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018 - Eleanors Baby

018 - Eleanors Baby

Titel: 018 - Eleanors Baby
Autoren: Linda duBreuil
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Bett. Außerdem durfte ihr Vater nicht die ganze Geburt mit ansehen. Vielleicht würde ihn ein neuer Schock wieder in den Irrsinn zurücktreiben. »Eleanor! Was machst du denn?«
    »Badewanne. Sie ist steril.«
    »Gut, ich komme mit.«
    »Nein!«
    Sie schlug die Tür vor seiner Nase zu und drehte den Schlüssel im Schloss. Mit letzter Kraft schleppte sie sich zur Wanne und kletterte hinein. Ihre Finger tasteten die glatten Seitenwände ab und umklammerten den Rand. Als sie gerade einen angeklebten Papierstreifen herunterriss, kam das Baby. Mit verschleiertem Blick las sie die Worte: Diese Badewanne wurde mit immersteril Ausrüstung ausgestattet.
    »Gut für uns«, murmelte sie und erinnerte sich, dass man Babys an den Füssen hochhalten und ihnen einen Klaps auf den Po geben musste.
    Mit erstaunlicher Kraft brachte sie ihren wieder schlankeren Körper in eine halbsitzende Position und betrachtete das kleine Mädchen. Offensichtlich wusste es nicht, dass es erst auf den Kopf gestellt werden musste. Das Baby atmete nämlich schon regelmäßig und hatte den süßen winzigen Mund wie zu einem Lächeln verzogen.
    »Eleanor, verdammt …«
    »Es geht nicht so schnell, Dad.«
    »Eleanor!«
    »Ja, Dad, warte bis ich die Nabelschnur abgetrennt habe.«
    »Eleanor, lass mich sofort hinein!«
    »O Dad, sei doch endlich still! Ich rutsche in dieser Badewanne herum, die voll von allem möglichen Zeug ist, von dem ich gar nicht wusste, dass es mit den Babys herauskommt. Ich muss erst die Nabelschnur abtrennen. Beruhige dich inzwischen!«
    Schaudernd blickte sie auf ihr Umstandskleid, das völlig blutverschmiert war, und dann auf die winzigen Teilchen, die in der Luft schwebten. Sie waren durchsichtig und glänzend. Nun wurden sie zu purpurnen Punkten, grünen Kommas und orangefarbenen Strichen.
    Krampfhaft hielt sie die Augen offen und kämpfte verzweifelt dagegen an, in ein schwarzes Nichts zu versinken. Schließlich biss sie die Nabelschnur kurz entschlossen durch und lehnte sich völlig erschöpft zurück. Das Kind lag mit dem Gesicht nach unten auf ihrem Bauch. Nochmals setzten die wehenartigen Schmerzen ein. Fast hätte sie die Nachgeburt vergessen. Immer lockender winkte das nachtschwarze Nichts, bis sie darin versank.
    Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf einem Doppelbett zwischen frischen Tüchern.
    »Ich habe das Entbindungsheim angerufen, Eleanor, und deinen Arzt. Der Krankenwagen ist schon unterwegs.«
    »Woher wusstest du denn, wer mein Arzt ist?«
    »Ich fand seinen Namen in deiner Handtasche. Dr. Williams, das stimmt doch, nicht wahr?«
    Sie musste lachen. »Ist schon gut, obwohl er ein Augen –, Ohren –, Nasen und Halsspezialist ist.«
    Ihre Stimme kam ihr so entsetzlich fremd vor. Erst jetzt war sie völlig wach. Sie stützte sich auf die Ellbogen und keuchte: »Wo ist sie?«
    »Sie liegt noch neben dir. Sieh nur, an deiner linken Seite! O Eleanor, ich versuchte es, aber ich brachte es einfach nicht fertig. Sie lebt. Sie ist ein Mensch. Ich konnte sie nicht töten.«
    Sie sah die Schweißtropfen, die von seiner Stirn rannen, und seine zitternden Hände. Sein Gesichtsausdruck war völlig normal. Die Augen blickten sie klar und intelligent an.
    »Dad, du bist wieder ganz gesund, nicht wahr?«
    »Ja. Und ich weiß jetzt, dass niemand das Recht hat, ein Menschenleben zu töten.«
    Das Baby seufzte, schlug seine großen Augen auf und betrachtete nachdenklich seine Mutter und danach kurz deren Vater.
    Sie hat wunderschöne Augen, dachte Eleanor, und schob das Wissen, das sie aus dem Tagebuch gewonnen hatte, in den tiefsten Winkel ihres Verstandes zurück. Vielleicht hätte sie tatsächlich nicht mehr an Remember gedacht, wenn sich die Kleine nicht plötzlich gerührt hätte – doch nicht so, wie es Neugeborene tun; nein, es waren absolut keine säuglingshaften Bewegungen.
    Sie drehte sich auf die Seite, schüttelte die geballten Fäustchen, öffnete das runde Mündchen und sagte mit einer sehr erwachsen klingenden Stimme: »Schnell, bringt mich ins Krankenhaus! Ich habe einen Herzfehler.«
     

     
    In diesem Moment heulte die Sirene des Krankenwagens vor der Moteltür.
    Eleanor war wie vom Schlag gerührt. Aus den Augenwinkeln warf sie ihrem Vater einen Blick zu, der über der Couch zusammengebrochen war.
    »Mein Vater wird gleich wieder zu sich kommen«, versicherte sie dem Sanitäter. »Es war nur der Schock.«
    »Ja, eine Geburt mitzuerleben, kann für den Helfer schlimmer sein als für die Mutter selbst«,
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