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0179 - Wir blufften um sein Leben

0179 - Wir blufften um sein Leben

Titel: 0179 - Wir blufften um sein Leben
Autoren: Wir blufften um sein Leben
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wollen Sie hin?«
    »Zum Boß!« sagte ich.
    Er schüttelte seinen Kopf, zeigte seine schönen Zähne und ließ wie absichtslos seine prächtigen Oberarmmuskeln spielen, die man gut sehen konnte, weil er ein kurzärmeliges Hemd trug.
    »Unmöglich!« verkündete er. »Der Boß hat keine Zeit. Morgen wiederkommen!«
    »Okay«, sagte ich und schob mich an ihm vorbei in Richtung auf die Tür, hinter der sein hart verteidigter Boß sitzen mußte.
    Der Mischling riß mich an der Schulter zurück und strahlte mich mit seinem Reklame-Prachtgebiß an. Allerdings sagte er dabei:
    »Mista, du verschwindest sofort, kapiert? Oder ich muß dich an die frische Luft setzen!«
    Vor ein paar Wochen hatte ich in New York von einem Berufsgangster einen hübschen neuen Trick gelernt. Sein ganzes Geheimnis besteht darin, die richtige Stelle zu wissen, wo man aufsetzen muß. Ich wußte jetzt die richtige Stelle.
    Ich nahm meinen rechten Zeigefinger, hob ihn hodi und sagte:
    »Mit diesem einen Finger, Mistaaah, fege ich dich von den Brettern. Paß mal auf!«
    Die beiden anderen Büromenschen und der Mischling selber starrten ungläubig auf meinen Zeigefinger. Ich setzte die Spitze auf seine Stirn. Er drehte die Augen und beugte unwillkürlich den Kopf und den Oberkörper ein wenig zurück. Blitzschnell zog ich den Zeigefinger zurück und stieß ihn gegen sein Brustbein. Da er sich ohnehin schon zurückgebeugt hatte, bedurfte es nur eines leichten Stoßes, damit er das Gleichgewicht verlor und nach hinten fiel.
    »War’s schön, Mistaah?« fragte ich, während ich den Pater vor mir herschob, bis zur Tür des Chefs. Ich stieß die Tür auf und huschte hinter dem Pater hinein. Innen steckte ein Schlüssel, und ich drehte ihn schnell zweimal um.
    Als ich mich dann umsah, entdeckte ich den Boß dieses Konzerns. Er mochte an die Fünfzig sein. Sein Hals war so dick wie die Taillenweite eines schlanken Mädchens. Im Augenblick war er gerade damit beschäftigt, etwas für seinen Zweihundertachtzig-Pfund-Körper zu tun. Er hielt in der rechten Hand das Bein eines gebratenen Hühnchens. Sein Mund stand so weit offen, daß er fast das ganze Tierchen hätte hineinschieben können. Aus Schweinsäuglein starrte er uns an.
    Ich setzte mich auf einen Stuhl, während ich dem Pater den einzigen Sessel zeigte, den es hier gab.
    »Guten Appetit, Snyder«, sagte ich.
    Er klappte mit einem deutlich vernehmbaren Geräusch seine Kiefer zusammen und kaute, obgleich er gar nichts im Mund hatte. Nachdem er die erste Überraschung hinuntergekaut hatte, krächzte er:
    »Bei euch piept’s wohl, was? Wenn ich Joe rufe, macht der Marmelade aus euch.«
    »Wenn Sie den verspielten Jungen draußen aus dem Büro meinen, würde ich’s gar nicht erst versuchen. Der ist gerade ein bißchen unglücklich gefallen. Snyder, es tut mir leid, daß ich Sie beim Frühstück stören muß, aber die Sache ist zu ernst, als daß wir uns Mätzchen erlauben können.«
    Ich sah den Fischverarbeitungsunternehmer William Snyder, wie es draußen auf einem verblichenen Schild stand, finster an.
    William Snyder wurde merklich blaß. Und nervös. Er wurde außerdem freundlich.
    »Aber Jungens!« stotterte er. »Ihr — ihr werdet doch keine Dummheit machen! Ich meine, Sie, eh, Mister Priester, Sie werden doch nicht zulassen, daß vor Ihren Augen ein schwer kämpfender Unternehmer — eh —«
    »Shut up, Snyder«, sagte ich freundlich.
    Er klappte gehorsam seinen Mund zu. »Ich möchte ein paar Fragen stellen«, sagte ich mit undurchdringlichem Gesicht.
    Er beeilte sich, ergeben zu nicken. Wer weiß, wen er in uns vermutete.
    »Selbstverständlich, Boys«, sagte er schlotternd. »Für ein paar Auskünfte stehe ich euch immer zur Verfügung. Ist doch ganz klar!«
    »Na schön«, brummte ich und bemühte mich, das eiskalte Gesicht eines Gangsters beizubehalten. »Wieviel Chinesen arbeiten bei Ihnen, Snyder?«
    »Och, so ungefähr fünfzehn.«
    »Und wieviel davon haben Sie dem Finanzamt gemeldet?«
    Er druckste herum.
    »Also keinen«, stellte ich fest.
    Er wagte nicht zu widersprechen. »Immerhin billige Arbeitskräfte, nicht wahr? Ich wette, daß Sie den Chinesen nicht die Hälfte dessen bezahlen, was Sie einem echten Amerikaner in die Lohntüte stopfen müßten.«
    Er rang die Hände und erzählte von den schweren Zeiten, der scharfen Konkurrenz und was weiß ich noch.
    Ich winkte ab:
    »Interessiert mich nicht. Ich komme nicht vom Amt für gewerbliche Wirtschaft. Mich interessiert, ob alle
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