des jungen Mannes und das Verschwinden des Mädchens der Polizei melden. Und er wußte, daß dennoch nichts dabei herauskommen würde als Verwaltungskram und Papierberge! Menschen starben oder verschwanden nicht zum ersten Mal, aber trotz aller Hinweise und Verdächtigungen hatte die Polizei sich niemals im Schloß sehen lassen. Anscheinend ignorierten die Beamten die Angelegenheit einfach und hefteten alles unter »Täter unbekannt« ab. Warum?
    Daß sie sich vor dem Unheimlichen so fürchteten wie die Bewohner des Dorfes, glaubten weder Brickley noch die anderen.
    Aber für Werwölfe gab es keinen Platz in den amtlichen Protokollen.
    ***
    Mit Fliegen war natürlich nichts mehr »drin« gewesen. Fenrir mußte mit, und den Wolf ins Flugzeug zu bringen, war eine Sache, die unmöglich war. Tiere nach England mitzunehmen, ist ohnehin schon seit jeher ein Problem für sich gewesen, und auf dem normalen, offiziellen Weg ist eine mehrwöchige bis mehrmonatige Quarantäne vorgeschrieben. Da aber Zamorras Gastvorlesungen in Oxford und seine Unterbringung in der Nähe von Lykows Schloß nur schwerlich mehrere Monate Geduld hatten, mußten sie sich etwas anderes einfallen lassen.
    Nicole sagte also die bereits gebuchte Flugverbindung Lapalisse-Paris-Heathrow kurzerhand wieder ab.
    Knapp nach dem Aufstehen sandte Zamorra Raffael Bois auf dem schnellsten Weg hinunter ins Dorf. Irgendwo mußte eine große Kiste zu finden sein, die erstens in den Kofferraum des Autos paßte und zweitens Raum für Fenrir bot. Nach einer Stunde kehrte Raffael zurück; er war nicht fündig geworden, obgleich die Bewohner des Dorfes versucht hatten, zu helfen. Sie alle hatten noch nicht vergessen, daß ihnen damals bei der Hochwasserkatastrophe im Sommer 1980 Zamorra nach Kräften geholfen hatte, um das Chaos zu überwinden, als die Loire über die Ufer getreten war. Aber wo keine Kiste war, konnte auch keine ausgeliehen werden.
    »Also schön, dann muß ich darauf vertrauen, daß der ganze Kofferraum nicht geöffnet wird«, brummte Zamorra.
    »Sag mal, was planst du eigentlich?« wollte Nicole wissen.
    Zamorra schmunzelte und wedelte mit einer kleinen Plastikkarte vor seinem Gesicht herum. »Erinnerst du dich noch an jenen Fall, anläßlich dessen ich diesen Ausweis erhielt?« fragte er lächelnd.
    Nicole schnappte nach dem Ausweis und betrachtete ihn eingehend. Es war ein Sonderausweis, der Zamorra weitreichende Vollmachten verlieh, die im Normalfall allenfalls einem höherbediensteten Agenten des Secret Service zustanden und ihm so etwas Ähnliches wie diplomatische Immunität verlieh. Jemand hatte ihm diesen Spezialausweis damals im Blitzverfahren besorgt, um ihm die Lösung eines Falles zu ermöglichen, in dem es um die Tochter eines Ministers ging. [1]
    Der Ausweis war nie zurückgefordert worden, und Zamorra selbst hatte ihn einfach vergessen. Er hatte bislang auch nie im Traum daran gedacht, die ihm verliehenen Vollmachten zu mißbrauchen, bis er bei fieberhaftem Überlegen, wie man Fenrir am einfachsten »einschmuggeln« könne, wieder an diesen Sonderausweis dachte. Und er fand ihn prompt in den unergründlichen Tiefen seines Schreibtisches.
    »Ich hoffe, daß ich einer Gepäckkontrolle entgehen kann«, sagte er.
    »Falls nicht, kann es allerdings ein teurer Spaß werden«, warnte Nicole. »Einschleppen eines nicht geimpften Wolfs ohne vorherige Quarantäne wäre ja
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