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0179 - Wir blufften um sein Leben

0179 - Wir blufften um sein Leben

Titel: 0179 - Wir blufften um sein Leben
Autoren: Wir blufften um sein Leben
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wollten, daß ich ihm nichts zusteckte, jedenfalls fühlte ich die Berührung ihrer Ärmel an meinen Armen und sah ihre Köpfe ebenso weit vorgebeugt wie meinen eigenen.
    Ray Connelli lag quer über seiner Pritsche. Sein Atem kam stoßweise. Seine Hände zitterten, und ab und zu lief ein krampfartiges Beben durch seinen Körper.
    »Sie sind ein Dummkopf«, sagte ich leise. »Jeane Rosega kann den Mann nicht umgebracht haben! Sie brauchen das Mädchen nicht zu schützen! Der Stoß, mit dem Steewy ins Jenseits geschickt wurde, muß von einem kräftigen Mann ausgeführt worden sein! Haben Sie das kapiert. Sie brauchen die kleine Jeane nicht zu schützen!«
    Ich wartete auf seine Reaktion. Als ich den Namen der Tochter erwähnt hatte, war er halb hochgefahren, stützte sich auf seine Ellenbogen und starrte mich haßerfüllt an.
    »Okay, Mann«, sagte ich. »Sie brauchen diese Frage nicht zu beantworten.« Ich wandte mich ab und ging ein paar Schritte auf und ab. Als ich mit Sandheim neben dem Hause auf der Bank saß, hatte ich den Balkon im Obergeschoß gesehen. Er ragte etwa zwei Yard vor. Seine beiden vorderen Ecken wurden von Pfeilern getragen. Von ihnen lief ein Gatter zur Hauswand, an dem sich wilder Wein emporrankte. Auf diese Weise bildete der Balkon mit den seitlichen Weingittern eine Art Laube.
    Ich ließ ein paar Minuten verstreichen, bevor ich meine nächste Frage stellte.
    »Ich formuliere meine zweite Frage anders«, schlug ich vor. »Und zwar so: Als Sie dieses Geräusch, daß Sie nicht näher bezeichnen wollen, im Garten hörten, hatten Sie da im Wohnzimmer das Licht brennen oder nicht?«
    »Das Licht hatte ich schon lange vorher ausgemacht«, sagte er leise.
    Ich nickte. Genau das hatte ich auch erwartet. Ich stand auf.
    »Meine letzte Frage ist einfach. Ich möchte wissen, warum Sie mitten in der Nacht das Haus verlassen haben, in dem Sie eine Woche als Gast leben sollten. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich von der Antwort, die Sie mir geben, keinerlei Gebrauch machen werde, wenn es sich um private Gründe handelt.«
    Er hob langsam den Kopf. Seine Hände hatte er zusammengekrampft, um das Zittern zu beherrschen. Es ist gut, schoß es mir durch den Kopf, daß die beiden Wärter ihn dauernd beobachten müssen. Er ist soweit. Wenn sie ihm eine Minute Zeit lassen, in der er nicht beaufsichtigt wird, würde er irgend etwas Irrsinniges tun.
    »Ich frage nicht, weil ich Sie quälen will«, wiederholte ich geduldig. »Ich frage Sie, weil ich Ihnen helfen möchte. Wenn Sie mir nicht antworten wollen, mache ich Ihnen einen Vorschlag. Sie wußten, daß Mister Rosega Sie nicht in seinem Hause wünschte. Ist das richtig?«
    Er nickte nach langem Zögern.
    »Hat er es Ihnen gesagt?«
    Wieder dauerte es lange, bis er sich zu einer Antwort entschloß.
    »Nein. Er sagte es zu Mrs. Rosega. Ich hörte es zufällig. Gegen meinen Willen. Ich habe nicht gelauscht. Ich war oben bei meiner Mutter. Als ich wieder hinuntergehen wollte, mußte ich mit anhören, was Mister Rosega seiner Frau sagte, weil er ziemlich laut sprach. Er verlangte, daß sie mich am nächsten Tag hinausweisen sollte.«
    »Und weil Sie Mrs. Rosega diese peinliche Szene ersparen wollten, Mister Connelli, haben Sie gewartet — in einem dunklen Zimmer — bis nach Ihrer Meinung alle schlafen mußten. Dann sind Sie heimlich gegangen. So und nicht anders war es.«
    Er schluckte und nickte ein paarmal. Plötzlich ließ er sich nach vorn fallen und weinte hemmungslos in sich hinein.
    Ich sah ihn einen Augenblick an, dann drehte ich mich schnell um. Die Zeit drängte, und es war einfach keine Zeit übrig für Sentimentalitäten. Die Wärter ließen mich hinaus. Als wir weit genug von Connelli entfernt waren, sagte ich leise zu ihnen:
    »Das Weinen brauchte er. Es wird ihn beruhigen. Aber passen Sie trotzdem scharf auf ihn auf. Er ist mit den Nerven fertig. Es könnte gut sein, daß er versucht, seinem Leben ein Ende zu machen.«
    Einer der beiden Aufseher, ein grauhaariger Mann mit zerfurchtem Gesicht, sah mich treuherzig an:
    »Wissen Sie, Sir, wenn man so ein Bündel Unglück dauernd vor den Augen hat, dann fragt man sich oft, ob' man es denn nicht zulassen soll, daß er sich dieses furchtbare Warten auf die Minute, in der sie ihn holen werden, ersparen kann…«
    »Das dürfen wir nicht, aber Sie sollen ihn nicht vor einem Selbstmord bewahren, damit er hingerichtet werden kann. Sie sollen sein Leben schützen, weil ich ihn hier herausholen werde — und zwar
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